Begierde
Sie ballte ihre Hände zu Fäusten statt ihre Blöße zu bedecken, stellte sich vor dem Fremden auf, der einen halben Kopf größer war als sie und bemühte sich, ihn selbstsicher und energisch anzusprechen. Was nicht einfach war, denn er blickte weder ernst noch überheblich, sondern eigentlich sehr freundlich und war, was ihr erst jetzt auffiel, äußerst attraktiv. Ein Mann in einem schicken Anzug. Mit dunklen Augen, einem energischen Kinn und rabenschwarzen Haaren.
Dennoch ballte sie die Fäuste und hielt sie abwehrend vor sich. »Lassen Sie mich sofort frei! Es muss sich hier um einen Irrtum handeln. Ich werde Anzeige gegen Sie erstatten. Sie dürfen mich hier nicht festhalten. Das ist ungesetzlich.« Noch während sie protestierte, war ihr klar, wie dumm sich das alles anhörte. Wie sollte sie jemanden anzeigen, der sie einsperrte?
Der Mann musterte sie mit einem amüsierten Zucken in den Mundwinkeln und erwiderte gelassen: »Ach ja? Und wie möchtest du das verhindern?«
Vicky änderte spontan ihre Strategie. »Was wollen Sie von mir? Lösegeld? Dann müssen Sie meinen Bruder anrufen. Mein Konto ist leer. Ich verfüge über keine Ersparnisse.« Sie legte schützend die Hände auf ihre Brüste, da der Mann sie so ungeniert musterte, dass sie sich unwohl dabei fühlte.
Doch in aller Seelenruhe schnappte er sich den Stuhl, den er mit sich hereingebracht hatte, stellte ihn verkehrt herum, setzte sich breitbeinig darauf und legte die Arme auf die Lehne. »Mein Name ist Tomaso, wie du dich vielleicht erinnerst. Wir hatten schon gestern das Vergnügen. Zu deiner Information: Ich werde deinen Bruder nicht anrufen, denn er war es, der uns den Auftrag erteilt hat, dich hierher zu bringen.«
Vicky erstarrte. Ein Schauer lief ihr über die Haut. Sie schüttelte den Kopf und machte eine abwehrende Bewegung mit den Händen.
Marc?
Marc dachte sich bestimmt nicht solche schrecklichen Sachen aus. Das war ja – fast wie in ihrem Traum. Vicky hatte Schwierigkeiten ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen.
»Das glaube ich nicht!«
Der Mann, der sich Tomaso nannte, wirkte auf sie äußerst belustigt. »Dein Bruder macht sich große Sorgen um deine Zukunft und hat uns deshalb beauftragt, dass wir uns um dich kümmern sollen.«
»Was soll das heißen – kümmern?«, fauchte sie rau.
»Nun, du brauchst wohl eine gehörige Portion Erziehung, um aus dir ein brauchbares Mitglied dieser Gesellschaft zu machen. Wir werden dich zu einer braven Ehefrau erziehen, die sich in jeder Hinsicht devot ihrem Ehegatten unterordnet, statt wahllos die Männerwelt zu verführen und herum zu huren.«
Vicky lachte hysterisch auf. »Wie bitte? Hat er das etwa behauptet?« Sie ballte wieder ihre Fäuste, sprang vorwärts und versuchte auf ihn einzuschlagen. »Dazu hat er kein Recht. Er ist ein verdammter Lügner. Lassen Sie mich sofort hier raus.« Ihre Stimme überschlug sich.
Geschickt fing Tomaso ihre Hände ein und hielt sie fest, ehe es ihr gelang, sein Gesicht zu treffen. Er zog Vicky näher zu sich heran, so dass sie sich Auge in Auge anstarrten. Mit Widerstand hatte er gerechnet. Einen Kinnhaken wollte er allerdings nicht riskieren.
Diese meeresgrünen Augen waren faszinierend. Sie hatten schon viele hübsche Mädchen zur Erziehung gehabt, auch mit interessanten Augen. Eine hatte besonders hellblaue gehabt, dass es fast schmerzte, ihr in die Augen zu sehen. Eine andere hatte eine hellbraune Iris, so hell, dass sie an die gelben Augen mancher Raubkatzen erinnerte. Aber diese Augen, die wie blaugrünes Meerwasser im Sonnenlicht schimmerten, waren etwas Neues. Sie waren kaum von farbigen Äderchen durchzogen, fast lupenrein, wie Diamanten. Es würde ihm schwer fallen, diesem einzigartigen Blick zu widerstehen, obwohl er darin geübt war. Allerdings war diese Frau auch in anderer Hinsicht eine Ausnahme. Sie war nicht nur ausgesprochen attraktiv. Sie war vor allem im Gegensatz zu den anderen Mädchen nicht freiwillig hier, war verständlicherweise nicht bereit sich zu fügen und legte zumindest für einige Minuten ein wildes Temperament an den Tag. Das versprach eine spannende Erziehung zu werden.
Vicky versuchte Tomaso gegen die Schienbeine zu treten. Aus ihrer Position heraus und noch dazu barfuß, war es nicht ganz einfach.
Ehe Vicky sich versah, hatte er sie in seinen Armen umgedreht, ihre Hände auf den Rücken gezogen, sie in eine kniende Position hinunter gezwungen und zusätzlich zwischen seinen Schenkeln eingeklemmt. Vicky keuchte
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