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Bei Dir bin ich geborgen

Bei Dir bin ich geborgen

Titel: Bei Dir bin ich geborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kay
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habe ich mir fast gedacht.“ Sie schob den Teller ein Stück weg.
    Irgendwie sah der übrig gebliebene Kuchen auf dem Teller verloren aus. Dan bekam ein schlechtes Gewissen. „Tut mir Leid. Ich hätte das nicht sagen sollen.“
    „Nein, ist schon gut.“ Sie zuckte die Schultern. „Alle wissen Bescheid, es ist ja kein Geheimnis.“
    „Ich finde es bemerkenswert, dass Sie nicht wütend darüber zu sein scheinen.“
    „Überschätzen Sie mich nicht. Es gab Zeiten, da war ich wegen Ben außer mir.“ Glynnis lächelte traurig. „An manchen Tagen hätte ich ihn erwürgen können, wenn er noch gelebt hätte.“
    „Daraus mache ich Ihnen keinen Vorwurf.“
    Seufzend spielte sie mit ihrem Kaffeelöffel. „Na ja, es gehören immer zwei dazu.“
    „Das verstehe ich nicht. Was hätten Sie denn anders machen sollen? Er hat Sie belogen, nicht wahr? Sie hatten keine Schuld.“
    „Nein, aber ich war tatsächlich ein leichtes Opfer. Ben mag sich das vielleicht nicht wirklich bewusst gemacht haben, aber er spürte es.“ Als sie schwieg, wartete Dan geduldig. Dann fuhr sie fort: „Ich habe eine Weile gebraucht, um das herauszufinden, aber letztendlich passte doch alles gut zusammen. Ich wollte, dass er das war, wovon ich glaubte, dass er es war. Daher fragte ich nie näher nach, als er sagte, er arbeite freiberuflich für eine Reihe von Reiseveranstaltern. Oder als er sagte, er hätte kein festes Büro und ich solle ihm eine Nachricht auf seinem Handy hinterlassen, wenn ich etwas brauchte. Oder als er sagte, er müsse für einige Zeit ins Ausland und sei dort nicht erreichbar. Ich fragte mich nie, warum er keine Freunde hatte, warum er so selten Anrufe bekam. Wenn er zu Hause war, wollte er nie weggehen, und ich schätzte mich glücklich, weil er mich so sehr liebte, dass er mich offenbar mit niemandem teilen wollte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Begreifen Sie, was ich meine? Ich war dumm. Ich sah nur, was ich sehen wollte, glaubte nur, was ich glauben wollte.
    Das habe ich immer so gemacht. Aber ich versuche mich zu ändern. Ich bin es leid, die falschen Entscheidungen zu treffen.“
    Ihr harsches Urteil über sich selbst gab Dan einen Stich. „Warum sind Sie so hart zu sich?“
    Sie zuckte die Schultern und sah weg.
    An der Art, wie Glynnis die Schultern hielt, war etwas so Schmerzliches. Dan wäre am liebsten aufgestanden und hätte sie in die Arme genommen, um ihr zu sagen, dass niemand sie jemals wieder so verletzen würde. Aber er unterdrückte den Impuls, nicht nur, weil er nicht sicher war, wie Glynnis reagieren würde, sondern auch, weil er langsam verstand, was seine Schwester gemeint hatte.
    Glynnis hatte offenbar tatsächlich eine Menge ungelöster Probleme – deren Lösung ihn darüber hinaus nichts anging, besonders wenn er an sein eigenes Versagen dachte.
    „Ich finde nicht, dass ich hart zu mir bin“, sagte sie. „Ich bin nur realistisch.“
    „Jeder macht Fehler.“ Dan konnte sich denken, dass ihr diese Worte vermutlich genauso wenig Trost gaben wie ihm.
    „Ja, ich weiß“, erwiderte sie. „Aber andere Leute scheinen aus ihren Fehlern zu lernen. Mir kommt es vor, als würde ich immer wieder die gleichen Fehler machen.“
    „Hören Sie, wenn Sie die Sache mit Olivia meinen – das war ein Zufall. Es hätte jedem passieren können.“
    „Aber es ist eben mir passiert“, entgegnete sie traurig. „Es passierte, weil ich nicht aufgepasst habe. Wäre ich eine gute Mutter, hätte ich diesen Fehler nicht gemacht.“
    „Glynnis, was reden Sie da für einen Unsinn, Sie gehören zu den besten Müttern, die ich kenne.“
    Sie schluckte und wich seinem Blick aus, doch Dan konnte trotzdem sehen, dass es in ihren Augen schimmerte.
    Er konnte sich nicht mehr zurückhalten und ergriff über den Tisch hinweg ihre Hand. „Kommen Sie, es ist vorbei. Wir haben Livvy wieder gefunden. Sie ist gesund, nichts Schlimmes ist passiert. Es ist Zeit aufzuhören, sich Vorwürfe zu machen. Das Leben geht weiter.“
    Als sie nicht antwortete, drückte er ihre Hand. Er sprach leise. „Was nützt es, wenn du dich immer wieder dafür bestrafst? Glynnis, du bist doch auch nur ein Mensch.“ Instinktiv hatte er das Du gewählt.
    Und sie nahm das Du instinktiv auf: „Du hast ja keine Ahnung…“
    „Doch, ich weiß, wie es ist.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, du weißt es nicht. Ich…“ Sie schloss die Augen. „Olivia ist nicht die einzige Tochter, die ich verloren habe“, flüsterte sie.
    „Was?“
    Als sie

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