Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
gestern seine Akte bekommen.«
»Was hatte der mit Betül zu tun?«
»Keine Ahnung. Aber sie hat ihm eine SMS geschickt: ›Bin auf der Terrasse. Warte auf dich.‹ Auf den Videoaufnahmen sieht man, wie er reinkommt und Betül etwas ins Ohr flüstert oder schreit. Danach sind sie wohl zusammen auf die Terrasse gegangen. Wenn wir etwas über den Halter der gefundenen Waffe erfahren, klärt sich das vielleicht auf.«
Behzat Ç stand auf und trat vor die Haustür. Er holte Muhsin Süvaris Foto aus der Jackentasche und hielt es ihm hin. Das Phantom nahm es schweigend entgegen.
»Ich hab aber noch eine Aufgabe für dich.«
»Das freut mich außerordentlich.«
»Warte, das ist wirklich wichtig. Du mußt in Erfahrung bringen, in welchen Sexshop Vahap Hoca gegangen ist.«
»Weißt du, wie viele Sexshops es in Ankara gibt?«
»Nein, weißt du es?«
»Ja. Genau deshalb hab ich dich gefragt.«
Er betrachtete die Spuren am Türrahmen.
»Ist eingebrochen worden?«
»Nein, Harun hat die Tür aufgebrochen, als er die Leiche sah.»
»Pappnase.«
Er zerquetschte die Zigarette unter seiner Sohle.
»Wie habt ihr die Leiche entdeckt?«
»Das Schlafzimmerfenster kann man vom Kohlenschuppen aus einsehen. Der Vorhang war auf.«
»Mach du dich auf den Weg. Wir kümmern uns um den Herrn Nachbarn.«
Das Phantom schlängelte sich in Richtung Haustür. Als Behzat Ç ihm hinterherrief, er solle vorsichtig sein, drehte er sich um und lachte.
Er schaute sich die mittlerweile abgehängte Leiche an. Der Körper mit den gerade erst wachsenden Brüsten hatte weder einem Kind noch einer Frau gehört, ein Fall fürs Fegefeuer.
»Hast du ein Aspirin?«
Sıtkı war gerade damit beschäftigt, dem Mädchen einen Fingernagel abzuschneiden und in eine Plastiktüte zu tun. Danach kramte er eine Weile am Boden seiner Tasche herum, bevor er ein Aspirin hervorholte.
«Wasser hab ich nicht. Mußt du dir aus der Küche holen.«
Er kaute das Aspirin, ohne sich an der Bitterkeit zu stören, die sich in seinem Mund ausbreitete. Das Mädchen hatte Hämatome am Hals. Ihre Locken waren über ihre Ohren gefallen.
»Du bist heute ganz schön geladen«, sagte Sıtkı.
»Nimm’s mir nicht übel. Ist das ballistische Gutachten eigentlich noch nicht fertig?«
»Recep hat gesagt, es würde Montag kommen.«
»Der Obduktionsbericht?«
»Wahrscheinlich auch Montag.«
»Das sind noch drei Tage.«
»Die Schriftprobe aus dem Brief ist untersucht worden.«
»Ergebnis?«
»Betüls. Mit annähernder Sicherheit. Überrascht dich das?«
»Wir hatten die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß jemand anderes den Wisch geschrieben hat.«
Sıtkı näherte sich dem Bett.
»Nee, hat sie selber geschrieben. Und sich dann umgebracht, würde ich sagen.«
Er griff das Geld auf der Matratze mit einer Pinzette und packte es ebenfalls in eine Plastiktüte.
»Wir müssen uns mal langsam auf die Mordfälle konzentrieren, die wir vor der Nase haben.«
»Warum hat jemand Geld zurückgelassen, das mittlerweile entwertet wurde?«
»Was weiß ich.«
Er trat auf die Straße. Auf den Autos lag ein Fingerbreit Neuschnee, auf der Straße zwei Fingerbreit Matsch. Durch die Pfützen hüpfend erreichte er den Dienstwagen. Seine frisch gewaschene Cordhose war versaut. Durch den Innenspiegel beobachtete er den Vater, wie er hilflos zwischen den beiden Beamten stand, die seine Arme festhielten.
Er suchte den Ärztlichen Dienst der Universität von Ankara auf. Dort war es lange nicht so voll, wie er erwartet hatte. Nur vereinzelt saßen Studenten im Wartebereich. In der psychiatrischen Abteilung fand er das Zimmer von Dr. Sevim Kaya, die Betül beraten hatte, und klopfte an. Es kam keine Antwort. Endlich öffnete eine mißgelaunte Krankenschwester die Tür.
»Ja bitte?«
»Ich hätte gern mit Frau Dr. Kaya gesprochen.«
»Sie ist im Gespräch.«
Prompt war die Tür wieder zu. Eine junge Frau in seiner Nähe sagte: »Die sind selber krank.«
Sie wippte aufgeregt mit ihrem rechten Fuß und musterte Behzat Ç von Kopf bis Fuß. Ein seltsamer, aber freundlicher Blick. Er wandte sich zu ihr und fragte: »Wie lange dauert so etwas?«
Die Frau schob ihre Unterlippe vor und zuckte mit den Schultern.
»Schwer zu sagen…«
Er begann, vor der Tür auf und ab zu gehen. Die bis auf halbe Höhe grau gestrichenen Wände und der in jede Ecke gekrochene Geruch von Reinigungsmitteln konnten einen traurig machen. Er fragte sich, ob Berna ebenfalls in einer solchen Einrichtung
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