Bei Anbruch des Tages
dunklen Augen er damals schon den Ehr geiz gesehen hatte, das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Gespannt wartete er darauf, dass Amilcare ihm seine Bedingungen nannte.
»Ich habe nicht vor zu heiraten, bevor ich mein Studium abgeschlossen habe. Das ist eine Frage der Würde, Commendatore, und eine andere Mitgift habe ich schlieÃlich nicht zu bieten.«
»Ist das eine Bitte oder eine Feststellung?«, fragte der Padrone und setzte sich. Amilcare tat es ihm gleich.
»Sie wären nicht zufällig mit einer Wartezeit von drei Jahren einverstanden?«, fragte der junge Mann.
Jetzt war es an Crippa nachzudenken. Er kam zu dem Schluss, dass ihm Amilcares Einstellung durchaus gefiel. Aber sie war auch mit Gefahren verbunden.
»In drei Jahren kann viel passieren â¦Â«, sagte er besorgt.
»Signorina Bianca könnte es sich anders überlegen und sich einen anderen Ehemann suchen«, erwiderte Amilcare, der die junge Frau durchaus nicht nur aus Geldgründen heiraten wollte.
Der Commendatore dachte an Generoso Castelli, in den er gewisse Hoffnungen gesetzt hatte, als Bianca mit ihm nach Paris geflohen war. Später war ihm dann jedoch klar geworden, dass der junge Castelli für eine Tochter aus gutem Hause nicht zu empfehlen war. Derzeit hatte er eine Varieté-Künstlerin als Geliebte.
»Oder aber Biancas Extravaganzen führen dazu, dass du deine Meinung änderst«, erklärte Luigi Crippa.
»Das wird nicht passieren. Als wir gestritten haben, habe ich ihr deutlich gezeigt, wo die Grenzen sind. AuÃerdem möchte ich Bianca heiraten, weil ich sie so mag, wie sie ist, und nicht nur wegen ihrer Mitgift. Und bis es so weit ist, hoffe ich sehr, dass sich die Sache nicht allzu sehr herumspricht. Denn ich hasse Klatsch und Tratsch, und davon wird es später noch mehr als genug geben.«
»Ich werde Bianca über unser Gespräch informieren«, beendete der Commendatore die Unterredung.
»Und ich werde ihr schreiben und die Zeit ihres Ligurienaufenthalts zum Lernen nutzen.« Er erhob sich von seinem Stuhl.
Da stand auch der Padrone auf und gab ihm die Hand. Dieser Junge, den er hatte aufwachsen, mit anpacken und sich fürs Studium anstrengen sehen, war der Einzige, dem er diese verrückte Tochter anvertrauen würde, die ihm trotz allem sehr viel be deutete.
Noch am selben Abend schrieb Amilcare einen langen Brief an Bianca, der wie folgt begann: Ich liebe dich auch und freue mich darauf, dich sofort nach meinem Examen zu heiraten.
Bianca war zufrieden und bemühte sich, auf die Wünsche ihres Verlobten einzugehen. Drei Jahre später machte Amilcare sein Examen, und in der Woche darauf wurde Hochzeit gefeiert.
7
D ie Hochzeit fand in der Kirche San Francesco im kleinen Kreis statt. Der Trauzeuge des Bräutigams war ein Studienfreund, und der Trauzeuge der nach wie vor unberechenbaren Braut war Generoso Castelli, der es nach der Zeremonie nicht versäumte, Amilcare zuzuflüstern: »Du weiÃt schon, dass du es von nun an nicht leicht haben wirst?«
»Jetzt, da du es mir gesagt hast, werde ich versuchen, daran zu denken«, entgegnete der junge Mann ironisch.
Sie standen im Garten der Villa, wo den wenigen Gästen Erfrischungen gereicht wurden: den Eltern des Bräutigams, einigen Kommilitonen von der technischen Hochschule, den engsten Freun den Biancas und ihres Vaters sowie ein paar Vertretern der Firma.
Das Brautpaar hatte sich keine Hochzeitsgeschenke gewünscht, sondern eine Spende für die Kirche.
Nachdem die Gäste gegangen waren, rief der Commendatore das Brautpaar zu sich ins Büro, um die Firma Crippa-Armaturen im Beisein zweier Anwälte an Amilcare Cantoni zu überschreiben. Nach der damaligen Gesetzgebung hatte Bianca keinerlei Ansprüche, was dem Commendatore nur recht war, da er seinem Schwiegersohn absolut vertraute, seiner Tochter weniger. Ãberraschenderweise bestand Amilcare jedoch darauf, dass die Firma an ihn und Bianca überschrieben wurde.
»Aber nur unter der Bedingung, dass ausschlieÃlich du als neuer Firmenbesitzer auftrittst«, verlangte der Schwiegervater.
Als das Brautpaar endlich allein war, fragte Bianca ihren Mann: »Bist du glücklich?«
»Ja, sehr. Und du?«
»Jetzt weià ich endlich, was Glück ist.«
Amilcare sah sie zärtlich an.
»Du bist müde, ruh dich aus.«
»Und du?«, fragte sie.
»Ich muss mich erst noch an die
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