Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
haben wir in seiner Tasche gefunden. Yunus hat mir doch erzählt, daß sie in Bernas Zimmer diese Pillen gefunden haben.«
»Seit wann hörst du denn auf das, was Yunus sagt? Auf diesen Taugenichts? Berna hat dem Jungen die Pillen abgenommen und versteckt, damit er nicht wieder damit anfängt.«
»So haben sie mir das aber nicht erzählt.«
»Die haben doch keine Ahnung. Warum sprichst du denn nicht selbst mit Berna?«
»Ich ruf sie ja andauernd an, aber sie geht nicht ran…«
Şevket lehnte sich zurück und sagte: »Mach dir nichts draus. Sie ist noch jung. Sie wird jetzt zwei Tage sauer auf dich sein, dann ist schon wieder alles vergessen und ihr versöhnt euch. Aber genug davon. Wir haben einen Käufer für das Haus gefunden.«
»Fang nicht schon wieder damit an.«
»Es wird ernst.«
»Und wo soll Mutter wohnen?«
»Ich sag ja nicht, daß wir die Verkaufseinnahmen verjubeln sollen. Wir kaufen davon eine neue Eigentumswohnung. Ich leg noch was drauf. Ein Freund von mir, ein Grundstücksmakler, hat mir einen super Immobilientausch in Çayyolu vorgeschlagen.«
»Du willst also das Haus in Cebeci verkaufen, nur damit Mutter in die Pampa zieht?«
»Was du für die Pampa hältst, ist mittlerweile begehrtes Wohngebiet für Besserverdienende.«
»Sei mal still.«
Der Moderator vom TRT-Rundfunk kündigte an, wieder nach Kayseri ins Atatürk-Stadion rüberschalten zu wollen.
»Mutter hat schon zugestimmt. Das Haus fällt sowieso bald auseinander. Sei doch nur einmal nicht so dickköpfig.«
»Still!«
»Somit führt Kayserispor mit einem Zwei zu Null gegen Gençlerbirliği. Der linke Mittelfeldspieler…«
»Wenn du ein Quäntchen Verstand hättest, würdest du sowieso nicht diesen Gençler hinterherhängen. Guck: Zwei zu Null. Dickkopf. Nur aus Trotz gegen deinen Bruder hast du dir diesen schlappen Club ausgesucht.«
Behzat Ç stellte sich vor, wie er Şevket, der wie ein gesottener Schafskopf die Zähne bleckte, an den Füßen packte und rücklings über die Couch warf. Er wäre dann zwischen Couch und Fenster eingeklemmt und käme von alleine nicht mehr heraus. Wenn er diesen Gedanken nicht sofort unterdrückte, könnte es leicht passieren, daß er ihn kurzerhand in die Tat umsetzte. Er zwang sich, Şevket nicht mehr anzusehen und stand auf.
»Ich mach dir einen Mokka.«
»Laß das. Lenk nicht vom Thema ab.«
Er war schon in die Küche verschwunden, ohne Şevkets Antwort abzuwarten. Er gab gemahlenen Kaffee und kaltes Wasser in die Cezve. Wie ein Alptraum kam Şevket hinterher und ließ nicht locker.
»Mensch, du hast dich ja rasiert und etwas Form in deine Visage gebracht. Und auf dem Bett liegt Ausgehkleidung. Hast du etwa ein Rendezvous?«
»Ich koche ihn mit wenig Zucker.«
»Gern. Und? Mit wem triffst du dich?«
Während er umrührte, glitten seine Augen über das verschneite Tal von Dikmen.
»Triffst du dich mit Bahar? Wenn du willst, geb ich dir den Schlüssel unserer Zweitwohnung.«
Behzat Ç ballte die Fäuste und blieb irgendwo zwischen der Stille, die der Schnee der Tallandschaft auferlegte, und dem Tosen in seinem Inneren wie eingeklemmt stecken.
»Ist ja gut. Nicht sauer werden. Aber ich hab dir ja schon beim letzten Mal gesagt, das wird kein Zuckerschlecken. Paß auf den Kaffee auf, Junge.«
Hastig schaltete er den Gasherd aus, an dessen Rändern sich der übergekochte Mokka sammelte. Den verbliebenen Kaffee goß er in eine kleine Tasse, ohne sich zu bemühen, einen cremigen Schaum hinzubekommen. Die Tasse stellte er vor Şevket hin, der am Küchentisch Platz genommen hatte.
»Ich wollte dir sowieso noch die Ohren langziehen«, fuhr Şevket fort.
»Wieso?«
»Weil man dich mit einer von diesen Frauen gesehen hat.«
»Was für einer?«
»Na, was wohl? Einem Freudenmädchen. Sie heißt anscheinend Gönül. Du sollst sie letztens zu Hause besucht haben. Gut, du bist ein alleinstehender Mann. Ich sag ja nicht, daß du so etwas nicht tun dürftest. Aber achte doch ein bißchen auf das Niveau.«
Behzat Ç wischte mit dem Lappen, der auf der Arbeitsplatte bereitlag, die Ränder des Herdes ab. Es war noch eine Woche, bis Gülsün wiederkommen würde. Einen Augenblick lang wollte er Şevket die Kehle zudrücken. Dann blieb sein Blick an den Messern bei der Brotablage hängen.
Ein blutiger Mord, hört hört
. Der würde es sicher morgen auf die Skandalseiten der Boulevardpresse schaffen:
»Hauptkommissar Behzat Ç von der Mordkommission tötete nach einem Streit seinen Bruder
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