Bei Interview Mord
verkauft. Er wohnt in Lengerich. Das ist kurz vor Osnabrück.«
»Ziemlich weit.«
»Ruf ihn trotzdem mal an. Vielleicht kann er dir einen anderen Kontakt hier in der Nähe geben. Der kennt viele Leute und verleiht seine Sachen auch für Filmproduktionen und so was.«
Rudy diktierte mir die Nummer. Ich bedankte mich und wählte neu.
»Kostka.«
»Guten Tag, Herr Kostka, mein Name ist Rott.«
Ich erklärte, dass ich mit Rudy gesprochen hatte. Kostka war sofort im Bilde. »Der Ex-Polizist. Und was kann ich für Sie tun? Sind Sie vom Film?«
Ich erklärte, dass ich Privatdetektiv sei.
»Schade, ich dachte, eine meiner Armbrüste oder Bögen würde mal wieder im Fernsehen auftreten.«
»Rudy meinte, Sie könnten mir die Adresse eines Händlers hier in der Nähe nennen, der mir vielleicht eine Armbrust zeigt.«
»Von wo aus rufen Sie an?«
»Bergisch Gladbach. Raum Köln.«
»Bergisch Gladbach? Und Sie sind Privatdetektiv? Sie haben nicht vielleicht was mit dem toten Zauberer zu tun?«
»Sie sind gut informiert.«
»Wenn irgendwo ein schwerer Unglücksfall oder sogar ein Mord mit einer Armbrust passiert, dann spricht sich das schnell rum.«
»Finden Sie es nicht fahrlässig, dass jeder eine Armbrust kaufen kann? Ohne Waffenschein?«
»Armbrüste gelten vor dem Gesetz nur als Sportgeräte. Der Käufer muss immerhin volljährig sein. Und in dem Alter darf man auch heiraten, Auto fahren, Kinder kriegen und Politiker wählen. Außerdem können Sie auch mit einem Küchenmesser jemanden ermorden. Wir setzen auf den gesunden Menschenverstand, Herr Rott.«
Ich hätte ihm am liebsten gesagt, dass man sich auf den gesunden Menschenverstand nach meiner Erfahrung seltener verlassen konnte als auf die Dummheit der Menschheit, hatte aber keine Lust, mit dem Mann zu diskutieren. »Wo könnte ich mir so ein Ding ansehen? Am liebsten eine Barnett, wenn Ihnen das was sagt.«
Er machte eine Pause und dachte offenbar nach. »Ich besuche morgen meinen Großhändler in Solingen. Auf dem Rückweg könnten wir uns treffen.«
»Das klingt gut.«
»Ich würde Sie vormittags noch mal anrufen.«
»Könnten wir nicht sofort einen festen Zeitpunkt und einen Ort vereinbaren?«
»Gut. Aber wo?«
»Ich nehme mal an, Sie nehmen auf dem Rückweg die A 1. Kennen Sie den Rastplatz Remscheid?«
»Kenne ich.«
»Sagen wir, oben am Rasthaus?«
»Das geht. Fünfzehn Uhr?«
»Alles klar. Ich erwarte Sie da. Ich fahre einen roten Golf, Wuppertaler Kennzeichen.«
»Grüner Volvo-Kombi.«
»Vielen Dank, Herr Kostka. Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen.«
An der Bushaltestelle hingen ein paar Jugendliche herum, manche mit Schultaschen. Einige von ihnen sahen aus, als wären sie bereits achtzehn Jahre alt. Sie durften heiraten, Auto fahren, Kinder kriegen und Politiker wählen. Und wenn sie mal keine Lust mehr auf ihr Nintendo oder ihr Handy hatten, durften sie eine Armbrust kaufen, mit der man einen Menschen erschießen konnte.
Und man schrieb sich noch nicht mal ihre Namen auf.
Man sollte den Städteplanern jemanden an die Seite stellen, der sich um das Gebiet zwischen den Städten kümmert. Diesen Gedanken hatte ich schon oft gehabt, und er kam mir jetzt wieder in den Sinn, als ich aus Bergisch Gladbach hinausfuhr, auf der endlos langen, wie mit dem Lineal gezogenen Piste, die in Gladbach »Mülheimer«, ab Kölner Gebiet dann »Bergisch Gladbacher Straße« hieß.
Wer auch immer Geld in die Innenstädte steckte, wer in Gladbach auf die Idee gekommen war, diese nette Rathausfassade auf dem Adenauerplatz mit einem wackelnden Springbrunnen zu verschönern, wer sich im Moment darum kümmerte, dass mitten in Köln der Platz zwischen Bahnhof und Dom etwas Einladendes erhielt - er hatte die gesichtslosen Strecken zwischen den Stadtzentren offenbar vergessen. Dunkelbraun gefärbte Fassaden, dazwischen Gebrauchtwagenhändler, ab und zu mal eine Videothek oder ein Supermarkt. Undefinierbare Firmengelände mit hässlichen Hinterhöfen. Der Verkehr kroch von Ampel zu Ampel, und ich folgte der Blechlawine, bis ich in die Gegend der Hausnummer 800 kam, dem Zuhause von Hubert Pfaff.
Die Adresse war ein Mietkasten mit verdreckten Wänden. Seine Hässlichkeit wurde notdürftig von ein paar krummen Bäumen verdeckt, die sich mühsam aus einem Streifchen zertrampeltem Rasen emporreckten. Um zum Eingang zu gelangen, musste man einmal um den Block herum. Dahinter lag ein kleiner Parkplatz mit aufgebrochenem Asphalt, aus dem Gras wuchs.
»Widerrechtlich
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