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Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sveva Casati Modignani
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verheiratet waren.
    Â»Hilf mir auf die Sprünge, papà! «, bat Léonie.
    Â»Wach auf, mein Schatz! So etwas nennt man Steuerhinterziehung, und das ist eine Straftat«, erklärte ihr Guido.
    Â»In unserer Firma gibt es gewisse Regeln, und die sind unantastbar, selbst wenn das bedeutet, höhere Steuern zahlen zu müssen. Natürlich könnten wir noch viel reicher sein, wenn wir uns nicht an diese Regeln hielten. Aber dann würden wir das Gesetz umgehen, uns eines Verbrechens schuldig machen. Und selbst wenn es niemals auffiele – was würde nur aus unserem Staat, wenn Steuerhinterziehung nur noch als ein Kavaliersdelikt angesehen würde? Außerdem könnte ich dann nicht mehr guten Gewissens in den Spiegel sehen. Was Tommasinis Bitte anbelangt, gibt es also nur eine Möglichkeit: seinen Vorschlag ablehnen und riskieren, einen wichtigen Kunden zu verlieren. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt«, verkündete Cavalier Cantoni.
    Schweigend setzten sie die Mahlzeit fort. Erst beim Nachtisch sagte Léonie: » Papà , ich würde gern mal mit diesem Tommasini reden, ihm dabei ins Gesicht sehen.«
    Â»Ich fürchte, du hast da recht naive Vorstellungen! Du wirst gar nicht erst bis zu ihm vordringen. Er hat ein Heer von Leuten, die ihn abschirmen. Und selbst wenn er einwilligt, wird er dir kaum sein wahres Gesicht zeigen. Warum sollte er dir gegenüber ehrlich sein?«, wandte Guido ein.
    Â»Ich würde es trotzdem gern versuchen – auf meine Art«, erwiderte Léonie, die sich eine Strategie zurechtgelegt hatte.
    Â»So kurz nach der Entbindung solltest du dich mit solchen Prob lemen noch nicht beschäftigen. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich dich nicht davon abbringen kann. Du wirst Tommasini anrufen«, sagte der Schwiegervater mit der Andeutung eines Lächelns.
    Es war Ende Februar, der Nebel und die Kälte ließen allmählich nach. Guido schlenderte durchs Haus und konnte sich nicht recht dazu durchringen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Celina verlor beim Essen jedes Maß und schleppte sich zwischen ihrem Wohnzimmer und den Zimmern der Enkel hin und her.
    Léonie ging in die Fabrik, nachdem sie am Vormittag gestillt hatte. Sie ließ sich die Verträge mit Edilcapitale vorlegen, rief im Mailänder Büro der Baufirma an und bat um einen Termin mit Dottor Ennio Tommasini.
    Sie musste lange in der Leitung warten, aber dann säuselte eine Sekretärin, dass der Dottore sie am Nachmittag in seinem Mailänder Büro empfangen werde.
    Â»Ich gehe in die Höhle des Löwen!«, verkündete Léonie, als sie das Büro ihres Schwiegervaters betrat und ihm von dem Termin erzählte.
    Â»Ich komme mit!«, sagte Renzo Cantoni.
    Â»Bitte lass mich die Sache auf meine Art regeln! Ich werde Gioacchino mitnehmen.«
    Â»Was für ein Unsinn! Das solltest du dem Kleinen wirklich ersparen …!«, warnte Renzo Cantoni. Aber sie ließ ihn gar nicht erst ausreden.
    Â» À la guerre come à la guerre! Ich habe meine eigenen Waffen und bin fest entschlossen, sie auch zu benutzen. Verliere ich, werde ich dich bitten, mein anmaßendes Verhalten zu entschuldigen«, verkündete sie. Spätestens da war ihr Schwiegervater davon überzeugt, dass sie nichts aufhalten konnte. Sie kehrte in die Villa zurück und sagte zu der Kinderfrau:
    Â»Wir brechen nach Mailand auf. Mach dich fertig und zieh Gioacchino an. Ich werde ihn mitnehmen.«
    Die Mailänder Büros der römischen Baufirma befanden sich in einem kleinen Palazzo aus dem neunzehnten Jahrhundert hinter einem beeindruckenden Eingangstor. Das öffnete sich zu einem kleinen umzäunten Garten hin. Am Tor waren Überwachungskameras angebracht, die aufnahmen, wie Léonie mit Gioacchino auf dem Arm und der Kinderfrau im Gefolge eintraf.
    Die Tür öffnete sich automatisch, und das seltsame Trio betrat ein helles Treppenhaus mit elfenbeinfarbenen, mit Stucco Veneziano verputzten Wänden. Eine Empfangsdame mit sinnlichen Kurven begrüßte sie. Sie trug ein blauviolettes Kostüm, das ihr mindestens eine Nummer zu klein war.
    Â»Ich bin Léonie Cantoni. Ich habe eine Verabredung mit Dottor Tommasino«, stellte sich Léonie vor. Und da die junge Frau sie zögernd anlächelte, was ihr Erstaunen verriet, fügte sie noch hinzu: »Gibt es irgendein Problem? Haben Sie noch nie ein Neugeborenes gesehen?«
    Â»Doch,

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