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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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und Katja sahen ihr hinterher. Als sie aus der Tür war, sagte Katja, immer noch lächelnd: »Giftziege.«
    »Katja! Sie hat es doch nicht giftig gemeint.«
    »Doch. Hat sie. Aber sie ist dabei nicht unwitzig. Und ich kenne sie zu lange. Lass mich mal diese Runde bezahlen. Ziehst du dich noch um?«
    »Nein.« Doris sah an sich hinunter. »Ich habe doch innere Werte. Also, bis gleich.«

|58| A nke ließ sich in ihrem Zimmer aufs Bett fallen und schleuderte die Schuhe von sich. Der klopfende Schmerz in ihrer Ferse wurde immer schlimmer. Das kommt davon, wenn man sich billige Schuhe kauft und die sofort ohne Strümpfe anzieht. Aber ihre bequemen Treter gingen einfach nicht mehr, zumindest nicht in diesem Hotel. Sie brauchte unbedingt ein Pflaster, sonst könnte sie die kommenden Tage barfuß herumlaufen.
    Vorsichtig trat sie auf und humpelte zum Kleiderschrank, um in ihrer Reisetasche nach Pflastern zu suchen. Vergeblich. Sie musterte stattdessen ihre mitgebrachte Kleidung und fand alles blöd. Sie hatte eine helle Hose mit, zwei T-Shirts – es waren zumindest ihre besten   –, einen Blazer und eine Strickjacke. Das war’s. Und Doris und Katja waren schon vorhin besser angezogen, als Anke es jemals mit dieser Auswahl hinbekommen könnte. Am liebsten würde sie sofort wieder abreisen.
    Sie hätte auf ihr Bauchgefühl hören und bei der Absage bleiben sollen. Stattdessen hatte sie sich von Katja überreden lassen.
     
    »Anke, komm, Doris wünscht sich das. Sie will uns unbedingt einladen und was hast du gegen ein bezahltes Wochenende einzuwenden?«
    »Aber wir feiern doch diesen Geburtstag sowieso. Was |59| soll denn überhaupt diese Geheimniskrämerei? Das ist doch kindisch.«
    Katja lachte nur. »Torsten will eine Überraschungsparty, also alles geheim, und Doris hat keine Lust mit Familie reinzufeiern, also auch geheim, damit niemand weiß, wo sie ist. Und wir beide sind immer dabei, alles wunderbar. Der Rest ist mir völlig egal. Pack dein Badezeug und den Rest ein und sag zu.«
     
    Ihr Badeanzug! Anke hatte ihn zwar eingepackt, aber keinen Gedanken daran verschwendet, dass dieses Teil ja schon uralt war. Er war mal rot gewesen, mittlerweile war er höchstens noch verwaschen pink, und es hätte nur noch gefehlt, dass die Frei- und Fahrtenschwimmabzeichen daraufgenäht waren. Anke beschloss, den Anzug zu verleugnen. Zum Frühschwimmen in Hamburg reichte er gerade noch, in diesem Hotel aber würde sie garantiert niemand darin sehen. Dann hatte sie eben ihr Badezeug vergessen, das konnte ja mal vorkommen.
    Im Badezimmer durchsuchte sie ihre Kulturtasche auf der Jagd nach dem Pflaster. Das Einzige, was sie neben ihrem Waschzeug fand, waren Kopfschmerztabletten und Nasentropfen. Vor dem Badezimmerspiegel griff sie zu ihrer Bürste und flocht die grauen Haare schließlich zu einem Zopf. Dann wusch sie sich die Hände, musterte sich abschließend und ließ die Schultern sinken. Sie war eben nicht Katja Severin oder Doris Goldstein-Wagner, sie konnte nicht jeden Monat zum Friseur gehen, und sie benutzte nun mal keine Kosmetik außer Gesichtscreme und Wimperntusche. Sie war, wie sie war, und wenn es den beiden anderen nicht passte, hatten sie eben Pech gehabt. Jetzt würde sie jedenfalls |60| in die Hotellobby gehen und gucken, ob man irgendwo in diesem vornehmen Haus eine ganz normale Packung Pflaster kaufen könnte.
    Am Ende des Flurs war der gläserne Fahrstuhl, daneben der Eingang zum Treppenhaus. Noch bevor Anke ihn erreicht hatte, öffnete sich eine Zimmertür am Ende des Ganges. Eine Frau trat aus dem Zimmer, ließ die Tür hinter sich zufallen und ging ebenfalls auf den Fahrstuhl zu. Anke verzögerte ihre Schritte, kniff die Augen zusammen und blieb stehen. Die Frau sah aus wie jemand, den sie kannte. Oder vielmehr, gut gekannt hatte. Das konnte doch nicht wahr sein. Anke stand jetzt neben einer Glastür, die in ein Treppenhaus führte. Wieso hatte sie vorhin diese offene Treppe benutzt, wenn es doch eine andere gab? In diesem Moment drehte sich die Frau zur Seite. Anke sah ihr Profil und zuckte zusammen. Sie war es. Monika Bernd. Ohne zu überlegen, öffnete sie die Tür und floh auf die Treppe. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss. Anke lehnte sich gegen die Wand und atmete tief durch.
     
    Sie waren Nachbarn gewesen, Monika und Peter, Anke und Kai. Manchmal hatten sie im Sommer zusammen im Hinterhof gegrillt. Anke mochte Monika nicht besonders. Sie war neugierig, indiskret und so furchtbar zufrieden mit ihrem

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