Begegnungen: Februar (German Edition)
nervös aus und auch auf den Gesichtern der Eltern zeigte sich der Ansatz eines erleichterten Lächelns.
„ Mädchen!“, brüllte es von drinnen und allen war klar, wer damit gemeint war.
So schnell sie konnte, nahm sie wieder ihren Platz ein, zog den Kopf zwischen die Schultern und versuchte so wenig aufzufallen wie möglich. Grit zückte ihre Papiere und einen Stift, hatte die Fotos ordentlich vor sich ausgebreitet und rief nach der Eins.
Die Eins war mindestens zehn Jahre alt, sie war niedlich und schien nicht im Mindesten eingeschüchtert und stellte sich breitbeinig vor die drei Frauen.
„ Chantal?“, fragte Grit.
Die Kleine nickte.
„Du bist zehn und gehst in die Schule?“
Die Kleine nickte wieder.
„Kannst du sprechen?“
Nein, Grit hatte es offensichtlich nicht so mit Kindern. Aber die Kleine ließ sich nicht einschüchtern.
„Jo.“, antwortete sie laut und deutlich, als wäre die Fragende schwerhörig.
Grit kritzelte etwas auf ihren Zettel.
„Dein Foto ist schon etwas älter, nicht wahr?“
Auf ihrem Headshot sah sie tatsächlich jünger aus.
Die Eltern meldeten sich zu Wort.
„ Es ist schon... vor ein paar Jahren aufgenommen worden.“, stammelten sie verlegen.
Grit wandte sich an Mira.
„Du bist doch in der Fotografie. Mach mal ein paar Bilder!“
„ Aber... aber ich hab nur meine eigene...“
„ Jetzt mach halt! Die Buchhaltung ersetzt dir schon deinen Film.“
Mira fotografierte seit Jahren digital, aber das interessierte Grit wohl nicht. Sie kramte in ihrer Tasche und legte sich ihre Sony Alpha zurecht. Vielleicht nicht das, was hier sonst so benutzt wurde, aber für diesen Zweck würde es schon gehen. Schnell schoss sie ein paar Bilder von Chantal, während Grit das Mädchen dazu animierte, lockerer zu posieren. Dann wurde sie gnädig auf morgen vertröstet und entlassen.
„Die Zwei, bitte!“
Ein bekanntes Gesicht kam durch die Tür und Mira musste unwillkürlich lächeln. Sara grinste zurück und selbst die gestrenge Grit konnte sich beim Anblick ihrer überaus niedlichen Zahnlücke ein Schmunzeln nicht verkneifen. Vielleicht steckte ja doch irgendwo ein Mensch unter der harten Schale.
Unsicher blieb Sara vor ihnen stehen und sah Mira abwartend an.
„ Du bist Sara?“, fragte Grit.
Unsicher nickte diese.
„Und wer bist du?“
Grit schien völlig aus der Bahn geworfen und ignorierte die Frage.
„Ähm... tja... dein Foto scheint aktuell, aber wir haben keine Totale von dir. Die Frau macht jetzt mal ein paar Fotos von dir und du versuchst mal, besonders... niedlich zu sein, ok?“
Sara verstand offensichtlich nicht, was von ihr verlangt wurde. Aber Mira hatte Mitleid und machte hinter ihrer Linse lustige Gesichter, während sie Sara dabei fotografierte, wie diese fröhlich kicherte. Grit bekam von alledem nichts mit und freute sich wohl darüber, dass sie ein solch talentiertes Kind gefunden hatte. Als sie weggeschickt wurde, zwinkerte Mira ihr noch einmal zu und sah dann überaus zufrieden, dass Saras Steckbrief auf Grits andere Seite wanderte. Es sah gut aus für die Kleine.
Und so ging das den ganzen Vormittag. Name, Alter, Posieren, Fotografieren. Bis schließlich niemand mehr da war und Grit sich darüber mockierte, dass nicht alle gekommen waren.
Sie hatte aber doch einen ordentlichen Stapel an geeigneten Bewerbern extrahieren können, reichte ihn Sabine und ermahnte Mira zum Abschied, sie müsse ihre Bilder doch bitte in die Retusche bringen, bevor Hellmut sie heute Abend zu sehen bekommen würde.
„Hellmut hasst Sommersprossen. Sag ihnen das. Ich möchte nicht mal den Hauch einer Sommersprosse auf einem Bild sehen, verstanden? Sie haben bis heute Abend um 18 Uhr, dann liegen die Bilder auf meinem Tisch. Alles klar?“
Keines der Kinder heute hatte Sommersprossen gehabt, aber Mira nickte trotzdem dienstbeflissen. Mit Grit war nicht zu spaßen.
„Was stehst du denn noch hier? Weißt du nicht, wo die Retusche ist?“
Sabine sprang auf und rief: „Ich bringe sie. Kein Problem.“
„Danke.“, raunte Mira ihr zu und Seite an Seite verließen sie den Raum, ihre Taschen über den Schultern und ihre Köpfe hoch erhoben.
„ Kein Problem.“, erwiderte Sabine, als sie der Höhle der Löwin entkommen waren und sich endlich trauten, ihre Stimmen wieder zu erheben. „Ich geh gern in die Retusche.“
„ Wirklich?“, fragte Mira zweifelnd.
Ihre Begegnung mit den Jungs stand ihr noch allzu deutlich vor Augen. Wer hätte gedacht, dass irgendeine
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