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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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gewöhnst du dich
auch gleich an den Wagen.«
Es war ein dunkelroter, flachstirniger Toyota Corolla GLI mit
dem Logo der Zeitung in vergrößerten Buchstaben an beiden
Flanken. Diskretion war eben noch nie das gewesen, was in
seinem Geschäft zwischen den Zeilen am schwersten wog.
Ich schob den Sitz ein Stück nach hinten und verstellte den
Spiegel etwas. Abgesehen davon, daß es ein moderneres Modell
war, ähnelte es meiner eigenen, weit volksnaheren Ausgabe von
1984 doch sehr. Nach hundert Metern hatte ich mich eingefahren.
Ich fuhr hinauf nach Tåsen und folgte dem Ringvei nach Fornebu, während ich Ove Haugland das meiste von den Besuchen
bei Aud Finstad und Asbjørn Hellesø erzählte.
Als ich Ove Haugland abgesetzt hatte, beugte er sich ins Auto
hinein und sagte: »Du mußt mich am Dienstag anrufen und
erzählen, was Finstad gesagt hat.«
»Dienstag bin ich, wenn alles gutgeht, in Stockholm.«
»Scheiße, stimmt ja. Und wann bist du wieder da?«
»Was mache ich mit dem Wagen?«
»Park ihn vor meinem Block – da ist ein Platz reserviert mit
der Autonummer drauf. Den Schlüssel kannst du an der Rezeption bei der Zeitung abgeben.«
»Guten Flug nach Brüssel. Und melde uns nicht zu früh an.«
»Zieh deine Jalousien hoch, und sieh nach, wo du bist, Varg.«
»Auf dem Parkplatz vor dem kleinsten Hauptflugplatz der
Welt, wenn du von Ulan Bator absiehst. Und viel größer sollte
er auch nicht werden.«
»Denk dran: Wem Gott will rechte Gunst er …«
»Ach, den kennst du auch? Es ist also doch nicht alles PLAYTIME in deinem Kopf?«
So hätten wir endlos weitermachen können, aber er ließ Gnade
vor Recht ergehen, möglicherweise damit ich sein Auto nicht
aus reiner Wut zu Schrott fuhr, und ließ mir noch einmal das
letzte Wort.
Ich kurbelte mich vom Parkplatz und bewegte mich wieder in
Richtung Stadt. Der Wagen schwebte wie ein Schnäpper die
Verkehrsadern entlang, eineinhalb Zentimeter über dem Asphalt
und randvoll mit Energie. Über den Vaekerøvei schlängelte ich
mich zum Hoffsjef Løvenskiolds Vei hinauf und erlaubte mir,
vor dem Tor zu Frau Sjøwolds Residenz zu parken, auch ohne
Lizenz.
Ich ging den Schotterweg durch den Garten entlang zum
Haupteingang des großen Natursteinhauses, klingelte und
wartete.
Sie öffnete nach ein paar Minuten. Sie war in Schwarz an
diesem Tag, mit einer weißen Perlenkette um den Hals und einer
Andeutung von Pfefferminzduft um die schmalen, diskret
geschminkten Lippen.
Sie sah mich mit freundlicher Herablassung an, als sei ich der
Bürobote, der mit einer Nachricht ihres Mannes aus dem
Himmel kam.
»Ja? Wie war doch gleich …?«
»Veum. Ich war bei Ihnen …«
»Ich erinnere mich. Was wollen Sie heute?«
Ich sah an ihr vorbei, ins Innere des Hauses.
»Ich habe jetzt keine Zeit«, sagte sie freundlich. »Ich habe ein
paar Freundinnen zu Besuch. Wir sitzen gemütlich bei einer
Tasse Kaffee und einem Glas Likör.«
»Tja, ich werde Sie nicht lange aufhalten. Eigentlich habe ich
nur eine Frage, Frau Sjøwold. Warum haben Sie mir erzählt,
Ihre Tochter sei tot?«
Es war, als fiele ein dünner Vorhang vor ihren Augen herab.
»Merete? – Aber das ist sie doch.«
»Wirklich?«
Sie antwortete nicht, blinzelte nur, mit den Augen, als dächte
sie eigentlich an etwas ganz anderes.
»Sie wissen, daß es nicht wahr ist, Frau Sjøwold!«
»Aber – Sie haben doch gesehen … Ich habe Ihnen doch – die
Todesanzeige gezeigt.«
»Ihre Freundin, Aud – erinnern Sie sich an sie?«
»Ja?«
»Sie wußte nicht, daß sie tot ist.«
»Oh?« Plötzlich schien sie sich zusammenzureißen. »Für mich
ist sie tot, junger Mann!«
»Aha. Jetzt nähern wir uns der Wahrheit. Sie ist nicht tot, aber
für Sie könnte sie es ebensogut sein?«
Eine ältere Dame trat hinter uns in den Vorraum. »Snefrid?
Bist du hier? Was gibt es denn?«
»Ich komme jetzt wieder herein, Elise. Geh du nur schon vor.
Es ist nur …« Sie wischte es mit einer Handbewegung weg. Es
war nur Veum, unser Freund Veum, der, der mich immer an all
das erinnert, was ich vergessen möchte.
»Warum, Frau Sjøwold? Was ist passiert, daß Sie so endgültig
mit Ihrer Tochter gebrochen haben?«
»Und das fragen Sie noch, Veum?«
»Ja, das frage ich Sie.«
»Dann, Veum … Dann sind Sie Ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Dann kann ich Sie nicht weiter als einen erwachsenen
Menschen betrachten, und ich … Ich spreche nur mit Erwachsenen.«
Mit diesen Worten schloß sie vor meiner Nase die Tür.
Ich hätte den Fuß

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