Begrabene Hunde schlafen nicht
gehe ich mit Aud Finstads Aussage zur Presse.
Den Dienstag und den Mittwoch betreffend, sozusagen.«
»Okay, okay, okay! Ich werde anrufen. Es ist sicher eine ganz
einfache Sache. Ruf morgen früh mein Büro an, dann bekommst
du Bescheid.«
»Aber vergiß es nicht!«
Er machte eine Bewegung mit den Lippen, als hätte er etwas
Bitteres probiert. »Und jetzt, finde ich, solltest du gehen, Varg.
Ich mag nämlich deinen Ton nicht. – Unsere Freundschaft von
damals, die ist nicht nur gerostet, sondern hat sich total aufgelöst. Ich hoffe, daß ich deine schmierige Visage nie wieder
sehen muß.«
»Oh, du siehst schmierigere Visagen als meine, jeden Tag am
Gericht, würde ich tippen.«
Er stand auf, durchquerte den Raum und öffnete die Tür. Die
Hand an der Klinke, blieb er stehen, mit einem vielsagenden
Blick in meine Richtung.
Ich stand auf und folgte ihm. »Wenn du die Nase voll hast von
deinem Job hier, dann weiß ich einen Ort, wo sie noch eine
Stelle als Türsteher frei haben. In der Hölle.«
»Ciao, du Arschloch.«
»Stimmt, genau da hat es weh getan!«
Wir grunzten einander zu wie zwei alte Boxer, deren Wege
sich vor dem Weinmonopol kreuzen.
Er begleitete mich ganz hinaus und schloß die Tür hart hinter
mir, was klang wie ein lauter Punkt am Ende eines langen und
unfreundlichen Satzes.
38
Aus der Telefonzelle neben dem Narvesenkiosk am Riddervolds
Plass rief ich Ove Haugland zu Hause an.
Seine Stimme klang breiig. »Varg? Bist du nicht wieder nach
Hause gefahren – ins Bethaus?«
»Beinahe wäre ich viel weiter gekommen.«
»Wie?«
»Mit Flügeln.«
»Meinst du …?«
»Ich war noch nicht weiter als um die Ecke zur Møllergate
gekommen, da hatte ich schon eine Schlägergang im Nacken.«
»Mensch, echt? Und wie ging es?«
»Wie du hörst, hab’ ich überlebt. Ich wurde im übrigen von
Satans eigenen Sturmtruppen gerettet.«
»Hä?«
»Eine Horde Nazigesocks mit schwingenden Keulen. Sie
jagten sie in die Flucht.«
»Mensch, echt!«
»Ich hätte mir angenehmere Retter vorstellen können.«
»Das kannst du laut sagen. Kann ich – darüber schreiben?«
»Deshalb ruf ich nicht an. – Aber … nach dem Überfall fuhr
ich zur Ambulanz, und – ehrlich gesagt, ich bin nicht so mobil,
mein einer Schenkel tut weh, und zwischen den Beinen trage ich
einen zum Platzen reifen Kürbis mit mir herum. Und außerdem
möchte ich morgen gern nach Ullersmo, um ein bißchen mit
Thorbjørn Finstad zu plaudern. Und das kann ich dir sagen: In
dem Gespräch ist Sprengstoff – auch für dich!«
»Meinst du, ich sollte mitkommen?«
»Nein. Erst mal nicht. Aber wenn du mir einen Wagen leihen
könntest … Du hast doch einen, oder?«
»Ich habe einen Dienstwagen von der Zeitung, ja. Das ist
okay, aber dann mußt du jetzt kommen und ihn holen, denn in
einer Stunde bin ich unterwegs nach Fornebu.«
»Oh?«
»Eine Stippvisite in Brüssel. Ich bin Dienstag morgen wieder
zurück.«
»Ich nehme ein Taxi.«
Ove Haugland wohnte in einem ganz gewöhnlichen, gelben
Wohnblock mit Aussicht auf Voldsløkka.
Er stand mit einem Koffer in der einen und dem Autoschlüssel
in der anderen Hand vor dem Block und wartete auf mich.
Als ich schwerfällig aus dem Taxi kroch, musterte er mich
schelmisch. »Wie ich sehe, hast du ganz schön was abgekriegt.«
»Du hast niemandem erzählt, wo wir gestern hinwollten,
oder?«
»Ich? Das kann ich mir nicht denken. Du meinst doch nicht –
meinst du, daß die auf dich gewartet haben, daß sie es auf dich
abgesehen hatten?«
»Mh. Möglich. Jedenfalls kam ich an einen roten Ford Escord
mit einem Fuchsschwanz hinter der Heckscheibe vorbei, kurz
bevor ich überfallen wurde. Und das Auto hatte ich schon mal
gesehen!«
»Und was soll das mit all dem anderen zu tun haben, worüber
wir geredet haben?«
»Ehrlich gesagt: keine Ahnung! Glaubst du, Svein Grorud
könnte sie angeheuert haben?«
»Apropos. Ich hab’ was über ihn gefunden. Ich meine – er hat
tatsächlich eine Hütte, irgendwo am Øyeren, wo er in seiner
Freizeit Fische und Fotzen fängt, sagt man.«
»Aha?«
»Guck mal.« Er nahm ein zusammengefaltetes Papier aus der
Tasche. »Ich habe jemanden, der schon mal da war, überredet,
eine Skizze zu zeichnen.«
»Wunderbar.«
»Aber sei vorsichtig, Varg! Er könnte bewaffnet sein.«
Ich warf einen Blick auf die Skizze, steckte sie in die Tasche
und nickte. »Danke dir!«
»Tja. Der Wagen steht da drüben. Ich dachte mir, du könntest
mich genausogut nach Fornebu fahren. Dann
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