Begierde
diesem entlang weiter bis zu dem kleineren. Ihre Hand legte sich auf den Griff und sie hielt erwartungsvoll den Atem an, ob es sich wohl öffnen lassen würde oder ob sie über die Mauer klettern müsste. Sie war zu allem entschlossen. Doch es war einfach. Das Tor schwang lautlos auf, als sie die Klinke herunterdrückte.
»Raaaah«, ein Schrei löste sich aus Vickys Mund und ihr Körper verkrampfte sich unter dem Schreck, der ihr durch die Glieder fuhr. Als sie durch die Tür schlüpfte, wurde ein dunkler Sack über ihren Kopf geworfen. Sie kam nicht dazu, sich zu wehren. Ihre Handgelenke wurden mit festem Griff gepackt und gefesselt, sie verlor den Halt unter den Füßen, wurde von jemandem über die Schulter geworfen und davon getragen. Alles fand unter einem geradezu unheimlichen Schweigen statt.
Marc wanderte in seinem Büro auf und ab. Seit seiner Rückkehr wurden die Briefe und Akten auf seinem Schreibtisch nicht weniger, sondern eher mehr. Er war kaum in der Lage, sich längere Zeit darauf zu konzentrieren. Auch wenn er in die Fabrikhalle hinüber ging, um die Produktion der Prototypen für die neue Küchenstuhlproduktion zu kontrollieren, schweiften seine Gedanken immer wieder ab.
Hatte er voreilig über Vickys künftiges Schicksal entschieden? Wie sie sich wohl in diesem Augenblick fühlen mochte – eingesperrt und sicherlich sehr wütend. Hatten die Patrona und ihre Männer es geschafft, Vicky glaubhaft zu machen, dass sie in einer schwachen Minute freiwillig den Vertrag unterschrieben hatte? Er hoffte es.
Eigentlich hatte er geglaubt, sie abgrundtief zu hassen, für ihre beschämende sexuelle Freizügigkeit. Doch wenn er es recht bedachte, hatte er kein Recht gehabt, sich einzumischen. Wenn die Männer auf sie hereingefallen waren, waren die geilen Böcke doch selbst schuld. Warum nur kamen ihm plötzlich Zweifel? Er hatte sich bei seiner Entscheidung, dass es das Beste für Vicky wäre, so verdammt sicher gefühlt. Doch jetzt fühlte er sich nur noch mies. Dabei war ihm die Idee mit dem Heiratsinstitut als die beste Lösung erschienen.
Abgesehen davon – war er denn soviel besser als sie? Der Gedanke, sich dort eine ihm in jeder Hinsicht ergebene Frau zu kaufen, gefiel ihm nicht schlecht. Eine, die nichts gegen seine sexuellen Vorlieben hatte und sich dort freiwillig zur devoten Lustsklavin erziehen ließ.
Marc hatte eine Menge Geld dafür bezahlt, dass die Patrona den Auftrag angenommen hatte, denn eigentlich sei dies nicht ihr Stil, hatte sie gesagt, und der Zeitpunkt zudem extrem ungünstig. Wobei er sich nicht so sicher war, wie legal oder illegal ihre Geschäfte in Wirklichkeit waren. Im Grunde genommen war ihm dies auch völlig gleichgültig. Vicky sollte ihre sexuelle Gier ausleben dürfen, aber nicht mit wechselnden Männern, nicht wie eine Hure. Sie sollte sich mit all ihrer Energie auf einen konzentrieren. Grimmig dachte er einen Moment, dass er ihr damit sogar das verschaffte, was ihm nicht vergönnt war. Eine Ehe. Sie sollte ihm eigentlich dafür dankbar sein! Aber das würde sie nicht, und dieser Gedanke versöhnte ihn wiederum. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie auf die Art von Sexspielen stand, zu denen Züchtigung und Unterwerfung gehörten.
Es hatte ihn überrascht, dass Antonio sich für dieses Institut interessierte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Marc nämlich geglaubt, Antonio wäre ein absoluter Softie, hoffnungslos romantisch und so sinnlich veranlagt, dass man meinen könnte, er wäre schwul.
Zumindest hatte Antonio zunächst versucht, ihm den Plan von Vickys Entführung und Zwangserziehung auszureden, hatte aber letztlich doch Verständnis gezeigt, nachdem Marc ihm von seinen Beobachtungen erzählt hatte. Als sie dann dort waren, hatte er sich aber mehr für die Lebensläufe der jungen Damen interessiert als für Marcs Belange und als erstes gefragt, ob die Patrona denn auch Fotos von den Mädchen hätte.
Bald, hatte diese geantwortet, bald würde sie professionelle Fotos machen lassen. Dann hatte sie sich wieder Marc zugewandt und ihm einen Vertrag vorgelegt, der für Ehemänner gedacht war, die ihre Frau zur Erziehung brachten, und daher geringfügig angepasst werden musste. Über den Passus, der ihm für Vicky das Vorkaufsrecht sicherte, hatte Marc laut gelacht. Er war froh, Vicky los zu sein und wollte mit ihr nie wieder etwas zu tun haben. Nun musste es ihm nur noch gelingen, sie aus seinen Gedanken zu verbannen. Seine Arbeit würde ihm bestimmt dabei helfen
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