Beginenfeuer
ersehnten Erben geboren hat. Jetzt schließen sie Wetten ab, wann er die Nächste freien wird.« Das klang plausibel, und doch war da ein Rest von Unbehagen, der sich für Mathieu nicht vertreiben ließ. »Zum Donner, wenn ich diesen Kerl in der Nacht nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich dir beipflichten.« Er begann eine unruhige Wanderung durch die Kammer. »Welchen Kerl und in welcher Nacht?«
Jeans Frage zeigte, dass Mathieu in der allgemeinen Aufregung um den Brand vergessen hatte, von seiner Verfolgung des buckligen Knechtes mit dem steifen Bein zu berichten. Er holte das Versäumte in kurzen Sätzen nach.
»Du musst zugeben, es ist seltsam, dass ein Mann wie er zu mitternächtlicher Stunde eine Kahnpartie unternimmt.« Der Waffenmeister blieb trotzdem skeptisch. »Vor jedem Haus am Kanal ankert eine Barke, und unter jeder Brücke liegt ein Boot. Vielleicht hat er sich einfach auf den Heimweg gemacht.«
»Und was hältst du von dem rätselhaften, hoch bezahlten Auftrag seines Herrn?«
»Nimmst du allen Ernstes an, Cornelis hätte von ihm verlangt, die Woll- und Tuchvorräte des Beginenhofes zu vernichten? Hast du im Anker eine Laterne in seiner Hand gesehen? Einen Eisentopf mit Glut oder etwas Ähnliches? Womit hätte er bei diesem Sturm ein solches Feuer entfachen können?«
»Das Gerät könnte im Boot gewesen sein.« Mathieu machte eine ungeduldige Handbewegung, weil seine Vermutungen ihm selbst absurd vorkamen. »Nein, vergiss es. Ich sehe Gespenster.«
»Immerhin ist es ein reich entlohntes Gespenst«, antwortete der Waffenmeister nachdenklich. »Ich würde zu gerne genauer wissen, was man in Brügge tun muss, um einen venezianischen Golddukaten zu verdienen. Vielleicht sollte ich mich hier niederlassen?«
Mathieu wusste, was er sagen wollte. Sie kannten einander seit so vielen Jahren, dass sie sich ohne große Worte verstanden. »Du meinst, ich sollte Herrn Cornelis einen weiteren Besuch abstatten, um es herauszufinden?«
»Hast du nicht behauptet, dass er eine gute Küche führt und sein Wein kein Sodbrennen verursacht?«
»Ich muss darüber nachdenken.«
Ein höfliches Kratzen an der Tür ließ sie aufhorchen, und Mathieu öffnete sie. Einer der zahllosen Pagen des Prinzenhofes grüßte respektvoll. »In der großen Halle ist eine Schwester aus dem Beginenhof, Seigneur. Sie bittet um ein Gespräch mit dem Gesandten Seiner Majestät.«
»Dann führ sie zu mir und lass die fromme Dame nicht warten.«
Der Junge eilte, den Auftrag auszuführen, und Jean Vernier griff nach seinem Umhang.
»Bleib.« Andrieu hielt ihn davon ab zu gehen. »Wenn es Alaina Groeningsvelde ist, wird sie ohnehin nicht lange bleiben. Sie ist keine Frau, die lange um den heißen Brei herumredet.« Aber es war nicht die zweite Meisterin. Eine kleine, rundliche Begine betrat das Gemach. Sie glich einem weich gepolsterten Kissen, und zwischen den strengen Falten der Haube leuchtete das einnehmende Gesicht wie ein besorgter Vollmond. Es fiel den beiden Männern schwer, nicht zu lächeln. »Seigneur.« Sie legte die Haltung und das Benehmen einer Edeldame an den Tag. »Ich bin Schwester Marie, die dritte Meisterin des Beginenhofes vom Weingarten. Mein Vater war Graf von Vyvern. Ein Name, der Euch vielleicht etwas sagt.«
»Edle Dame.«
»Dieser Titel ist Vergangenheit, Seigneur. Ich bin Begine wie meine Schwestern. Wir haben den Ehren der Welt entsagt, um Gott mit Arbeit und Gebet zu dienen. Ich bin gekommen, Euch Kenntnis davon zu geben, dass unsere verehrte Maestra, Dame Methildis van Ennen, in der Nacht des Brandes zu unserem Schöpfer heimgegangen ist.«
Sie sah so betrübt aus, dass sich der Ritter um teilnehmende Worte bemühte. »Möge ihre Seele Frieden finden. Ich hoffe, ihr Ende ist nicht durch die schrecklichen Ereignisse herbeigeführt worden?«
Schwester Marie warf ihm einen prüfenden Blick zu, entschied aber dann, dass das Mitgefühl ehrlich gemeint sein musste. »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Die ehrwürdige Mutter war seit langem schwer krank. Der Tod kam als Erlösung zu ihr.« Mathieu hatte den Eindruck, dass die dritte Meisterin im Gegensatz zu Schwester Alaina eine sanftmütige Person war. »Was kann ich für Euch tun, Schwester?«
»Ihr seid der Gesandte Seiner Majestät, Seigneur. Die Beginen vom Weingarten wenden sich mit der Bitte um Gerechtigkeit an ihren König. Zwei unserer Schwestern haben auf schreckliche Weise den Tod gefunden. Die Arbeit eines ganzen Jahres wurde
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