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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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schmerzt.«
    »Das glaube ich gerne… Immerhin habt Ihr eine Beule, so groß wie ein Hühnerei. Ihr solltet unserem Herrgott danken, dass er Euch mit einem so harten Schädel versehen hat.« Was tat die Schwester an seinem Lager? Bruder Simon verengte die Augen und versuchte trotz des Hämmerns unter seiner Schädeldecke den Grund dafür herauszufinden. Über ihm spannte sich die hölzerne Konstruktion eines schmucklosen Alkovens und nicht die gewohnte Balkendecke des Pfarrhofes. Er trug nur seine Kutte, und das weite Skapulier mit der Kapuze lag gefaltet auf einem Ablagebrett zu seinen Füßen. Wie es schien, lag er in der Infirmerie, und nun entdeckte er auch Pater Felix und die zweite Meisterin des Beginenhofes. »Was ist geschehen?«
    »Das würden wir gerne von Euch erfahren«, erwiderte Pater Felix zurückhaltend.
    »Wie komme ich in die Infirmerie?«
    »Man hat Euch heute Morgen ohne Bewusstsein an der Reiepforte des Beginenhofes gefunden.«
    »Wie ist das möglich?« Bruder Simon glaubte eine Anspannung in Pater Felix zu spüren, die ihn nur noch mehr verwirrte. »Erinnert Ihr Euch nicht mehr an den Brand?«, half die Begine seiner Erinnerung, bevor sie ein feuchtes Tuch, das betäubend nach Arnika roch, auf die pochende Schwellung über seiner linken Braue legte. Das scharfe Aroma brannte in seinen Augen, aber der tobende Schmerz ließ ein wenig nach. »Woran entsinnt Ihr Euch noch?«
    Schwester Alaina mischte sich in einer Weise ein, die ihrem normalen, beherrschten Wesen nicht entsprach. »An ein Feuer.«
    Simon runzelte angestrengt die Stirn und wurde aschfahl, weil allein diese winzige Bewegung ein hämmerndes Pochen in seinem Kopf auslöste. Dennoch versuchte er die Bruchstücke der Unglücksnacht zusammenzusetzen, die ihm langsam wieder einfielen.
    Er hatte die Stunden nach der Beichte bei Pater Felix im Gebet verbracht. Beim ersten Feueralarm war er auf die Straße hinausgelaufen, um nach der Ursache zu forschen. Pater Felix, der ihm auf den Fersen gefolgt war, hatte keinen Augenblick daran gezweifelt, dass das Feuer absichtlich gelegt worden war. »Allmächtiger, sie haben den Beginen die Lagerschuppen angezündet! Diese Narren werden ganz Brügge in Schutt und Asche legen!«
    Die Lagerschuppen! Genau dort, wo Ysée wohnte! Simon erinnerte sich an seine Verzweiflung. Er hatte sich die schrecklichsten Dinge ausgemalt, ehe sich die Pforte des Beginenhofes öffnete.
    »Gebt mir Zeit. In meinem Kopf ist alles durcheinander«, bat der Mönch heiser. Die Schwester trat zur Seite. »In ein paar Tagen werdet Ihr Euch besser fühlen. Aber nur wenn Ihr Ruhe gebt und Euch so wenig wie möglich bewegt.«
    Simon blieb nichts anderes übrig, doch eines musste er noch wissen. »Ist es gelungen, das Feuer zu löschen?«
    »Aber ja, dem Himmel sei Dank dafür.« Pater Felix berichtete in Kürze die Einzelheiten. »Im Morgengrauen setzte rettender Regen ein. Der Weingarten beklagt dennoch den Verlust zweier wohl gefüllter Lagerschuppen und mehrerer Armenhütten.«
    »Wurden Menschen verletzt?«
    »Bedauerlicherweise, ja.«
    Schwester Alaina beobachtete den Mönch unter halb gesenkten blassen Lidern. Die Hände fromm über dem Gewand gefaltet und jeder Knick der faille messerscharf gelegt, verriet ihr Äußeres nichts von ihren Gedanken. Würde Pater Simon in Anbetracht der traurigen Ereignisse Nachsicht mit dem Beginenhof üben? Ob er annahm, das verräterische Buch sei ebenfalls dem Feuer zum Opfer gefallen? Konnte er die Dinge jetzt auf sich beruhen lassen?
    Sie holte tief Atem. »Wir betrauern unsere arme Schwester Berthe und ihre Tochter, meine junge Schülerin. Schwester Berthe wurde von den Flammen im Schlaf überrascht, und ihre Tochter ließ wahrscheinlich ihr Leben bei dem Versuch, sie zu retten. Der Herr möge ihren Seelen gnädig sein.«
    »Das ist nicht wahr!«
    Pater Simons Aufschrei beunruhigte die zweite Meisterin. Zwei scharfe Falten kerbten ihre Mundwinkel. »Es gibt leider keinen Zweifel an ihrem schrecklichen Tod.«
    Nein! Simon bekämpfte seine Schmerzen und besann sich. Je ruhiger er wurde, umso mehr kam seine Erinnerung zurück. Die Beginen hatten wohl nur gesehen, dass Ysée wie magisch angezogen auf das brennende Haus zugelaufen war. Der Fremde, der sie davon abgehalten hatte, musste ihnen entgangen sein. Hatte nur er bemerkt, dass dieser Mann Ysée verschleppt hatte?
    Er war beiden gefolgt, so viel wusste er noch. Ysée hatte ihn angeblickt, ihre Augen waren voller Verzweiflung gewesen. Aber

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