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Behind A Mask

Behind A Mask

Titel: Behind A Mask Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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ihm. Heute weiß ich, dass ich es hätte tun müssen, nur konnte ich nicht. Etwas in mir hielt mich davon ab. Dieses Etwas war Angst. Angst vor Malwin. Angst vor seinen Gefühlen. Angst vor der Tatsache selbst. Ich wollte nicht Teil seiner sexuellen Fantasie sein und auch nicht der eines anderen Kerls. Ich verstand nicht, wie sowas hatte passieren können. Und irgendwie wollte ich es auch nicht verstehen. Ich wollte nichts damit zutun haben. Wollte nicht der Kumpel eines warmen Bruders sein.
    Im Nachhinein schäme ich mich schrecklich für mein Verhalten und meine Gedanken. Und ich schäme mich dafür, dass ich so lange brauchte, um zu begreifen, dass das nicht richtig sein konnte. Er war schließlich noch immer derselbe Mensch. Malwin. Dieselbe Persönlichkeit, nur eben mit anderen Vorlieben, einem anderen Geschmack, wenn man so will. Und als er mir dann nach Wochen der Funkstille zum Geburtstag eine kurze SMS schickte – „Alles Gute. Malwin.“ –, folgte ich der Sehnsucht nach meinem besten Freund und schlug ihm endlich vor, mal wieder zusammen wegzugehen.
    Bis heute weiß er nicht, dass ich über Alles im Bilde bin. Den damaligen Kontaktstillstand erklärten wir uns beide mit Stress und so … Ganz klar eine Lüge. Eine furchtbar schlechte noch dazu. Und obwohl ich nicht selten versuche, das Thema Homosexualität zur Sprache zu bringen, um ihn mit teils dummen Fragen oder Bemerkungen aus der Reserve zu locken, vertraut Malwin sich mir nicht an. Er blockt stets ab, statt die Chance zu nutzen. Aber wenn er genau diese Lüge braucht, um sich in unserer Freundschaft wohlzufühlen, und sich alle Mühe gibt, sein Geheimnis zu wahren, spiele ich mit. Egal wie traurig das sein mag. Solange er nichts sagt, weiß ich von nichts. Selbst wenn ich dadurch das ein oder andere Mal einen auf blind und begriffsstutzig machen muss, indem ich seine verträumten Blicke ignoriere. Es liegt an ihm, zu bestimmen, wann der richtige Moment gekommen ist, sich mir zu öffnen. Er selbst muss wissen, wann er sich mir und der Welt gegenüber outen will. Ich werde ihn nicht drängen. Vorerst zumindest. Irgendwann jedoch – wenn ich merke, dass er bereit ist, sich jedoch zu sehr vor dem Gespräch mit mir fürchtet – werde ich ihm den Schritt abnehmen und Malwin sagen, dass ich es längst weiß. Und ich werde bedingungslos zu ihm halten. Zu meinem liebsten Freund, dem wichtigsten Mensch in meinem Leben.

Autorenkommentar

    Der Anstoß für dieses kleine Kurzgeschichtenband kam aufgrund der aktuellen Weltgeschehnisse. Zwar gibt es immer irgendwelche Meldungen zum Thema Homosexualität, aber derzeit scheinen sich die Ereignisse zu häufen: Streiks gegen zugelassene „Homo-Ehen“, neue „Anti-Propaganda-Gesetze“, unzählige Selbstmorde verzweifelter Homosexueller, …
    Innerhalb kürzester Zeit – es handelt sich tatsächlich um nicht einmal zwei Wochen – habe ich folgende Aussagen gehört:
    „In Frankreich werden Lesben und Schwule ja schon als normal angesehen. Armes Frankreich!“
    „Die schämen sich ja nicht mal mehr, sondern zeigen sich öffentlich!“
    „Alle Schwulen sind pädophil! So fängt das ja überhaupt erst an!“
    Und diese Liste könnte ich sogar noch fortführen.
    Bei jeder dieser widerwärtigen Aussagen krümmte sich alles in mir zusammen, dabei bin ich nicht einmal homosexuell. Allerdings gehöre natürlich auch ich – als Rollstuhlfahrerin – zu einer Art Randgruppe. Ich muss mir selbst vieles gefallen lassen. Blicke, Sprüche und mehr. Vielleicht regiere ich deshalb so auf diese menschenverachtenden Abartigkeiten? Ich weiß es nicht. Jedenfalls, ich kam nicht umhin, mir vorzustellen, wie ein/eine Homo- oder Bisexuelle/r vor dem Fernseher sitzt und sich die oben genannten Zitate antun muss. Quasi über sich selbst. Und mir wurde wirklich übel.
    Die Gefühle und Gedanken der „Betroffenen“ sind sicherlich nicht in Worte zu fassen und ich möchte auch nicht behaupten, dass mir dies gelungen ist. Ebenso will ich nicht sagen, dass ich hiermit die Welt verbessere oder ähnliches. Ich hatte einfach den Drang, diese Kurzgeschichten aufzuschreiben.

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