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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Rahmen des grauen – um nicht zu sagen
des schwarzen – Geldmarktes, den Backer-Steenberg zurückzahlte.«
Er zuckte mit den Schultern. »Tja – und weiter?«
»Wir wissen, daß Jansson vor weniger als einer Woche Kontakt zu Grorud hatte, wahrscheinlich auch zu Hauger. Könnte
Hauger Backer-Steenberg in diesem Zusammenhang unter
Druck gesetzt haben?«
»Ich … pff! … was weiß ich?«
»Fredrik Loewe kanntest du?«
»Na ja, kaum. Er und Preben hatten früher mal gemeinsame
Interessen, bis Preben seinen Anteil verkaufte.«
»An wen verkaufte er?«
»Das weiß ich nicht mehr. Zurück nach Schweden, soweit ich
mich erinnern kann.«
»Hast du jemals Loewes Frau getroffen?«
»Nein. Nein, hab’ ich nicht. Loewe ist tot, ich weiß nicht, ob
du – er kam bei einem Autounfall ums Leben.«
»Seine Frau wohl auch.«
»So? Ja, das ist möglich.«
Ich schlürfte meinen Whisky. Die Schotten haben einen eigenen Kniff, dem Moorwasser Honig zu entlocken und ihn mit
reifer Gerste zu würzen. Er legte sich wie Heidekraut auf meine
Zunge, eine Heidelandschaft bei herbstlicher Landbrise, und nur
die Eisklumpen erinnerten an den November.
»Aber Thorbjørn Finstad – den kanntest du doch gut? Ihn hast
du mal verteidigt.«
»Daß du jemanden verteidigst, bedeutet nicht notwendigerweise, daß du ihn auch kennst.«
»Nein, klar. Aber an den Fall, an den erinnerst du dich?«
»Natürlich. Es war nichts Außergewöhnliches daran. Ein zu
hundert Prozent durchschnittlicher norwegischer Mord aus
Eifersucht.«
»Hundert Prozent? Und was ist mit den Fotos, die dem Gericht
vorgelegt wurden?«
»Die Fotos von Frau Finstad? Was soll damit sein? Statt sie
auf frischer Tat zu ertappen, fand er Fotos von ihnen. Das
Reaktionsschema war dasselbe.«
»Fotos von Solbakken und Frau Finstad, zusammen?«
»Nein!« Er stand auf und ging zum Schreibtisch. »Solbakken
hat die Fotos gemacht. Von ihr.«
Er schloß eine Schublade auf, zog sie ganz heraus und stellte
sie auf den Schreibtisch. Dann schob er die Hand in die Öffnung, in der zuvor die Schublade gewesen war, und ich hörte
das Klicken einer Tür, die dahinter geöffnet wurde. Dann kam
die Hand wieder hervor, mit einem großen, gelben Umschlag.
Etwas schwerfällig richtete er sich auf. Er ließ die Schublade
stehen, öffnete den Umschlag, nahm eine Handvoll Fotos heraus
und ging wieder zu seinem Sessel, um sich zu setzen. Dann gab
er mir die Fotos, eines nach dem anderen.
Die Beschreibung war soweit korrekt. Solbakken war nicht auf
einem einzigen Bild zu sehen. Nichts verriet, daß es sein Finger
gewesen war, der den Auslöser bedient hatte. Aud Finstad
hingegen befand sich durchaus in Reichweite für Finger und
andere Körperteile.
Die Bilder waren in einem Schlafzimmer aufgenommen, vor
einem großen Bett, aber Aud Finstad befand sich selten darauf.
Die bevorzugte Stellung war eine, in der sie stand und sich weit
nach vorn zu den Bettpfosten beugte, die Beine weit gespreizt
und den Hintern dem Fotografen zugewandt, während sie ihren
Kopf leicht drehte und ihn ansah; der Blick verschleiert, aber
kaum vor Geilheit. Auf einem anderen Bild war sie von vorn
aufgenommen. Vielleicht war das die einzige Möglichkeit, ihre
Brüste hervorzuheben, denn auf einem anderen Bild, wo sie auf
dem Boden vor dem Bett saß wie an einem Badestrand, wirkten
sie nicht viel größer als zwei Mückenstiche, und auf dem
einzigen Bild, das im Bett aufgenommen war, lag sie auf dem
Rücken, flachbrüstig wie ein Junge, aber die Beine so weit
gespreizt, daß nicht für eine Sekunde ein Zweifel darüber
bestand, welchem Geschlecht sie angehörte.
Sie war viel zu dünn. Die Schenkel waren nicht viel kräftiger
als meine Unterarme, der Po wie zwei geballte Fäuste, und man
konnte ihre Rippen zählen. Ihre Scham war wie ein gerupfter
Krammetsvogel, mit einer offenen Flanke, aus der man die
Innereien herausgenommen hatte.
Die ganze Serie hatte etwas Kaltes und Unerotisches. Sie war
genau so, wie sie es mir vor ein paar Stunden beschrieben hatte:
Steh so, sieh hierher, öffne den Mund, denk an was Schönes …
Sie war eine Holzpuppe, die der Mann hinter der Kamera
aufgestellt und zurechtgebogen hatte für die verschiedenen
Stellungen, ohne einen Blick in ihre Augen zu werfen.
Wenn das hier Beispiele für Pål Helge Solbakkens Fotokunst
waren, dann war uns bei seinem plötzlichen Fortgang jedenfalls
kein Meisterfotograf verlorengegangen.
»Hätte es dir gefallen, deine Frau auf solchen

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