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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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geparkte Fahrzeuge werden abgeschleppt. Die Hausverwaltung.« Genau neben dem Schild rostete ein Opel Corsa vor sich hin. Das Nummernschild war abgeschraubt - ebenso wie die beiden Hinterräder. Durch ein Loch im Fußraum wuchs Unkraut.
    Ich gelangte in ein kaltes, dunkles Treppenhaus, in dem es scharf roch. Reiniger in Überdosis oder Hundepisse: schwer auseinander zu halten. Unter der Klingel im dritten Stock klebte ein Zettel, der mit krummen Buchstaben beschrieben war. »PFAFF«.
    Ich drückte. Nach geraumer Zeit öffnete sich die Tür einen Spalt, und ein kleines Gesicht lugte durch die Lücke. Ein Kind? Eine Frau? Ich konnte es immer noch nicht entscheiden.
    »Bin ich hier richtig bei Pfaff?«, fragte ich.
    »Polizei?«, fragte das Gesicht ängstlich.
    »Nein.« Ich versuchte beruhigend zu klingen und hielt drei Schritte Abstand von der Tür. »Keine Polizei.«
    Der Spalt öffnete sich ein kleines Stück weiter. Jetzt konnte ich ein Gesicht sehen. Rund und hell. Schräg stehende Augen. Eine Asiatin.
    »Sind Sie Frau Pfaff?«
    »Frau Pfaff. Ja. Was wollen Sie?«
    Nun hörte ich auch den Akzent.
    »Ich komme wegen Ihrem Mann.«
    »Polizei?«
    »Nein, keine Polizei. Ich möchte Ihrem Mann helfen… Kann ich vielleicht reinkommen?«
    Die Frau sah mich aufmerksam an, sagte aber nichts.
    »Können Sie mich verstehen? Mein Name ist Rott… ich tue Ihnen nichts.«
    »Ich verstehe gut«, sagte die Frau, machte aber keine Anstalten, die Tür zu öffnen. »Was wollen Sie?«, wiederholte sie.
    »Ihr Mann ist festgenommen worden. Von der Polizei. Ich arbeite auch an dem Fall. Ich suche die Wahrheit.«
    Sie nickte. »Wahrheit«, sagte sie. »Hubert arbeitet. Er ist unschuldig.«
    »Wo arbeitet er?«
    »In Firma in Köln. Hausmeister. Er ist unschuldig.«
    »Ja, Frau Pfaff, das glaube ich auch, dass Hubert unschuldig ist. Wo war Hubert am Montag?«
    »Montag. Ausflug. Zoo.«
    »Haben Sie Kinder?«
    Die Frau sagte nichts, öffnete aber die Tür ein wenig weiter. Ich konnte sehen, dass sich unter ihrem T-Shirt ein Bäuchlein wölbte.
    »Wir wollen mit Kind in den Zoo. Haben uns am Montag schon mal angesehen. Hubert hatte frei. Hubert zeigt mir Köln.«
    Ich verstand. Kein vernünftiges Alibi.
    »Wo kommen Sie her?«, fragte ich.
    »Bangkok. Hubert und ich vor einem Jahr heiraten. Montag Hochzeitstag.«
    Auch das noch!
    »Fährt Hubert Motorrad?«, wollte ich wissen, und kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, brach sie in Tränen aus.
    »Motorrad verkauft. Schon lange!«, schluchzte sie. »Polizei gesagt. Sie glauben nicht.«
    »Verkauft? An wen?«
    Sie sah mich unglücklich an und schloss die Tür. Was war jetzt los? Hatte ich etwas Falsches gesagt?
    Oben ging eine Wohnungstür auf. Eine genervte männliche Stimme ertönte: »Hört das endlich mal auf da unten? Kann man hier nicht mal seine Ruhe haben? Japsenpack!« Es rumste, als die Tür wieder geschlossen wurde.
    Ich stand eine Weile auf dem Flur herum und überlegte, ob ich noch mal klingeln sollte. Ich wollte es gerade tun, da öffnete sich der kleine Spalt wieder. Die Frau reichte mir einen Zettel heraus.
    »WINFRIED KURZ«, las ich. Und dazu eine Telefonnummer und eine Adresse in Wipperfürth. Dieselbe Schrift wie auf dem Papier unter der Klingel.
    Frau Pfaff hatte ihre Tränen getrocknet und nickte mir zu.
    »Motorrad verkauft«, erklärte sie. Und dann: »Polizei nicht glauben…« Ich spürte die abgrundtiefe Resignation in ihrer Stimme.
    Eine Weile sah sie mich noch an, mit einem Blick, in dem ich nicht ein einziges Fünkchen Hoffnung zu erkennen vermochte. Dann schloss sich die Tür langsam, und ich stand wieder allein auf dem Flur.
    Mir wurde kalt. In diesem Treppenhaus war es wie in einer Gruft. Ich hatte es eilig, aus dem Gebäude zu kommen. Als ich die gekrümmten Bäume hinter mir gelassen hatte, kam mir die Schneise, die sich Bergisch Gladbacher Straße nannte, geradezu idyllisch vor.
    Ich fuhr, bis ich endlich eine Telefonzelle fand. Dann wählte ich die Nummer von Winfried Kurz und ließ es klingeln, bis das Besetztzeichen kam.
    Ich konsultierte meine Straßenatlanten. Kurz wohnte nicht in Wipperfürth selbst, sondern in einem der Dörfchen drum herum.
    Ich wendete und fuhr zurück nach Dellbrück. Ein Stück, bevor die Abzweigung auf die Bundesstraße kam, lag auf der linken Seite ein McDonald's.
    Zwei Big Macs und eine Portion Fritten später machte ich mich auf den Weg ins Oberbergische.

Wipperfürth
    Die Straße verlief auf einer lang gezogenen Höhe,

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