Bei Interview Mord
Fährte geführt.«
Es stank. Es stank sogar bestialisch. Nach Tonnen alter Zigaretten, Müll und verschüttetem Bier. Ich versuchte den Kopf zu heben, aber ein glühender Lavastrom schoss meinen Rücken hinauf und überflutete mein Gehirn.
»… gehen wir fest davon aus, dass der Festgenommene der Täter ist…«
Plötzlich war ich hellwach. Meine Augen waren weit geöffnet. Ich lag wieder auf Mannis Sofa, und der Gestank kam von der Wolldecke, die mein Kumpel mir wohl am Abend zuvor gegeben hatte und die jetzt auf dem Boden lag. Angewidert schubste ich sie weg.
Mit einem Ohr hörte ich weiter dem Gequatsche zu, das vom Flur herüberdrang. Langsam sickerte mir die Bedeutung dessen, was ich da zu hören bekam, ins Bewusstsein.
»… rätseln wir noch über das Motiv des Verdächtigen…«
Ich stand auf und ging ein paar Schritte in die Richtung des Radios. In meinem rechten Bein wanderten Ameisen. Der glühende Schmerz im Kopf ließ zwar etwas nach, aber es wummerte in gleichmäßigen Abständen.
In der Küche war Manni gerade an der Kaffeemaschine zugange. Die fleckige Jogginghose sah aus, als hätte er darin gepennt. Und das nicht nur heute. Auf dem Tisch lieferte sich aufgetürmtes schmutziges Geschirr mit offen stehenden eingetrockneten Marmeladen und Nutellagläsern einen erbitterten Kampf um den halben Quadratmeter Fläche.
»Morgen, Remi«, sagte Manni aufgeräumt. »Setz dich, ich hab schon den Tisch gedeckt.«
»Ruhe!«, rief ich, und es zuckte wieder in meinem Gehirn.
»… halten wir Sie auf dem Laufenden…«
Ich glotzte das tragbare Radio an, das auf dem Fensterbrett stand und jetzt peitschende Schlagzeugattacken ausspuckte. Jeder Ton ein Hammerschlag.
»Interessiert dich das etwa?«, fragte Manni, kratzte sich im Schritt und goss mir Kaffee ein. »Diese Mordsache aus Gladbach?«
Ich stöhnte. »Hab ich das gestern Abend nicht alles erzählt?«
»Du hast mir nur gesagt, dass du Stress wegen Jutta hast und dass Piet van Straelen aus irgendwelchen Gründen scharf auf den Golf ist.« Er setzte sich, leckte einen Löffel ab, der zwischen dem Geschirr gesteckt hatte, und rührte damit seinen Kaffee um.
Ich sank auf die Bank, die den Küchentisch umschloss, und spürte die Kälte des Plastikbezugs an meinen Oberschenkeln. Ich blickte an mir herunter und sah, dass ich nur meine Unterhose trug.
»Scheiße«, sagte ich.
»Na, so schlimm wird's nicht sein. Trink erst mal einen Kaffee. Jutta wird sich schon wieder mit dir versöhnen.«
Mein Hals war plötzlich ganz trocken. Ich nahm einen Schluck und verbrannte mir die Zunge. Als der Schmerz abklang, machte er einem Geschmack Platz, als hätte ich an schimmliger Baumrinde gelutscht.
»Was soll das denn sein?«, fragte ich und stellte die Tasse hin, dass es schwappte. »Mannis Spezialkrönung?«
»Na, na, langsam trinken«, mahnte Manni. Wenn er doch mal das dämliche Grinsen lassen würde!
»Das war mein Fall, verdammt noch mal! Was haben die da eben im Radio gesagt?«
»Ich hab gar nicht richtig zugehört. Sie haben wohl in Bergisch Gladbach jemanden verhaftet.«
Ich seufzte und nibbelte mir durch die Haare. Meine Kopfhaut juckte plötzlich mächtig. »Wo ist dein Telefon?«
Manni stand auf, schlurfte in den Flur, kam mit einem drahtlosen Handgerät zurück und drückte es mir in die Hand.
»Ganz ruhig, Alter. Der Tag ist noch jung.«
Ich musste nachdenken. Wie war die Nummer von Radio Berg?
Ich rief kurzerhand die Auskunft an und ließ mich direkt verbinden. Während es tutete, wollte ich auf meine Armbanduhr sehen, aber die Swatch, die mir Jutta mal geschenkt hatte, war verschwunden. Wahrscheinlich lag sie im Wohnzimmer.
»Wie spät ist es?«, fragte ich Manni, der gerade seelenruhig in ein Nutellabrot biss.
»Gleich Viertel vor zehn.«
»Was? Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Du hast nicht gesagt, dass du geweckt werden wolltest. Und es ist ja gestern ein bisschen später geworden.«
Ich stand auf und suchte mit dem Hörer am Ohr drüben im Wohnzimmer meine Klamotten zusammen. Jede Sekunde, die ich hier blieb…
»Radio Berg Pollmeier!«
Ich räusperte mich.
»Rott hier. Wie ich höre, gibt es neue Entwicklungen im Fall des Armbrustschützen. Kann mir jemand aus der Redaktion sagen, was die Polizei herausgefunden hat?«
»Wer ist da bitte?«
»Rott«, rief ich. »Der Privatdetektiv.«
»Ach ja. Ich verbinde Sie mit der Chefin vom Dienst, Frau Kanitz. Momentchen bitte.«
Ich war froh, dass Frau Schall die Redaktion
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