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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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und ich hatte eine prächtige Sicht in weite Ferne. Am Horizont verschwammen die bewaldeten Höhen in pastelligen Blautönen. Dazwischen leuchteten gelbe Rapsfelder, manchmal unterbrochen von weißen Häuseransammlungen. Die unvermeidbaren Reihenhaussiedlungen, die auch im Bergischen überall aus dem Boden schossen. Aber sogar diese Bausünden sahen im Sonnenschein direkt anheimelnd aus. Mir wurde zum ersten Mal richtig bewusst, dass Frühling war. Ohne diesen Auftrag hätte ich die Jahreszeit wahrscheinlich in meiner Wohnung vor dem Fernseher verschlafen.
    Wipperfürth begrüßte mich mit einem Küchenstudio auf der grünen Wiese, dann kam ohne Ubergang die Stadt. Ich fuhr bis zu einer großen Kreuzung durch und kam an einer roten Ampel zum Stehen, direkt an einem kleinen Platz mit einem Springbrunnen. Die Wipperführter hatten sich für eine aufsteigende Spirale entschieden, an der das Wasser in immer größeren Kurven herunterfloss. Ich nutzte die Gelegenheit, um einen Blick auf den Straßenplan zu werfen.
    Als es grün wurde, überquerte ich eine Brücke und fuhr ein Stück parallel zu rostbraunen Eisenbahnschienen, bevor es rechts steil den Berg hinaufging, wieder mitten hinein in die Natur.
    Ich kam in tiefen Wald, in dem die Kurven immer schärfer wurden. Dann lichtete es sich.
    Ich erreichte eine Abzweigung auf eine Straße ohne Markierungen. Ein dreieckiges Schild warnte: »BESONDERS GEFÄHRLICHE KURVEN«.
    Wieder Wald. Lange. Ich fluchte vor mich hin, weil ich mir nicht sicher war, ob die Strecke stimmte. Ich war mittlerweile schon über eine Stunde unterwegs.
    Links öffnete sich in einer scharfen Kurve eine kleine Rasenfläche neben der Straße. Ich hielt an, um noch mal auf die Karte zu sehen. Als ich die Tür öffnen wollte, um den Mief aus dem Wagen zu lassen, stieß sie irgendwo an. Der Wagenschlag ging nicht ganz auf.
    Ich ließ den Golf ein Stück zurückrollen, stieg aus und sah, was im Weg gewesen war: Ein niedriges Holzkreuz ragte aus dem Gras. Ohne Blumen oder Kerzen. Nur zwei zusammengenagelte Holzlatten. Nicht mal einen halben Meter hoch.
    Ich bemühte mich, auf der rauen Oberfläche eine Aufschrift zu erkennen. Jemand hatte mit Filzstift einen Namen hingeschrieben und darunter ungelenk und gequetscht eine Jahreszahl. Längst vergilbt, vom Regen weggewaschen und nur zu erahnen. Immerhin sagte mir das Kreuz, dass ich mich in zivilisiertem Gebiet befand. Wenigstens kam ab und zu mal einer vorbei, der dann hier einen Unfall baute.
    Die Karte konnte mir nicht mehr sagen, als dass ich kurz vor dem Ziel war. Ich nahm sie beim Wort, stieg ein und fuhr weiter durch den Wald. Endlich erreichte ich Häuser. Einzeln auf grünes Gras verteilt wie in einem Märchenland. Oben auf dem Berg drängten sich die Gebäude zu einem Dörfchen aneinander. Ein Kirchturm ragte heraus.
    Hier unten, wo der Wald zu Ende war, führte ein kleiner Weg über einen Graben, schwang sich dann parallel zum Wiesenhang hinauf und endete vor einem würfelförmigen Häuschen mit schwarzen, stumpfen Schieferwänden, die den Sonnenschein zu verschlucken schienen. Umso greller wirkten die weißen Fensterrahmen.
    Neben dem Häuschen erstreckte sich ein mit Schotter bestreuter Hof, und dahinter erhob sich etwas wie eine alte Scheune oder eine Remise für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Aus altem dunklem Holz, aber ordentlich mit roten Ziegeln gedeckt. Auf die Wand war mit heller Farbe die Hausnummer gepinselt, darunter in großen Lettern das Wort »ANTIK«.
    Ich folgte der kleinen Zufahrt und stellte den Golf auf dem Vorplatz ab. Die Haustür war hinter einem kleinen Windfang versteckt. Es gab keine Klingel, also klopfte ich.
    Als nichts passierte, verlegte ich mich aufs Rufen. Keine Antwort. Die hohen Tore an der Remise waren mit Vorhängeschlössern gesichert.
    Super, dachte ich. Du bist ein Meisterdetektiv. Du bist fast anderthalb Stunden völlig umsonst durchs Bergische Land gefahren.
    Ich zündete mir eine Zigarette an und ging einmal ums Haus. Es gab kein Namensschild - weder an der Klingel noch an dem rostigen Briefkasten. Als ich wieder vorn angekommen war, wurde mir klar, dass in der Zeit, die ich hier war, niemand auf der Straße vorbeigekommen war. Wer hier wohnte, blieb offenbar hier. Wer hier nicht wohnte, wollte nicht hierher.
    Plötzlich hörte ich etwas. Ich lauschte. Ein Motor. Eindeutig! Jemand näherte sich dem Dorf.
    Ein VW-Bus kam herangefahren. Meine Spannung wuchs, als der Wagen vor der Abzweigung zur Zufahrt

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