Begehrter Feind
ausgezeichneter Plan!«, sprang Lady Elizabeth ihr lächelnd bei. »Du kannst mit den anderen Wachen auf den Zinnen patrouillieren.«
Ewan machte große Augen. »Kann ich das?«
De Lanceau seufzte. »Meine Liebe!«
Gisela spürte, wie ihre Chance schwand, den Lord umzustimmen, und das durfte sie nicht geschehen lassen. Sie stand von der Bank auf und fiel vor de Lanceau auf die Knie, so dass sich ihr schäbiges Kleid um sie bauschte.
»Bitte, ich flehe Euch an, lasst mich mit Euch kommen!«
»Gisela …«
»Ich liebe ihn!«
De Lanceau stand vollkommen regungslos da. »Was hast du gesagt?«
»Ich liebe ihn – sehr sogar.« Ihre Stimme bebte. »Ich habe es ihm nur noch nicht gesagt.«
De Lanceau schwieg eine Weile. »Nach dem Gesetz seid ihr nicht vermählt, aber du liebst Dominic?«
Nun musste sie noch ein Geständnis ablegen, wobei sie de Lanceau verständlich machen musste, dass sie sich nicht an Ryle gebunden fühlte. »Ja, Mylord. Ich heiratete, weil ich keine andere Wahl hatte. Doch aus gutem Grund nenne ich keinen Mann meinen Gemahl.«
»Ach nein?«
Gisela sah ihm in die Augen und hoffte, er würde an ihrem Blick ablesen, dass sie in Ewans Gegenwart nicht deutlicher sein konnte. »Ich werde Euch bereitwillig alles erzählen, wenn wir zurück sind.«
Nachdenklich und ernst betrachtete er sie.
»Lasst mich mit Euch gehen, bitte, Mylord!«
»Gisela, du erinnerst mich an meine Gemahlin«, sagte er schließlich. »Sie ist ebenso starrköpfig.«
Lady Elizabeth lachte melodisch und liebevoll, bevor sie sich vorbeugte und ihren Gemahl auf die Wange küsste.
Hoffnungsvoll stand Gisela wieder auf. »Mylord, meint Ihr damit …«
De Lanceaus einer Mundwinkel bog sich nach oben. Dann sah er kurz zu Ewan und wieder zu ihr. »Meine Männer und ich erwarten dich im Hof. Beeil dich!«
»Für einen Mann, der sterben wird, sieht er ziemlich ruhig aus.«
Trotz seines blauen Auges funkelte Dominic die beiden Schurken wütend an, die vor ihm herritten. Sie hielten Schilfgrasfackeln in den Händen, mit denen sie sich den Weg leuchteten. Die Köpfe zu ihm gewandt, redeten sie über ihn, als wäre er stocktaub. Nun, so oft wie sie ihn im Laufe der letzten Nacht zusammengeschlagen hatten, sollte er es vielleicht auch sein.
Er schwankte im Sattel hin und her, denn seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt, so dass er sich nicht festhalten konnte. Blinzelnd schaute er nach vorn zu dem Pferdefuhrwerk, das ihnen voranfuhr. Das Hufklappern und das Knarren der Wagenräder hallten laut durch die Dunkelheit. Ansonsten war alles gespenstisch still, als hätte die Welt in gespannter Erwartung dessen, was als Nächstes geschehen würde, den Atem angehalten.
Mürrisch blies Dominic sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Egal, was passierte, er beabsichtigte nicht, zu sterben – nicht heute, und erst recht nicht durch gewaltsames Zutun dieser Schurken!
Sein Blick verharrte auf Crenardieu, der vorn im Wagen saß. Vor kurzem hatten ihn dessen Schläger aus der kalten Holzhütte ins noch kältere Freie geholt und neben ein Pferd gesetzt. Bevor sie ihn auf den Gaul hievten, hatte er gehört, wie der Franzose mit einem seiner Lakaien redete.
»… bringt sie hierher!«, hatte er gesagt. »Ryle kommt auch her.« Dann hatte er lächelnd zu Dominic gesehen. »Balewyne wird das Blutvergießen genießen.«
Dominic war es eiskalt über den Rücken gelaufen. Grinsend hatte der Mann sich auf sein Pferd geschwungen, eine Fackel genommen, die ihm ein anderer reichte, und war davongaloppiert.
Anschließend hatte Crenardieu das Leinentuch zur Seite gezogen, das den Wagen bedeckte. Darunter lagen säuberlich aufgereihte Ballen schimmernden Tuchs: de Lanceaus gestohlene Schiffsladung. Ganz obenauf befanden sich die blaue Seide sowie die Kleidungsstücke aus Giselas Schneiderei. Nachdem er Dominic süffisant zugegrinst hatte, legte Crenardieu das Leinen wieder über die Ballen und befahl seinen Kohorten, sich in Bewegung zu setzen.
Ein lautes Schnauben drang zu Dominic. Die Schurken lachten wieder über ihn.
Sollen sie nur lachen. Lange werden sie es nicht mehr, bei Gott!
Absichtlich ignorierte er das Lachen wie auch die Gespräche der Männer, die dicht hinter ihm ritten. Ebenso wenig achtete er auf die Schmerzen, die drohten, ihn wieder in Ohnmacht sinken zu lassen, was bedeuten würde, dass er vom Pferd stürzte. Stattdessen drehte er vorsichtig die gefesselten Hände. Das Tau schnitt ihm in die Haut und drückte auf die
Weitere Kostenlose Bücher