Beginenfeuer
gewonnen.«
»Dann bleiben dir nur noch zwei Tage.« Simon wich Mathieus Blick aus, dessen vage Befürchtungen zu konkreten Vermutungen wurden.
»Du hast mir noch nicht alles erzählt, Bruder. Was verlangt der Erzdiakon dafür, Violante vor Colonnas Intrigen zu schützen?«
»Meine absolute Verschwiegenheit sowie meinen fortwährenden Gehorsam. Ich werde schon morgen Vienne verlassen.«
»Du kehrst nach Avignon zurück?« Simon schüttelte den Kopf.
»Ich schließe mich einer Gruppe von Zisterziensern an, die nach Maillezais aufbricht. Wir werden dort ein neues Kloster für unseren Orden gründen.«
»Maillezais?«
Mathieu hatte noch nie von einer solchen Stadt im Königreich Frankreich gehört. »Der Ort liegt im Marais Poitevin.«
»In den Sümpfen des Poitou? Zum Henker, was ist das? Eine Verbannung?«
»Eine freiwillige Entscheidung. Pellegrue unterstützt die Bemühungen, dort ein Kloster zu gründen, denn Seine Heiligkeit wünscht die Anzahl der Abteien in Frankreich zu vergrößern. In den poitevinischen Mooren werden mich weder Colonna noch seine Franziskaner finden. Es ist abgelegen, unbekannt und einsam.«
»Ganz davon zu schweigen«, pflichtete ihm Mathieu sarkastisch bei, »dass dich das Sumpffieber in seinen Klauen haben wird, ehe du dort eintriffst. Du bist in den Bergen und Wäldern am Doubs aufgewachsen, wie kannst du sie gegen die Ödnis der Sümpfe am anderen Ende des Königreiches eintauschen? Hast du den Verstand verloren?«
»Im Gegenteil, ich habe meinen Verstand wiedergefunden. Ich werde fort sein, ehe Colonnas Ultimatum abläuft. Meine Anwesenheit ist eine Gefahr für Violante.« Mathieu fand dennoch keinen Gefallen an diesem Plan. »Kannst du dem Erzdiakon wirklich vertrauen? Was hindert ihn daran, Violante nach deiner Abreise der Inquisition auszuliefern?«
»Seine Ehre. Pellegrue ist ein redlicher Mann, der sein Bestes gibt, auch wenn er einem schwachen Papst dient. Da weder Violantes Existenz noch meine Verfehlungen die Macht des Papstes in Gefahr bringen, können wir seiner Hilfe sicher sein.« Es machte ganz den Anschein, als müsse er seine weiteren Zweifel für sich behalten. Er sah es Simon an, dass seine Entscheidung unumstößlich war. Auch nach dem Überfall auf Courtenay hatte er ihn nicht davon abhalten können, ins Kloster zu gehen.
»Was hörst du aus Paris?«, versuchte Simon seinen Bruder abzulenken.
»Es könnte sein, dass uns der König an den Hof zurückbefiehlt.«
»Je früher du aus seinen Diensten scheidest und nach Andrieu gehst, umso besser.«
Simon goss den Weinbecher wieder voll und hob ihn zum stummen Gruß für den Älteren.
»Du begräbst alle Hoffnungen auf Glück und Freiheit. Willst du es dir nicht noch einmal überlegen, Simon?«
Mathieus Stimme klang deutlich rauer als sonst.
»Ich habe keine andere Wahl. Aber ich werde in der Gewissheit leben, dass du immer für Violante da sein wirst. Glaube mir, ich weiß, was in dir vorgeht. Und dass auch du ihr zugetan bist.
Was ich getan habe, ist nicht aus Leichtsinn geschehen. Meine Liebe zu Violante ist mächtiger als Gott. Wenn ich sie nicht in Gefahr brächte, würde ich es ihr beweisen und für sie sterben.«
Simon fasste nach der Hand seines Bruders und griff mit der freien Linken unter sein Skapulier. Er brachte ein gefaltetes Dokument mit schwerem Siegel zum Vorschein und schob es über den Tisch.
»Das ist ein offizielles Schreiben des Erzdiakons. Er bittet dich darin, die Dame Violante von Courtenay und ihre Dienerinnen unter deine Obhut zu nehmen und auf ihrer Reise nach Hause zu begleiten. Damit können sie den Palast jederzeit verlassen.
Ich bete darum, dass Violante dich nach Andrieu begleitet.«
»Das hat Pellegrue unterschrieben?«
»Mit eigener Hand, nachdem er es mir diktiert hat.«
»Was sagt der Zwerg von Pater dazu?«
Ein Grinsen flog über Simons Gesicht.
»Um den musst du dich nicht länger sorgen. Auch er wird eine Aufgabe erhalten, die ihn von Violante fern hält.«
»Bei Gott, ich kann mir nicht vorstellen, dass Violante deine Pläne gefallen.«
»Sie kennt sie nicht. Sie wird erst von ihnen erfahren, wenn ich Abschied nehme. Wir müssen es schon jetzt tun. Gott schütze dich, Bruder.«
Simon stand auf und ging, gefolgt von einem stummen Mathieu, die Treppe hinunter. Erst draußen auf der Straße blieb er noch einmal stehen und umarmte ihn mit jäher Heftigkeit. Beiden wurde bewusst, dass sie sich nie Wiedersehen würden. Sie kämpften mit den Tränen.
»Sei
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