Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman
dem man aber nicht mehr rauskommt. Es sei denn, irgendein arroganter Typ öffnet dir die Tür.«
»Du bist über die Fluchttreppe gekommen?« Katja warf den Kopf in den Nacken und lachte laut.
Anke griff nach ihrem Arm und zog sie zur Seite. »Brüll doch noch lauter. Das ist wirklich nicht komisch. Hast du eine Ahnung, wo ich hier Pflaster bekomme?«
Katja befreite sich aus ihrem Griff und wischte sich über die Augen. »Die Fluchttreppe. Ach, Anke. Ich habe Pflaster, sogar richtiges Blasenpflaster. Und Schuhcreme auch. Nun mach nicht so ein Gesicht. Es gibt wirklich Schlimmeres.«
»Du hast doch keine Ahnung. Ich bin wie ein Trottel durch dieses Treppenhaus geirrt, nur weil nirgendwo ein Schild war. Woher soll ich das denn wissen? Und dann steht dieser Mann vor mir und ich bin staubig und verschwitzt.«
Anke fragte sich selbst sofort, wieso sie das gesagt hatte. Katja blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Aha. Und? Was war das für ein Typ?«
|64| »Vergiss es.« Mit einer unwirschen Handbewegung winkte Anke ab. »Komm, Doris sitzt bestimmt schon im Restaurant und wartet.«
Überraschenderweise war Doris noch nicht da. Katja fragte nach dem reservierten Tisch, der Kellner geleitete sie zu ihrem Platz im Wintergarten.
»Bestens«, sagte sie und setzte sich. »Der schönste Tisch im Lokal, da hat die Goldstein-Wagner ja eine Hand für.«
Anke saß schon und sah sich um. »Wenn man genug Trinkgeld gibt, kriegt man alles. Damit kennt Doris sich doch bestimmt aus.«
»Was hast du bloß immer mit Doris’ Geld?« Katja blickte Anke kopfschüttelnd an. »Sie war auch früher schon großzügig, hast du das vergessen? Damals hast du nie solche Kommentare abgegeben. Was ist übrigens mit deiner Ferse? Brauchst du jetzt das Pflaster?«
»Nein, es geht, wenn ich sitze. Vielleicht später.« Anke nahm sich vor, zu entspannen. Auch wenn es ihr auf den Geist ging, dass Frauen wie Doris und Katja mit ihrem Geld so viel hinbekamen. Und sie selber … Sie stoppte diesen Gedanken und entdeckte Doris am Eingang. »Da kommt sie schon. Wink mal.«
Katja hob tatsächlich den Arm und Doris steuerte lächelnd auf den Tisch zu.
»Das glaube ich jetzt nicht. Ich war doch immer die Erste und viel früher da als ihr. Aber ich habe einen Moment lang die Augen zugemacht und dann war es …«
»Doris.« Katja unterbrach sie und deutete auf den Stuhl. »Es ist eine Minute nach. Bleib locker. Wir haben noch nicht einmal Getränke bestellt.«
|65| Doris ließ sich erleichtert fallen, griff zur Speisekarte und fächelte sich damit Luft zu. »Ich bin so gerannt«, sagte sie entschuldigend, »und jetzt ist mir ziemlich warm. Was trinken wir denn? Erst mal einen Aperitif?«
Der Kellner stand sofort am Tisch. »Meine Damen? Was kann ich Ihnen denn bringen?«
»Ein großes Wasser.« Katja antwortete sofort. »Und einen Prosecco mit Holunderblüte. Doris? Anke?«
Doris bestellte das Gleiche, Anke wollte keinen Aperitif. »Das ist doch wohl ein Witz. Neun Euro für ein kleines Glas.« Sie hatte es zum Glück erst gesagt, als der Kellner außer Hörweite war.
»Anke, bitte.« Katja sah sie gequält an. »Du bist eine echte Spaßbremse.«
»Mädels!« Irritiert hatte Doris zwischen beiden hin- und hergeschaut. »Ich möchte keine schlechte Stimmung. Anke, komm, ich bestelle dir einen.«
»Nein, ich bekomme Sodbrennen von Prosecco. Aber gut, ich trinke gleich einen Rotwein.«
»Sodbrennen?« Doris verkniff sich ein Grinsen. »Das ist doch auch so eine Alterserscheinung, oder? Ich kann in der letzten Zeit überhaupt kein rohes Gemüse mehr vertragen.« Sie wischte sich mit beiden Zeigefingern über die Schläfen, dann mit einer Hand über die Stirn. »Meine Güte, ist das heiß hier. Habt ihr das noch gar nicht? Bei mir wird es immer schlimmer. Ich finde Altwerden grausam.«
Die Getränke kamen. Doris hörte auf zu reden und fächelte sich stattdessen wieder Luft zu, bis Katja ihr die Karte aus der Hand nahm.
»Wisst ihr schon, was ihr essen wollt?« Sie vertiefte sich in die Seiten.
|66| Nachdem sie das Essen bestellt hatten, griff Doris zu ihrer Serviette und fächelte weiter. »Wo waren wir stehen geblieben?« Sie sah Katja und Anke fragend an. Anke überlegte kurz, dann antwortete sie: »Bei Sodbrennen?«
»Nein.« Doris ließ die Serviette sinken. »Beim Altwerden. Und beim Schwitzen. Wie ist es denn bei euch.«
»Oh, bitte.« Übertrieben theatralisch ließ Katja sich nach vorn sinken. »Das ist jetzt nicht
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