Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sveva Casati Modignani
Vom Netzwerk:
weißt du auch. Ich benehme mich albern … entschuldige!«
    Es würde weitere Geschäftsreisen geben, weitere Abwesenheiten, und sie musste lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. »Ich bin noch in der Eingewöhnungsphase. Gib mir Zeit, bis ich weiß, womit ich mich beschäftigen will. Ich werde die Minuten und Stunden zählen, bis du wieder da bist.«
    Sie kehrte in die Küche zurück. Sie hatte keinen Hunger, stand einfach nur da und fragte sich, womit sie ihrem Leben einen Sinn geben sollte.
    Â»Ich mach mir eine Zabaione!«, sagte sie schließlich zu sich selbst.
    Sie stellte zwei Eier, Zucker, eine Flasche Marsala und eine Schüssel auf den Tisch und musste an ihre Tante denken, die ihr schon vor Jahren gesagt hatte: »Wenn du deprimiert bist, mach dir eine Zabaione! Das tröstet jeden.«
    Sie trennte Eigelb und Eiweiß, gab das Eigelb in die Schüssel, fügte zwei Esslöffel Zucker und eine winzige Prise Salz hinzu und schlug alles mit dem Schneebesen zu einem hellen Schaum auf, den sie mit einem Glas Marsala verdünnte. Sie goss die Masse in einen kleinen Topf und erhitzte sie bei kleiner Flamme im Wasser bad. Dann rührte sie, bis die Masse immer fester und schaumiger wurde. Hin und wieder überprüfte sie die Konsistenz mit einem Löffel. Sie machte den Herd aus, goss die Zabaione in eine Tasse, wartete, bis sie lauwarm war, und ging dann zum Fenster. Sie sah in den dunkel werdenden Junihimmel und führte die Tasse an die Lippen, nahm einen Schluck von dieser himmlischen Süßspeise und spürte etwas, das sie wiedererkannte, weil sie es vor vielen Jahren schon einmal gespürt hatte. Sie stellte die Tasse auf den Tisch und flüsterte: »Ich bin schwanger.«

15
    B is Mitte Juli erwähnte sie ihre Schwangerschaft nicht. Doch dann schlug Guido vor: »Komm mit mir nach Santa Margherita. Dort haben wir ein großes Haus. Meine Großeltern, meine Eltern und ein paar enge Freunde werden auch da sein, und ich möchte dich ihnen vorstellen.«
    Â»Nein.«
    Â»Warum denn nicht?«, fragte er und schrieb ihre Weigerung der Angst zu, einer Familie gegenüberzutreten, die sie, ohne sie zu kennen, für unwürdig erklärt hatte.
    Sie waren abends essen gegangen, und Guido hatte sie in ein Restaurant vor den Toren der Stadt ausgeführt, das für seine Fisch spezialitäten berühmt war. Es gab nur wenige Tische, ein ausgesuchtes Publikum und schwindelerregende Preise.
    Amaranta wollte gerade etwas erwidern, als hinter ihr eine Frauenstimme jubelte: »Guido! Endlich sehen wir uns wieder!«
    Amaranta drehte sich um und sah eine sonnengebräunte, natürliche, blonde junge Frau, die trotz ihres schlichten Kleides äußerst elegant wirkte.
    Wie viele Generationen es wohl gebraucht hatte, um diesen charmanten, gebildeten Typ Frau hervorzubringen? Sie selbst würde niemals so aussehen, und neben ihr kam sie sich vor wie ein Nichts.
    Sie fragte sich, warum Guido, der der gleichen Welt angehörte wie diese Frau, ausgerechnet sie erwählt hatte.
    In dem Moment stand Guido auf, ergriff die ausgestreckte Hand der Frau und beugte sich vor, um sie auf die Wange zu küssen. Dabei sagte er: »Ciao, Bona. Wie geht es dir?«
    Â»Das siehst du doch! Ich wäre gern im Urlaub, muss aber wie du noch arbeiten.«
    Â»Kennst du Amaranta?«, fragte er und wies auf seine Begleitung, die misstrauisch von einem zum anderen sah.
    Â»Nein, obwohl ich schon viel von ihr gehört habe«, gestand Bona lächelnd.
    Â»Möchtest du dich zu uns setzen?«, fragte Guido.
    Â»Du ahnst ja nicht, wie gern ich das tun würde! Aber ich bin mit den Carminatis da, du erinnerst dich?«
    Â»Heizkessel, oder?«, fragte Guido, der den Namen der Industriel lenfamilie aus Brianza kannte. Die Carminatis hatten in der Nachkriegszeit ein Vermögen gemacht und standen kurz davor, in die magische Welt der oberen Zehntausend vorzudringen.
    Â»Genau die! Ich richte gerade ihr Haus in Pallanza ein. Echt mühsam! Die können keine Fortuny-Tapete von einer billigen Imitation unterscheiden und gucken auf jeden Cent, vor lauter Angst, betrogen zu werden. Sie sitzen dahinten und beobachten mich. Diese anstrengende Bekanntschaft will ich dir gern ersparen. Aber an einem der nächsten Abende müssen wir uns sehen, ich würde mich so gern mal wieder richtig mit dir unterhalten.«
    Bona verabschiedete sich und schenkte

Weitere Kostenlose Bücher