Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
Vom Netzwerk:
abbremste und einbog. Ich ließ die Zigarettenkippe in einer Ritze unter der Stufe vor der Haustür verschwinden. Der VW-Bus kam hinter meinem Golf zu stehen, der Motor erstarb, dann stieg ein Mann aus. Lederweste, Lederhose, Lederstiefel. Karottenrotes, zu einem Zopf gebundenes Haar, ein kurzer Vollbart in derselben Farbe. Aus der Weste kamen kräftige Arme, die nur darauf zu warten schienen, grobe Arbeit zu verrichten. Lederarmbänder an den Handgelenken. Der Rübezahl von Wipperfürth, dachte ich.
    Der Mann blieb neben der offenen Tür stehen. »Sie stehen auf meinem Platz«, sagte er.
    »Entschuldigung«, sagte ich. »Ich fahre ein Stück zur Seite.«
    Ich setzte mich in den Golf und fuhr weiter. Der VW-Bus ruckelte genau an die Stelle, an der ich vorher gestanden hatte.
    Das war die typische raue Herzlichkeit im Oberbergischen: Man begrüßte Ankömmlinge erst mal mit einem Anschiss. Diese Mentalität musste man verstehen. Und wenn man sie dann verstand, liebte man sie auch. So oder ähnlich hätte es in einem Prospekt des regionalen Tourismusverbandes stehen können.
    »Sind Sie Herr Kurz?«, fragte ich.
    »Jawoll. Wollen Sie was kaufen?«
    Warum nicht, dachte ich. »Was haben Sie denn so?«
    Er machte eine unbestimmte Handbewegung in Richtung der Scheune. »Na, Antikwaren. Deshalb sind Sie doch hier, oder?«
    Der Rübezahl alias Kurz stapfte auf die Holzwand zu und schloss auf.
    Zuerst war da nichts als Dunkelheit, in die durch die Ritzen ein paar wenige Sonnenstrahlen fielen. Doch als der zweite Flügel des Tores aufschwang, wurde es in dem Warenlager so hell, dass ich mehr sehen konnte.
    »Suchen Sie was Bestimmtes?«, wollte er wissen und ging voran. Der rote Haarschopf wippte vor mir her.
    Der Raum war mit einer unübersehbaren Menge von Krimskrams voll gestellt. Angefangen bei verranzten Tischen, Stühlen und Matratzen über gestapelte Bücherkisten und Behälter mit undefinierbaren Metallteilen und CDs bis hin zu Ständern mit alten Mänteln, Kleidern und sogar Sakkos.
    Alles, was man auch jeden Sonntag im Sommer auf dem Trödel irgendwo in der Provinz bekam. In der einen Ecke stapelten sich Fahrradreifen, in der anderen lag ein Haufen Sättel, daneben riesige stählerne Dreiecke - alte Fahrradrahmen, von denen der Lack blätterte. Leere Gabeln, zwischen denen mal die Reifen gesteckt hatten, reckten sich mir entgegen. Und das war nur die vorderste Front des Gerümpels.
    Ich ging weiter in die Scheune hinein. In der dämmrigen Tiefe des Raumes verschwammen die Möbel und gestapelten Kisten zu einer undeutlichen Kontur. Hier und da blitzte etwas metallisch. Ich blickte nach oben. Da gab es einen alten Heuboden, zu dem eine Leiter führte.
    »Haben Sie auch Motorradteile?«, fragte ich.
    »Kommt drauf an.«
    »Eigentlich bin ich auf der Suche nach einem ganzen Motorrad. Und zwar mit einem bestimmten Kennzeichen.«
    Der Rübezahl von Wipperfürth wirkte einen Moment wie versteinert. Dann, in einem plötzlichen Gefühlsausbruch, drängte er mich nach draußen und machte die Flügel seiner Scheune zu. Es donnerte richtig.
    »Warum sagen Sie nicht gleich, dass Sie von der Polizei sind? Ich hab doch meine Aussage schon gemacht!«
    Ich ließ ihn in dem Glauben, dass ich ein Bulle war, und sagte nichts. Als er die Tür wieder mit dem Vorhängeschloss gesichert hatte, ging er zum VW-Bus, öffnete die hintere Klappe und holte zwei prall gefüllte Plastiktüten heraus. Er nahm sie in eine Hand, schloss mit der anderen die Haustür auf und ging hinein. Ich kam hinterher.
    Der Gang war sehr eng, und es roch muffig. Gleich hinter der Tür ging eine schmale Stiege nach oben. Kurz musste sich ducken, als er rechts in einen Raum einbog. Als ich den Durchgang erreicht hatte, sah ich, dass es sich um eine winzige Küche handelte. Dreckig. So ähnlich wie bei Manni, nur düsterer. Schnaufend packte Kurz die Tüten aus und verstaute den Inhalt im Kühlschrank. Abgepackter Käse, Fleisch, Margarine, eine Packung Nudeln, eine Flasche Öl.
    Er unterbrach seine Arbeit und sah mich an. »Sagen Sie schon, was Sie noch wissen wollen. Oder lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Können Sie sich nicht denken, warum ich hier bin?«
    Er räumte weiter. »Nein.«
    »Hat Ihnen Herr Pfaff das Motorrad verkauft?« Ich nannte ihm das Kennzeichen. »War das Nummernschild noch auf dem Fahrzeug?«
    Kurz holte aus der Tasche seiner Weste eine blaue Packung Tabak heraus. Mit geübtem Griff, ohne auf seine Hände zu sehen, drehte er sich eine Zigarette und

Weitere Kostenlose Bücher