Begierde
nixenhafte ihres blassen Teints und ihrer kastanienbraunen Haare, in denen im Sonnenlicht einzelne rote Härchen glänzten.
Alle Mädchen trugen ein Halsband, passend zu den ledernen Handgelenksfesseln, auf dem ein goldenes Schildchen mit ihrem Namen angenietet war. Das Halsband war über eine lange goldene Kette mit einem Ring an einer der zwölf schlanken Marmorsäulen eingehängt, die im Kreis angeordnet waren. An jeder Säule war ein Schild angebracht, auf dem wiederum der Name des Mädchens und ein paar spezifische Daten wie Alter, Herkunft und besondere Neigungen standen.
Auch Michelle und Elena, die beiden verheirateten jungen Damen waren anwesend, damit das Dutzend vollständig war. Auf ihren Schildern war jedoch ausschließlich vermerkt, dass sie nicht zum Verkauf standen.
Nun hieß es warten. Nicht nur den Männern hatten vorab Informationen zur Verfügung gestanden, sondern auch den Mädchen. Jede hatte anhand der Fotos und Beschreibungen einen Favoriten für sich auserkoren. Aber es oblag ausschließlich der Entscheidung der zahlungskräftigen Gäste, für welche Gefährtin sie sich entschieden.
Vicky und Anna schwärmten vom ersten Augenblick an für denselben Mann, Antonio del Carmine. Ein schwarzhaariger Typ mit römisch-aristokratischem Gesicht und weich geschwungenen, sinnlichen Lippen. Sie hatten sich gegenseitig immer wieder das Foto aus der Hand gerissen. Über Signor Barberi hingegen gab es keine Informationen, nicht einmal ein Foto.
Die Patrona, Stefano und Tomaso waren besonders elegant gekleidet, begrüßten die Gäste überschwänglich und führten sie herum, um ihnen die Mädchen vorzustellen. Über jede erzählten sie ein wenig, wie devot oder masochistisch geprägt sie sei, über welche besonderen Fähigkeiten sie verfügte. Wünschte der Gast sich mit dem Mädchen alleine zu unterhalten, löste er die Kette und zog sich mit dem Mädchen in eines der zwölf angrenzenden Kabinette zurück. Er war jedoch auch verpflichtet, sie innerhalb einer Stunde an ihren Platz zurück zu bringen, um einem anderen Mann die Chance zum Kennenlernen zu geben.
Aus versteckten Lautsprechern klang leise klassische Musik. Vivaldis Konzerte für Streicher und Flöten bildeten einen angemessenen akustischen Rahmen. Der Abend sollte Stil haben, nicht in eine hemmungslose Orgie ausarten. Schließlich würden die jungen Damen am Tag X zu Preisen eines neuen Ferrari oder Maserati gehandelt werden.
Vickys Traummann näherte sich mit Tomaso. Sie wurde als devot und zugleich noch ein wenig aufsässig geschildert und machte, als wolle sie dies noch unterstreichen, einen koketten Schmollmund.
Antonio del Carmine lächelte zurückhaltend. »Sie hat schöne Augen, eine gute Figur und ist überhaupt eine Schönheit. Vielleicht muss man in diesem Fall nachsichtiger sein?« Er zwinkerte Vicky zu, als wolle er sagen,
lass mich nur machen
.
»Oh nein, Signor del Carmine. Das wäre gewiss ein Fehler. Victoria benötigt eine strenge Hand«, versicherte Tomaso. »Aber glauben Sie mir, wir treiben ihr die Aufsässigkeit schon noch aus.«
Del Carmine nickte beiläufig, als interessiere es ihn nicht, und schaute vorwärts zur nächsten Säule, an der Anna angekettet war. Vicky sah ihm bedauernd hinterher, doch nur kurz, denn als ihr Blick durch den Raum schweifte, fesselte der Gast, der soeben eingetreten war, ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie sah ihn nur von hinten, ein gut gekleideter dunkelhaariger Mann mit sorgfältigem Kurzhaarschnitt. Er deutete auf dem Handrücken der Patrona einen Handkuss an. Dann drehte er sich um und Vickys Herz begann zu flattern. Er sah zu ihr herüber und seine Augen, die kaum zu sehen waren, schienen sie zu fixieren. Dabei kam er ihr noch attraktiver vor als del Carmine, fast einen halben Kopf größer. Er bewegte sich elegant und – Vicky vermochte es nicht einmal für sich selbst in Worte zu fassen, einfach perfekt. Männlich, aber ohne Arroganz. Sicher und aufrecht. Während del Carmine zu einem leicht gegrätschten Schritt tendierte, wenn auch kaum auffallend, setzte dieser Mann die Füße gerade auf, weich und geschmeidig, mit einer gewissen Leichtigkeit. Er gefiel ihr, obwohl sie nicht sein Gesicht sah, da er überraschenderweise eine goldene Halbmaske trug, die Stirn, Nase und Wangen bedeckte, und ihm dadurch etwas Unnahbares und Geheimnisvolles verriet. Langsam kam er mit der Patrona genau auf sie zu.
»Victoria ist wie ein junges Füllen, Signor Barberi. Ein wenig hitzig und ungezähmt.
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