Bei Dir bin ich geborgen
Jahren einen Gehirntumor.“
„Oh, mein Gott, wie schrecklich!“ Glynnis dachte an Michael und Liyvy. Und an Dan. Armer Dan!
„Ja, das kann man wohl sagen. Dan war vollkommen am Boden. Ich glaube, er hat sich nie richtig davon erholt.“
„Wie auch? Das ist das Schlimmste, was einem überhaupt passieren kann.“ Plötzlich fiel Glynnis das Gespräch am Teich wieder ein. Als sie gesagt hatte, Kindererziehung sei schwer und Dan ihr dann zugestimmt hatte. Oh, Gott. Sie wünschte, sie wäre sensibler gewesen. Deshalb war er auf der Heimfahrt so still gewesen und hatte ihr Angebot abgelehnt, noch mit hereinzukommen! War das der Grund, warum er sich seither nicht mehr gemeldet hatte? Wie hatte sie nur so unsensibel sein können!
Kat nickte. „Ja, es ist das Aller schlimmste.“
„Ist… ist seine Ehe daran zerbrochen?“
„Nein, die war vorher schon am Ende. Seine Frau hat ihn mit Mona sitzen gelassen, als die Kleine zwei Jahre alt war.“
Glynnis konnte sich nicht vorstellen, wie eine Frau ihr Kind verlassen konnte. War Dans Frau denn verrückt gewesen? Und wie konnte sie überhaupt einen großartigen Mann wie Dan sitzen lassen? Ja, sie war bestimmt verrückt. „Was ist geschehen?“
Kat zuckte die Schultern. „Die beiden passten von Anfang an nicht zusammen.
Außer Sex hatten sie nichts gemeinsam. Nicht, dass Dan das je so gesagt hätte, aber ich habe ja schließlich Augen im Kopf.“ Kat verzog das Gesicht. „Niemand von uns mochte sie. Wir haben uns um Dans willen bemüht, doch es war uns allen klar, dass es nicht lange halten würde. Aber Dan ist loyal. Ich weiß nicht, ob er Cindy je um die Scheidung gebeten hätte, jedenfalls nicht, solange Mona sie noch brauchte.“
„Das muss hart für ihn gewesen sein, allein mit einem kleinen Kind und seinem anstrengenden Job…“
„Ja, aber andererseits war es auch eine Erleichterung, als Cindy ging. Er musste sich und ihr wenigstens nichts mehr vormachen.“
„Wo ist seine Exfrau jetzt?“
„Keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass er etwas von ihr gehört hat, seit sie ihn verlassen hat.“
Glynnis war sprachlos. „Du meinst, sie hat ihre Tochter seit damals nie mehr gesehen?“
„Ja. Nett, was?“
„Mir fehlen die Worte. Ich meine, so etwas könnte ich mir nicht einmal im Entferntesten vorstellen!“ Glynnis schluckte. „Es war schlimm genug… was ich tun musste… aber ich habe es ja nicht freiwillig getan.“ Kat drückte Glynnis die Hand. „Oh, Glynnis, es tut mir Leid. Ich wollte nicht, dass du dich schlecht fühlst. Diese beiden Fälle sind nicht im Geringsten vergleichbar.
Du bist nicht wie Cindy, um Gottes willen! Ich dachte nur, dass du ein paar Dinge wissen solltest, weil du dich mit Dan angefreundet hast.“ Aber irgendwie war es eben doch vergleichbar. Den Rest des Tages verbrachte Glynnis damit, darüber nachzudenken. Dan musste seine Exfrau verachten. Was würde er sagen, wenn er wusste, dass auch Glynnis ihr Kind verlassen hatte?
Dan tippte den Bericht zu Ende, den er über den gestrigen Fall von häuslicher Gewalt verfassen musste. Innerlich grollte er. Die Frau weigerte sich, den Mann anzuzeigen, obwohl ihre blauen Flecken Bände sprachen. Sie war sogar so weit gegangen zu behaupten, die Nachbarn, die die Polizei gerufen hatten, hätten sich getäuscht. Selbst als es Dan gelang, mit der Frau allein zu reden, während Romeo den Mann ablenkte, ließ sie sich nicht umstimmen. Schlussendlich blieb ihnen nichts anderes übrig, als wieder zu gehen.
Dan konnte nicht verstehen, was so viele Frauen dazu antrieb, bei Männern zu bleiben, die sie misshandelten. War es Angst vor dem Alleinsein, was sie an diese Typen band? Oder, wie er eher vermutete, Angst vor noch schlimmeren Misshandlungen?
Er dachte an seine Mutter. Sie war inzwischen über siebzig und in einer konservativeren Generation aufgewachsen als diese Frau. Brenda O’Neill hatte sieben Kinder großgezogen und war niemals arbeiten gegangen. Ihr Mann regierte das Haus mit eiserner Hand, doch sie war mindestens so stur und temperamentvoll wie er. Sie ließ sich gar nichts sagen, und schon gar nicht von ihrem Mann. Immer wenn er zu weit ging, genügten ein paar wohlgesetzte Worte oder ein bestimmter Blick, und er nahm sich zurück.
Dans Schwestern waren ganz genauso, starke unabhängige Frauen, die sich nie von irgend) emandem einschüchtern oder herumkommandieren lassen würden.
Das Telefon klingelte. Es war Kat, als wüsste sie, dass Dan gerade an sie gedacht
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