Bei Interview Mord
Theresa. »Mit einer Figur, die persönliche Probleme hat, in die man sich hineinversetzen kann, identifiziert sich der Leser leichter.«
Ich dachte an meine finanziellen Probleme und fragte mich, ob das einen Zuschauer interessieren würde.
Während ich dem Kommissar auf dem Bildschirm weiter zusah und beobachtete, wie er ständig auf seine Verdächtigen einredete und herauszufinden versuchte, warum sie wann wo gewesen waren und warum sie dies oder jenes getan hatten, keimte in mir eine Idee.
Am nächsten Morgen, nachdem ich festgestellt hatte, dass sich meine Schwellungen im Gesicht schon deutlich gebessert hatten, sagte ich beim Frühstück: »Ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich herausfinde, warum Kley-Knöter dieses Nummernschild hatte und was er damit gemacht hat.«
Theresa sah mich gespannt an. »Erzähl«, sagte sie.
Ich lächelte und sagte: »Ich fahre einfach zu ihm und frage ihn.
Geld
Um kurz nach zehn waren wir fertig mit dem Frühstück.
»Jetzt kann's losgehen«, sagte Theresa und nahm einen kleinen Autoschlüssel von einem Haken neben der Haustür. »Das heißt, wir sollten erst noch auf Nummer sicher gehen.«
Sie ging zurück ins Wohnzimmer, holte das Mobiltelefon, drückte ein paar Tasten, horchte und drückte wieder. »Er hat sich gemeldet«, sagte sie. »Also ist er bei sich zu Hause.«
Draußen stand der R4. Ein knuddeliges, rot glänzendes Autochen mit Stupsnase. Wie lange hatte ich nicht mehr in so einem Auto gesessen? Zwanzig Jahre? Ich erinnerte mich, dass ich mal eine Studentin gekannt hatte, mit der ich… Das war während meiner paar Jurasemester gewesen… Wie hieß sie noch mal?
»Ja, da staunst du, was?«, riss mich Theresa aus meinen Gedanken und schloss mir die Tür auf. »Das waren noch Autos. Preiswert, viertürig. Großer, tief liegender Kofferraum, in den man ohne Anstrengung seine Getränkekästen reinkriegt. Sparsam.«
»Aber eng«, rief ich, als ich mich auf den Beifahrersitz quetschte.
»Ein Kleinwagen eben«, sagte Theresa und stieg ein. Dabei kämpfte sie ebenfalls. Nicht so sehr mit langen Beinen wie ich, sondern eher mit ihrem Körperumfang.
»Hier drin riecht's nach dem Qualm von Tausenden gerauchter französischer Zigaretten«, stellte ich fest.
»Es duftet«, korrigierte Theresa. »Das ist eben das typische Aroma.«
Sie startete den Motor, und das Auto entwickelte beängstigende Vibrationen.
Der Hebel für die Gangschaltung ragte aus dem Armaturenbrett hervor. Die berühmte Revolverschaltung. Theresa griff beherzt zu und drückte den ersten Gang rein, dass es krachte. Plötzlich begann laute Musik zu spielen, die jedoch keine Chance hatte, das Dröhnen des Motors zu übertönen. Ein Mann sang etwas Französisches. Ich blickte nach unten und konnte es nicht fassen. Der Oldtimer besaß einen CD-Player!
»Wenn man schon so ein Gefährt hat, dann muss man auch stilecht Charles Aznavour hören«, rief Theresa gegen den Lärm an und gab Gas. »Du kannst aber auch aufs Radioprogramm wechseln, wenn du willst. Es ist auf Radio Berg eingestellt.«
»Nein danke.«
Es quietschte dramatisch, als Theresa an der Einmündung zur Hauptstraße anhielt. Dann fuhr sie knatternd wieder an.
Ich schloss die Augen und genoss die Fahrt. Charles Aznavour sang irgendwas von »comédiens«, von »amour« und von vielen anderen Dingen, die ich aber nicht verstand. Ich fragte mich, was das für Leute waren, die im Bergischen Land lebten und so taten, als wären sie in Frankreich.
Nach einer Weile öffnete ich die Augen. Wir hatten die Innenstadt von Bergisch Gladbach erreicht, und Theresa bog gerade in die Bensberger Straße ein. Charles Aznavour sang weiter, und ich machte die Augen wieder zu. Irgendwie konnte ich die Leute ja verstehen.
Kley-Knöter öffnete die Tür und sah uns durch seine dicken Brillengläser misstrauisch an. Dann erkannte er mich.
»Herr…«
»Rott«, sagte ich. »Wir haben uns beim Interviewtermin mit Ihrer Frau kennen gelernt. Mein Beileid. Das hier ist Frau Heilig. Wir arbeiten zusammen.«
»Sie sind von Radio Berg, oder?«
»Eigentlich nicht. Dürfen wir hereinkommen?«
»Tut mir Leid, das passt mir jetzt nicht besonders.«
»Herr Kley-Knöter, es dauert nicht lange. Ich habe ein paar ganz kurze Fragen.«
»Was für Fragen?«
»Es geht um den Tod Ihrer Frau. Und um den Tod von Herrn Landauer.« Er wollte etwas sagen, aber ich fügte schnell hinzu: »Wir sind keine Journalisten. Ich bin Privatdetektiv und untersuche die beiden
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