Bei Anbruch des Tages
Vorstellung gewöhnen, in solchem Luxus zu leben. Und das ist gar nicht so leicht â¦Â«
»Wie meinst du das?«, fragte Bianca.
»Wir sind keine anderen Menschen, nur weil wir jetzt verheiratet sind.«
»Das sehe ich genauso.«
»Seit ich mein Examen habe, nennen mich eure Dienstboten Ingegnere, so wie sie deinen Vater Commendatore nennen â¦Â«
»Und was stört dich daran?«, fragte seine Frau.
»Das ist mir unangenehm.«
»Wir haben doch gemeinsam beschlossen, mit meinem Vater in der Villa zu wohnen.«
»Ich weiÃ, trotzdem â¦Â« Amilcare lächelte, strich ihr sanft über die Wange und sagte: »Gib mir bitte etwas Zeit, mich an all das zu gewöhnen. WeiÃt du, was? Wir steigen in den Wagen und fahren nach Mailand. In der Via Manzoni gibt es ein wunderschönes Hotel.«
»Du meinst das De Milan? «
»Ja. Dort werden wir unsere erste gemeinsame Nacht verbringen.«
»Dann hätten wir doch auch eine Hochzeitsreise machen können«, wandte sie ein.
»Dafür habe ich noch nicht genug Geld, aber ein Zimmer im Grandhotel kann ich mir leisten. Ich möchte meiner Königin eine fantastische Nacht schenken.«
»Danke, mein Schatz«, flüsterte sie und umarmte ihn.
Sie war schön, froh und glücklich. Und so würde Amilcare sie in den darauffolgenden Jahren in Erinnerung behalten. Er hatte begriffen, dass Bianca einfach nur geliebt werden wollte, und er liebte sie sehr und würde sie immer beschützen.
Villanova
1
S o kam es, dass die Cantonis in der Firma auf die Crippas gefolgt sind. Es gibt Momente, in denen Bianca in ihrer geistigen Umnachtung glaubt, sie wäre um das Unternehmen betrogen worden. Aber das stimmt natürlich nicht. Mein Schwiegervater hat seine Frau geliebt und tut es bis heute. Daher verteidigt er sie, auch wenn er schon alt und müde ist«, sagte Celina zu Léonie.
Léonies Schwiegermutter hatte genüsslich von ihrem Lieblings käse gekostet und dazu ein Glas Sekt getrunken. In dem groÃen, vom Herdfeuer erhellten Raum hatte Biancas Geschichte Léonie so richtig gefesselt. Sie hatte es sich zu FüÃen ihrer Schwiegermutter auf einem Kissen gemütlich gemacht und wartete, dass sie weitererzählte.
»Meiner Meinung nach hat es nicht einmal Amilcare geschafft, den Charakter seiner Frau vollständig zu ergründen. In ihrer Aufrichtigkeit kann sie ziemlich verletzend sein. Als ich das Haus zum ersten Mal als Verlobte meines Mannes betreten habe, hat sie mich beiseitegenommen und gefragt: âºHast du meinen Sohn bereits glücklich gemacht? Du weiÃt genau, was ich meine.â¹ Ich bin erst rot und dann bleich geworden, doch sie hat nur den Kopf geschüttelt und gemurmelt: âºWir Frauen sollen jeder Versuchung widerstehen. Und trotzdem heiÃt es, wir seien das schwache Geschlecht. Dabei sind die Männer viel schwächer!â¹Â«
»Und während ihrer Ehe? Was ist dann passiert?«
»Das möchte ich dir noch nicht erzählen. Wieso legen wir nicht eine kleine Pause ein, und du redest zur Abwechslung mal von dir?«, schlug Celina vor.
»Einverstanden. Ich frage mich, ob es möglich wäre, dass ich in der Fabrik ein wenig mitarbeite. Als ich eben gehört habe, dass Bianca ihren Vater ins Büro begleitet hat, hat mich das ermutigt. Was hältst du davon?«
Celina hatte bereits gemerkt, dass ihre Schwiegertochter sich nach einer sinnvollen Beschäftigung sehnte.
»Ich werde mit meinem Mann darüber sprechen. Und du sprichst mit deinem darüber.«
In diesem Moment betrat Nesto diskret den Raum und verkündete: »Entschuldigen Sie bitte, aber Signora Bianca geht es nicht gut. Dottor Guido hat den Arzt gerufen, er müsste jeden Moment hier sein.«
»Hilf mir beim Aufstehen. Ich gehe zu ihr«, sagte Celina zu ihrer Schwiegertochter.
»Ich komme mit«, schlug Léonie vor. »Natürlich nur, wenn ich darf.« Sie hatte inzwischen ein ganz schlechtes Gewissen, dass sie Bianca nicht doch erneut ihre Hilfe angeboten hatte.
Gemeinsam eilten die Frauen durch den Mittelbau der Villa und dann durch den Flur des Westflügels, wo sie zwei Dienstboten begegneten, die aus Biancas Zimmer kamen.
»Wie geht es meiner Schwiegermutter?«, fragte Celina.
Die beiden schüttelten nur den Kopf. In dem Moment trat Guido aus dem Zimmer seiner GroÃmutter und sagte: »Der Arzt ist da ⦠Er
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