Bei Interview Mord
Sprechen schmerzte etwas. Es verursachte ein Ziehen in den geschwollenen Gesichtspartien.
»Wir mussten den Golf von dem Parkplatz holen«, sagte Theresa. »Sonst hätte es Ärger gegeben. Andreas hat das in die Hand genommen. Er sagt, es sei ein Glück gewesen, dass kein Öl oder Benzin ausgelaufen ist. Der Golf steht erst mal in der Scheune. Das heißt, das, was von ihm übrig ist.«
Ich setzte mich. »Was ist denn eigentlich passiert?«
»Ich war etwas spät dran, weil ich ja den R4 zurückbringen wollte. Die Leute in Gierath waren aber gestern Abend nicht zu Hause, also hab ich den Wagen erst mal behalten. Als ich dann hier raufkam, sah ich die Flammen auf dem Parkplatz. Ich bin mit dem Feuerlöscher rübergelaufen und hab natürlich nicht damit gerechnet, dass da dein Wagen brennt. Jedenfalls ist es mir gelungen, das Feuer zu löschen.«
»Und wie hast du mich ins Haus gekriegt?«
»Du bist selbst gegangen. Allerdings ein bisschen neben der Kappe, ehrlich gesagt.«
»Danke«, sagte ich. »Wer weiß, was sonst noch alles passiert wäre.«
»Was war da eigentlich los? Hat es jemand auf dich abgesehen?«
Ich erzählte, und Theresa hörte zu, ohne mich zu unterbrechen. Ich spürte, dass es mir gut tat, alles loszuwerden. Sogar die Schmerzen in meinem Gesicht ließen nach, obwohl ich so viel redete.
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Theresa am Schluss.
»Keine Ahnung. Nach Hause fahren und versuchen, neue Aufträge zu bekommen. Vorher sollte ich Piet anzeigen.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Wieso? Die Staatsanwaltschaft wird mich wegen der Drogen am Wickel kriegen, und da muss ich doch…«
»Das meine ich nicht. Ich meine, es ist nicht dein Ernst, dass du den Armbrustmörder nicht mehr suchen willst.«
»Jutta will nichts mehr von mir wissen. Radio Berg hat mich praktisch weggejagt. Da ist doch nichts mehr zu holen!«
Sie sah mich an. »Remi. Stell dir vor, du präsentierst Jutta doch noch den Mörder. Könntest du damit nicht alles wieder ins Lot bringen?«
»Wenn ich es schaffe, den Mörder zu finden. Und wenn ich es schaffe, Jutta dazu zu bringen, nicht sofort aufzulegen, wenn ich sie anrufe. Dann vielleicht könnte das mit dem Lot klappen. Für beides stehen die Chancen aber schlecht. Es sind zwei entscheidende Wenns zu viel.«
»Das würde ich nicht sagen. Die Spur des Motorrades führt in die Schreibersheide. Sogar wenn sich dieser Winfried Kurz aus Wipperfürth geirrt haben sollte oder wenn er gelogen hat: Du hast das Kennzeichen in der Hütte gesehen. Dafür muss es einen Grund geben. Und Kley-Knöter hat das Kennzeichen mitgenommen, als du in der Hütte warst. Auch dafür muss es einen Grund geben.«
»Aber welchen?«, fragte ich. Plötzlich fühlte ich mich schrecklich müde. »Ich glaube, jetzt muss ich mich wirklich eine Weile ausruhen.«
»Vielleicht frühstückst du erst mal in Ruhe.«
Ich seufzte und sah Theresa zu, wie sie auf der Anrichte frische Brötchen in einen Korb legte und den Kaffee aus der Maschine in eine große Kanne umfüllte.
Nach dem Frühstück spürte ich, wie meine Müdigkeit weiter zunahm.
»Leg dich ruhig hin«, sagte Theresa und deckte den Tisch ab. »Ich muss heute eh noch eine Menge schreiben.«
Ich nickte und ging nach oben. Der Tag verging mit dösigen Gedanken. Ich schlief, unterbrochen von plötzlichem Erwachen und Auf-die-Uhr-Sehen. Abends ging ich wieder nach unten. Wir aßen Frikadellen, tranken Bier und sahen fern. Zuerst eine dieser dünnen Sendungen, in denen Prominente auf einer Bühne sitzen und sich vor Publikum darüber unterhalten, welche Filme sie früher gern gesehen haben, und man selbst den Gedanken nicht los wird, dass man nur darüber hinweggetröstet werden soll, dass die Senderechte der jeweiligen Filme selbst leider zu teuer waren. Immerhin wurde die lahme Veranstaltung von Werbung unterbrochen, in der man erfuhr, dass man sich das Gewünschte ganz leicht im Sendershop auf DVD besorgen konnte. Man durfte außerdem Heidi Klum beim Lakritzessen bewundern und fieberte mit Steffi Graf, die die Öffnungszeiten ihres Lieblingsitalieners nicht kannte, samt Freundinnen vor geschlossener Restauranttür stand und dann leichten Herzens mit Pesto aus dem Supermarkt vorlieb nahm.
Dann kam einer dieser Fernsehkrimis, bei denen man nicht wusste, worum es wirklich ging: darum, den Mörder zu finden, oder dem Kommissar dabei zuzusehen, wie er seine zerbrochene Ehe wieder in den Griff bekam.
»Figurenzeichnung ist wichtig«, belehrte mich
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