Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
waren, dachte er für sich, daß Bahar wahrscheinlich die beste Ansprechpartnerin sein würde. Wenn die beiden sich wirklich so gut verstanden hatten, mußten sie auch darüber gesprochen haben. Während er an Bahar dachte, schien sich der Rhythmus seines Herzens zu verdoppeln. Es hatte heute die ganze Zeit so lustlos geschlagen; er hatte gedankenversunken dagesessen und sich nur widerwillig am Gelächter der anderen beteiligt.
»Laßt uns die Migros-Prinzessin fragen«, sagte Harun. »Die wollten wir uns heute sowieso vornehmen.« Seit ihr Vater und Tahsin sich eingeschaltet und Ayşen aus den Fängen der Mordkommission befreit hatten, wurde sie von den Beamten so genannt. »Ich bin ja besonders auf dieses Mädchenwohnheim gespannt, wo sie untergebracht war.«
Gänzlich unbegründet war Haruns Neugier nicht, da das private Mädchenwohnheim den Namen
Ideal
trug. Wieder einmal brachen die Männer im Raum in kollektives Gelächter aus.
Cevdet platzte herein und warf einen leeren Stuhl um. Er hatte eine Fotografie mitgebracht. Behzat Ç drückte auf die Play-Taste des VCD-Spielers und rückte näher an den Bildschirm. Sie betrachteten erneut die Aufnahmen.
»Mal sehen, ob er auf dem Foto gut aussieht.«
Auch die anderen näherten sich dem Monitor. Harun blickte auf das Bild und sagte: »Irgendwoher kenne ich den.«
Alle drehten sich zu ihm um.
»Woher?«
»Kann ich nicht sagen.«
Behzat Ç ließ die Aufnahmen ein weiteres Mal laufen. In der riesigen Bar befanden sich vielleicht dreißig Personen.
»Warum war es dort so leer?«
»Weil es die Nacht nach Neujahr war.«
Auf der ersten Videostrecke war Betül zu sehen, wie sie selbstvergessen tanzte.
»Sie kann gut tanzen. Hat einen eigenen Stil. Ob sie wohl viel getrunken hat?«, fragte Harun.
»Das wird die Obduktion klären.«
Die Kamera wechselte von Hand zu Hand. Die Aufnahmen waren einen Moment lang verwackelt und kehrten dann zur Tanzfläche zurück. Behzat Ç spulte ein paar Frames zurück. Während der eine Voyeur die Kamera an den anderen weiterreichte, war kurz die Theke zu sehen, wenn auch schief aufgenommen. Er gab Harun die Fernbedienung und sagte: »Halt das Bild genau da an.«
Harun gehorchte.
»Wer ist der Mann mit den Stiefeln dort an der Theke?«
Als niemand sich zu Wort meldete, beantwortete Behzat Ç seine eigene Frage: »Yavuz. Es sei denn, jemand anderes hätte in der Nacht die gleichen Stiefel getragen. Und wäre genauso kräftig gebaut. Wissen wir, wann die Aufnahmen gemacht wurden?«
»Vor zwölf Uhr nachts. Es gibt auch noch eine Strecke, die genau um Viertel vor eins aufgenommen wurde. Das haben sie wohl aus Versehen gefilmt; man sieht den Rücken eines Mannes an der Bar und den Gang, der nach hinten führt. Vermutlich ist es wieder Yavuz. Aber jemand hat sich zu ihm gesellt.«
»Warum saß Yavuz an der Theke und nicht mit den anderen am Tisch?«
»Es gibt überhaupt keine Tische in der Bar. Es ist eine Hardrockkneipe, da mußt du dein Getränk im Stehen trinken und dabei tanzen.«
Behzat Ç schüttelte verwundert den Kopf.
»Versteh einer diese jungen Leute…«
Es blieb unklar, ob sich das auf das Ausgehverhalten der heutigen Jugend bezog oder ein allgemeiner Stoßseufzer war. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt und schien sehr nachdenklich. Nur Eda konnte sich ungefähr vorstellen, worüber er sich so den Kopf zerbrach.
»Geht es Ihnen gut, Herr Hauptkommissar?«, fragte sie.
Er haßte diese Frage.
»Red nicht so’n Quatsch. Weiter mit dem nächsten Clip.«
Der zweite Clip konzentrierte sich auf eine junge Frau, die vor der Theke tanzte. Das Objektiv zoomte auf die Beine der Frau, die einen Minirock trug.
»Das sind echt so richtige Spanner.«
Die Männer im Raum schmunzelten und kicherten. Im Bildhintergrund sah man einen Mann an Betül herantreten.
»Stop. Genau hier.«
Er hielt das Foto, das Cevdet hereingebracht hatte, neben den Bildschirm.
»Und? Ähnlichkeit?«
»Auf dem Foto sieht er besser aus.«
»Klar, das ist ja auch durch die Bildbearbeitung gegangen. Dieser Mann befand sich nicht unter denen, die in der Tatnacht vor der Bar warten mußten, oder?«
Harun blätterte durch die Ausweiskopien, die sie in der Nacht angefertigt hatten.
»Nein.«
»Es sei denn, er ist euch durch die Lappen gegangen.«
Nachdem der Mann Betül etwas ins Ohr geflüstert hatte, entfernte sie sich von ihm. Gegen Ende der Videostrecke schwenkte die Kamera, und der Monitor füllte sich mit verschwommenen Bildern, die
Weitere Kostenlose Bücher