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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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Kragen hoch.
    »Genau der«, sagte Osman.
    »Langsam und ohne Licht«, wies Behzat Ç an. »Den holen wir uns an der Straßenecke.«
    Harun ließ den Motor an und setzte den Wagen leise in Bewegung. Es war weit und breit kein Geräusch zu vernehmen bis auf das satte, regelmäßige Knarren der Winterreifen im Schnee. An der Straßenecke gab Harun plötzlich Gas und schlitterte vor den jungen Mann. Alle drei Beamten rissen ihre Türen auf.
    »Stehenbleiben, Polizei!«
    »Was soll das denn?«
    Während Osman seine Dienstmarke vorzeigte, drückte Harun den jungen Mann gegen den Wagen, und als der sich aus dem Griff befreien wollte, drehte er ihm den Arm um und verpaßte ihm gleichzeitig mit der freien Hand einen Schlag gegen den Kopf. Er riß ihm die Beine auseinander und klopfte ihn mit groben Griffen nach Waffen ab. Dann übergab er ihn Osman, dem Grandseigneur der BTM-Leibesvisitation, der im Handumdrehen die Pillen in der Jackeninnentasche fand.
    »Was hast du dazu zu sagen, Alp?«
    Alp schwieg. In seinen Augen stand weniger Angst, als vielmehr eine verlotterte Indifferenz, die aus dem wiederholten Durchleben von Situationen wie dieser erwachsen war.
    »Dann komm mal mit, wir machen eine kleine Stadttour.«
    Behzat Ç verstaute Alp auf der Rückbank, wobei er seine Hand schützend vor den Kopf des Mannes hielt, damit er nicht gegen das Auto knallte. Harun verriegelte die Türen und warf die Scheinwerfer an. Jetzt wurden die feinen, kristallinen Flocken sichtbar, die auf sie herabschwebten. Osman spielte mit den Pillen in seiner Hand.
    »Von wem hast du die bekommen?«
    »Das sind nicht meine. Die hast du in meine Tasche gesteckt.«
    »Werd nicht frech, Wichser!«
    »Ich hab damit aufgehört. Ich bin noch in Therapie, unter ärztlicher Beobachtung.«
    »Mir kommen die Tränen. Wenn du selber keine Pillen mehr schluckst, umso schlimmer. Dann heißt das doch, daß du jetzt mit diesen hier Handel treibst, nicht wahr?«
    »Hört doch auf damit, das ist ein absurder Vorwurf.«
    »Du hältst dich ganz gut. Aber deinen Arsch retten wirst du mit dieser Show nicht.«
    Harun fuhr von der Kreuzung beim Schwanenbecken in Richtung Cinnahstraße. Der Wagen nahm die Steigung mühelos.
    »Wo fahren Sie mich hin?«
    Niemand gab ihm Antwort. Alp spürte am Verhalten der Polizisten, daß irgend etwas anders war als bei gewöhnlichen Verhaftungen. Deshalb fragte er noch einmal, wo sie ihn hinbrächten.
    »Nerv nicht rum«, herrschte Harun ihn an.
    Niemand sprach, während das Auto mit hoher Geschwindigkeit durch die Stadt brauste. Behzat Ç hätte Harun gern gesagt, er solle etwas langsamer fahren, aber er wollte die Totenstille nicht unterbrechen. Harun fuhr in eine abgelegene, schlecht beleuchtete Ecke des nach einem verstorbenen Rocksänger benannten Barış-Manço-Parks und schaltete alle Scheinwerfer aus. Um diese Zeit war hier keine Menschenseele anzutreffen. Die Finsternis wurde nur kurz erhellt, als Behzat Ç sich eine 216 anzündete.
    »Darf ich mir bitte auch eine Zigarette anzünden?«
    Wieder bekam er keine Antwort. Als Behzat Ç seine Zigarette zur Hälfte geraucht hatte, fragte Harun: »Kennst du eine Berna?«
    Alp kniff seine Augen ein wenig zusammen und fragte zurück: »Warum sollte das euch interessieren?«
    »Beantworte meine Fragen. Kennst du eine Berna?«
    »Ja.«
    »Wie gut kennst du sie?«
    »Ziemlich gut. Wir gehen zusammen zur Uni, außerdem ist sie…«
    »Ist sie was?«
    »Meine Freundin. Also, meine Exfreundin. Wir haben uns getrennt.«
    »Warum habt ihr euch getrennt?«
    Nach einem kurzen Schweigen wiederholte Harun: »Warum ihr euch getrennt habt, Bursche.«
    »Das ist meine Privatangelegenheit.«
    »Vor der Polizei gibt es keine Privatangelegenheiten. Hast du ihr was angetan? Hast du sie drogensüchtig gemacht?«
    »Nein, sie hat nie Pillen genommen. Sie wurde von mir schwanger. Sie wollte nicht abtreiben. Ich hab ihr gesagt, ich fühle mich noch nicht bereit für ein Kind. Dann haben wir eine Abtreibung machen lassen, und danach haben wir uns zerstritten. Ich muß wohl nervlich durch gewesen sein, ich hab sie, glaub ich, geohrfeigt oder so. Weiß nicht mehr genau.«
    Eine bedrohliche Stille lag in der Luft. Alp schaute die Beamten an, als erwarte er Bestätigung für die Richtigkeit seiner Aussage; er versuchte, ihr Schweigen zu deuten. Behzat Ç hatte das von einer mit Militärkapital gegründeten Elektronikfirma robust gefertigte Funkgerät in seiner Hand so fest zusammengepreßt, daß sich eigentlich

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