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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emrah Serbes
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spitzen Reißzähne der Gepardin bereits in ihren Hals eingedrungen waren. Da er den Rest der Geschichte zur Genüge kannte, ging er die Tür öffnen. Auf der Schwelle stand ein leerer Eimer. Gülsün wischte die Treppe.
    »Können Sie mir vielleicht den Eimer da vollmachen?«
    Er nahm den aus einem Vileda-Set stammenden Eimer und machte sich auf den Weg zum Bad. Er stellte den Eimer ins Waschbecken und drehte den Wasserhahn bis zum Anschlag auf. Aus einer undichten Stelle des kurzen Plastikschlauchs, der am Hahn befestigt war, spritzte Wasser. Er drehte den Hahn ein wenig zurück, um nicht naßgespritzt zu werden. Zum Geräusch des Wassers, das in den Eimer prasselte, gesellte sich das Gurgeln der Klospülung seiner Nachbarn von oben. Manchmal weckte ihn dieses Geräusch auch mitten in der Nacht. Er haßte dann seine Nachbarn, da Schlaf für ihn umso wertvoller war, je weniger er davon bekam. Aber andererseits beruhigte es ihn, zu einer Nachtstunde, in der alles hätte passieren können, jemanden die Klospülung betätigen zu hören. Es war immerhin ein Lebenszeichen, das einem versicherte, in einer Gemeinschaft zu leben, die Bestandteil der natürlichen Ordnung ist. Die Nachbarn von oben waren sofort da, um bei ihm zu klingeln, wenn sich auch nur das geringste Vorkommnis ereignete, und schienen sich sehr geborgen zu fühlen in dem Wissen, daß unter ihnen ein Hauptkommissar wohnte. Er selbst war zufrieden damit, etwas vom Dasein der Menschen in seiner Umgebung mitzubekommen. Seine Erwartungen an den bevorstehenden Abend hatten ihn in eine romantische Stimmung versetzt, doch zwischendurch fragte er sich, was er machen sollte, falls der Bankautomat, von dem er Geld ziehen wollte, außer Betrieb war. Bis er einen anderen gefunden hatte, könnte er schon zu spät zu seiner Verabredung sein. Als er den Entschluß gefaßt hatte, eine Viertelstunde früher aus dem Haus zu gehen, war der Eimer bereits übergeschwappt und der Saum seiner Trainingshose naß geworden.
    Er schüttete ein wenig Wasser aus dem Eimer. Dann trug er ihn vorsichtig bis zur Tür und stellte ihn im Flur ab.
    »Bitte schön, Gülsüm.«
    Die Frau blickte ihn strafend an. Er überlegte, was geschehen war und bemühte sich sogar, Empathie mit ihr aufzubauen, indem er sich sagte, er wäre wahrscheinlich auch genervt, wenn er an einem Sonntag das gesamte Treppenhaus wischen müßte. Aber seine Versuche waren vergeblich. Gülsün nahm den Eimer und sagte: »Danke schön, Nevzat Bey«.
    Sie drehte ihm den Rücken zu und er verstand. »Ach, entschuldige«, wollte er noch sagen, doch sie war schon längst weg. Mit einer Hand auf der Türklinke rief er ihr »Gülsün, Gülsün« hinterher, ohne eine Antwort zu bekommen.
    Nichts war schwieriger auszubügeln als eine Verletzung, die durch Unachtsamkeit entstanden war. War es einmal geschehen, verloren sämtliche Entschuldigungen ihre Gültigkeit und Verletzte wie Verletzende blieben so gottverlassen zurück wie uneheliche Bälger. So war es auch mit Berna gewesen. War ein gewisser Punkt erst einmal überschritten, gab es kaum noch ein Zurück.
Laß das, soll sie doch der Teufel holen. Sag so etwas nicht
.
    »Gülsün, Gülsün«, schallte seine Stimme durch das Treppenhaus. Als würde sich sein Streit mit Berna auflösen, wenn nur Gülsün zu ihm zurückkehren würde. Das tat sie aber nicht.
    Stattdessen vernahm er die Stimme von Kamber, der mit raschen Schritten die Treppe hocheilte: »Ja mein Herr, ist etwas?«
    »Also ’tschuldigung, ich hab deine Frau schon wieder Gülsüm genannt.«
    »Na und?«
    »Hör mal, es tut mir Leid. Sag ihr bitte…«
    »Ach was, mein Herr, ist doch egal, ob Gülsüm oder Gülsün. Bei dem Gesicht, das sie andauernd zieht.«
    »Ich tue das nicht absichtlich.«
    »Selbst wenn. Daß du dir um sowas Gedanken machst. Ich werd ihr mal ordentlich die Ohren langziehen, sie macht in den letzten Tagen sowieso solche Fisimatenten.«
    »Bloß nicht!«
    Kamber zwirbelte seinen Schnurrbart und wechselte das Thema: »Letztens haben wir dich im Fernsehen gesehen. Herzlichen Glückwunsch. Da war wohl ein Lehrer oder sowas erschossen worden, und ihr habt den Täter ruck zuck gefaßt.«
    »Wir haben ihn nicht gefaßt. Er hat sich selbst gestellt.«
    »Hör doch auf mit der Bescheidenheit. Die haben sogar im Fernsehen gesagt, er wäre infolge eines erfolgreichen Polizeieinsatzes gefaßt worden. Genau in dem Moment haben die dich gezeigt, wie du mit dem Funkgerät in der Hand durchs Bild rennst. Wir

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