Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begierde

Begierde

Titel: Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
Vom Netzwerk:
trat völlige Ruhe ein. Das italienische Geschnatter der drei Frauen, deren Aufgabe es war, Vicky perfekt herzurichten, war verstummt. Sie lächelten Vicky zufrieden an und zogen sie vor einen hohen Spiegel. Wer war das? War das tatsächlich ihr Spiegelbild? Vicky schnitt eine Grimasse und der Spiegel erwiderte sie. Sie drehte und wendete sich und ihre Beklommenheit wich einem Glücksgefühl. Sie sah fantastisch aus. Wie ein Modell, wie eine vollkommene junge Dame. Die enge Korsage aus weißer Brokatspitze betonte die Rundungen ihrer Brüste und ihre schlanke Taille, die Schultern waren frei und die Haut glitzerte von dem Goldpuder, mit dem man sie eingestäubt hatte. Der weite Glockenrock aus glänzender Seide umspielte in weichen Falten ihre Beine und gab kaum die Sicht auf die hohen, mit funkelnden Steinen besetzten weißen Pumps frei.
    Ein lauter Schrei des Entsetzens unterbrach Vickys stumme Betrachtung und ließ sie erschrocken herumfahren.
    »Nein, nein, Sie dürfen nicht hereinkommen, das bringt Unglück, wenn Sie Ihre Braut vor der Hochzeit …«
    Eine lässige Handbewegung beendete Marias Protest. Der Bräutigam stand in einem weißen Anzug im Türrahmen. Das einzig Farbige an ihm war eine rote Krawatte, eine rote Rose im Knopfloch und die bekannte goldene Maske vor seinem Gesicht.
    Vicky senkte die Augen und machte aus einem Gefühl der Unterwürfigkeit heraus einen Knicks. Sie sah, wie seine Füße sich näherten, bis er vor ihr stehen blieb.
    »Schau mich an,
Cara mia
.« Eine Hand griff ihr unter das Kinn und hob es sanft an. »Guten Morgen. Ist alles bei dir in Ordnung?«
    Die tiefe samtige Stimme ging Vicky durch und durch und beruhigte sie. Es würde vielleicht doch alles gut werden. Seine Finger fuhren behutsam über ihre geschminkten Lippen und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er sie küssen würde. Wie sah er wohl aus? Was verbarg er hinter dieser Maske? Er war ihr die Antwort schuldig geblieben, warum er sie trug.
    »Danke, es ist alles ganz – wunderbar.« Vicky schämte sich, dass sie stotterte, aber sie war von seiner Erscheinung und seiner ruhigen Ausstrahlung überwältigt.
    Er zog eine Schmuckschatulle aus seiner Jackettasche und öffnete sie. Mehrere zueinander passende Schmuckstücke lagen darin, alle mit roten Rubinen besetzt und meisterlich gearbeitet. Vicky beschlich das dumpfe Gefühl, diese schon mal irgendwo gesehen zu haben.
    »Ich habe lange überlegt, ob ich dir zu diesem besonderen Anlass neuen Schmuck kaufen soll. Doch dann dachte ich mir, dass ich das jederzeit nachholen kann. Ich finde, meine Braut sollte etwas Traditionelles tragen. Dieser Schmuck hat meiner Mutter gehört und davor meiner Großmutter. Ich hoffe, er gefällt dir?«
    Vicky strich mit den Fingern über den Schmuck, der in schwarzen Samt gebettet war. »Er ist einzigartig. Ich danke dir.«
    Unter dem empörten Stöhnen der ungeduldig herumstehenden Damen gab er ihr einen Kuss auf ihre roten Lippen. Dann legte er ihr die Kette um den Hals und das Armband ums Handgelenk. Nur das Anstecken der Ohrringe überließ er ihr selbst.
    Nach einem letzten prüfenden Blick nickte er in die Runde und ging pfeifend hinaus.

    Leute, die Vicky noch nie gesehen hatte, gratulierten ihr herzlich zur bevorstehenden Vermählung. Sie quälte die Vermutung, mehr belächelt als angelächelt zu werden. Alle schienen etwas zu wissen, was sie nicht wusste. Natürlich, alle kannten ihren Ehemann, aber alle schwiegen darüber. Nur eine war genauso ahnungslos: Anna.
    Mit einem lauten Aufschrei waren sie sich in die Arme gefallen, nachdem sie sich in der Menge entdeckt hatten. Annas erfreuter Blick genügte, um Vicky wissen zu lassen, dass sie nicht mehr böse auf ihre Freundin war. Ihre Kleider raschelten und ihre schnellen Schritte hallten im Stakkato auf dem Fußboden aus rotem Marmor, als sie aufeinander zu eilten.
    »Was machst du denn hier – noch dazu in einem Brautkleid?«
    Anna sah nicht weniger schön aus als sie selbst. Das Brautkleid ähnelte ihrem, nur waren auf dem Saum kleine rosafarbene Röschen aufgenäht und sie trug auch farblich identische Pumps. Sie lachte laut.
    »Man hat dir wohl gar nichts verraten, wie? Wir beide feiern heute Doppelhochzeit, wusstest du das nicht?«
    »Nein.« Vicky kreischte vor Freude, packte Anna an den Hüften und wirbelte mit ihr herum, bis ihr vor lauter Drehen schwindlig war.
    »Wer ist dein Bräutigam?«
    Anna schmunzelte. »Na wer wohl. Dieser Schuft, der mich an der Nase

Weitere Kostenlose Bücher