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Begehrter Feind

Begehrter Feind

Titel: Begehrter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Kean
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empfindlichen Wunden, aber er erreichte den Knoten mit den Fingerspitzen, den er forschend abtastete.
    Der feucht-erdige Geruch von Wasser wehte ihm entgegen, was bedeutete, dass sie sich einem Fluss näherten. Aber wohin genau sie ritten, vermochte er nicht zu sagen. Noch beschränkte sich die Morgendämmerung auf erste Lichtstrahlen am Horizont, welche die langen Schatten nicht erreichten.
    Seine Finger glitten von dem Knoten und berührten ungewöhnlich weichen Stoff. Seide. Der Stoffstreifen, den er bei Gisela gefunden und sich ums Handgelenk gewickelt hatte. Er war penibel darauf bedacht gewesen, dass die Schurken ihn nicht entdeckten. Jetzt aber, da er aufrecht saß, war er vom Unterarm zum Handgelenk gerutscht.
    In diesem Moment formte sich ein Plan in seinem Kopf, der leider gleich wieder jäh von einem lauten Krachen unterbrochen wurde, das von weiter vorn kam. Sofort verstummten die kichernden Schurken vor und hinter ihm.
    »Merde!«,
fluchte Crenardieu, der mit dem Wagen in einem merkwürdigen Winkel mitten auf der Straße stand. Das rechte Hinterrad hing in einer Kuhle fest.
    Crenardieu hielt seine Fackel in die Höhe und sprang vom Wagen, wobei sich der Umhang auf seinem Rücken aufbauschte wie unförmige Fledermausflügel.
    »Steigt ab und helft mir!«, brüllte er die beiden Schläger vor Dominic an.
    Dieser beäugte die Szene mit einiger Befriedigung. Zwei Männer weniger, die ihn bewachten – das war seine Chance! Wenn bloß die Fesseln nicht so stramm wären …
    Die Schurken stiegen ab, und der größere zeigte auf Dominic. »Was ist mit ihm?«
    »Falls er zu fliehen versucht«, rief Crenardieu den Kerlen hinter Dominic zu, »erschießt ihn mit der Armbrust!«
    Dominic wurde übel. Er wusste sehr gut, welche Wunden eine solche Waffe verursachen konnte, zumal auf kurze Distanz. Vor Jahren hätte eine Armbrustwunde Geoffrey beinahe getötet. Ja, es war ein Wunder gewesen, dass er überlebte, und viele behaupteten, dass einzig Dominics Hilfe und Lady Elizabeths Liebe ihn retteten.
    Prompt kehrte die Erinnerung an Giselas blasses, liebreizendes Gesicht zurück. Um ihretwillen würde er jetzt keine Flucht riskieren. Um ihretwillen – und um der Chance willen, sie wiederzusehen und sie wieder lieben zu können – wollte er lieber einen Hinweis an dieser Stelle zurücklassen.
    Nochmals strichen seine Fingerspitzen über die Seide. Dann bewegte er sie unauffällig, bis er den Knoten erreichte, und begann, ihn zu lösen.
    Grobe französische Flüche ausstoßend, schleuderte Crenardieu die brennende Fackel ins taufeuchte Gras am Wegesrand, wo sie langsam erlosch. Dann stürmte er zum Wagen zurück, seine beiden Lakaien neben sich, die sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den schiefen Karren stemmten. Crenardieu brüllte unterdessen den Kutscher an. Kaum trieb dieser die Pferde an, drehte sich das festsitzende Rad, so dass Schlamm aufspritzte, bevor der Wagen vorwärtsruckte.
    Gleichzeitig hatte Dominic den Seidenknoten gelöst und knüllte den Streifen grinsend in einer Hand zusammen.
    Murrend stapfte Crenardieu zurück, um seine Fackel wieder aufzunehmen, die inzwischen verglimmt war. Verärgert warf er sie mitten auf den Weg und kletterte zum Kutscher zurück. Der Wagen rumpelte weiter.
    Die beiden Schurken vor Dominic schwangen sich wieder auf ihre Pferde. »Nicht mal danke hat er gesagt«, beschwerte sich der Große. »Beim versprochenen Sold ist er hoffentlich nicht so knausrig, sonst setzt es was!«
    »Wir kriegen unser Silber noch heute«, beruhigte ihn der andere, »gleich wenn ihn die Händler aus London bezahlt haben.«
    »Schhh!«, ertönte es hinter Dominic.
    Der große Schläger drehte sich um. »Was denn?« Er wickelte sich die Zügel von Dominics Pferd um die Hand. »Der ist ein toter Mann und erzählt schon keinem was.«
    Dominic bewegte seine schmerzende rechte Schulter und sah auf die Fackel, die mitten im Weg lag. Nur mit Mühe unterdrückte er ein zufriedenes Grinsen.
Dämlicher Narr! Du bist ein toter Mann, wart’s nur ab …
    Der Große zog an Dominics Zügeln, und sie bewegten sich weiter. Dominic öffnete die Faust, um die Seide loszulassen. Er wagte nicht, sich umzusehen, wo sie landete.
    Sie ritten langsam immer weiter, während der Weg und die Umgebung um sie herum heller wurden. Hier und da sah er zwischen Bäumen Wasser glitzern, als sie durch einen Wald ritten.
    Über ihnen hob reges Vogelgezwitscher an, kaum dass das erste Licht die Baumwipfel erreichte. Bald darauf

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