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Bei Interview Mord

Bei Interview Mord

Titel: Bei Interview Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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klopfte seine Taschen ab auf der Suche nach Feuer. Ich half ihm mit meinem Feuerzeug aus. Kurz nahm einen tiefen Zug, dann sagte er: »Ich geb's ja zu.«
    »Was geben Sie zu?«
    Er schüttelte den Kopf und suchte offensichtlich nach Worten.
    »Gestern habe ich gesagt, dass ich das Motorrad von Pfaff nicht hatte… Aber jetzt… ich hab darüber nachgedacht.«
    Kurz quetschte sich an mir vorbei. Ich folgte ihm bis in ein Wohnzimmer. Auch nicht gerade groß und so niedrig, dass man sich fast ducken musste. In der einen Ecke stand ein Fernseher, auf dem sich eine mehlige Staubschicht gebildet hatte, in der anderen ein fleckiger brauner Sessel, in dem sich Kurz gerade niederließ. Auf einem Beistelltischchen stapelten sich Zeitschriften. Ich erkannte Stadtmagazine und Spezialhefte mit Flohmarktterminen, außerdem haufenweise Zeitungen mit Kleinanzeigen.
    »Und was ist bei Ihrem Nachdenken herausgekommen?«
    Kurz sagte nichts und rauchte nur. Ich zwang mich zur Geduld und sah mich weiter im Zimmer um. Neben dem Sessel starb eine Grünpflanze einen langsamen Tod. Auf der anderen Seite hatte Kurz versucht, die Wand mit Fotos zu verschönern. Auf den ersten Blick wirkte die Sammlung von Fotografien wie eine Kollektion von Urlaubsfotos. Dann erkannte ich, dass alle Bilder dieselbe Frau zeigten. Eine gut gelaunte Blondine mit rundem Gesicht. Auf einigen Aufnahmen saß sie auf einem Motorrad.
    »Ihre Freundin?«, fragte ich.
    Kurz schien aus tiefem Grübeln zu erwachen. »Gewesen.«
    »Getrennt?«, wollte ich wissen. Vielleicht kam ich über ein privates Thema an den Rübezahl ran.
    »Sie ist tot«, brachte er hervor. Im selben Moment bemerkte ich auch das kleine Regal unter den Fotos, darauf ein paar Kerzen mit schwarzem Docht. Ich hätte es diesem grobschlächtigen Kerl nicht zugetraut, aber er unterhielt hier einen richtigen kleinen Altar für seine verstorbene Freundin.
    »Das tut mir Leid«, sagte ich.
    Kurz wuchtete sich aus dem Sessel hoch und drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus, der auf dem Beistelltischchen stand.
    »Motorradunfall«, sagte er. »Ganz hier in der Nähe.« Er räusperte sich.
    »Unten in der Kurve? Im Wald? Wo das Kreuz steht?«
    Er nickte und wirkte plötzlich wie ein geprügelter Hund. »Das Kreuz hab ich da hingestellt.«
    »Sie fahren also Motorrad?«
    »Damals bin ich gefahren. Meine Freundin saß hinten. Sie war tot. Ich hab's überlebt. Seitdem fahre ich keine Maschine mehr.«
    Ich überlegte, ob ich mit ihm ein Gespräch über das Thema Motorradfahrer im Bergischen Land anfangen sollte. Ich hätte darüber einiges zu erzählen gehabt. Zum Beispiel, dass sie mich mit fünfzehn zum Vollwaisen gemacht hatten. Meine Eltern waren in ihrem Opel auf einem Sonntagsausflug unterwegs gewesen und in einen Unfall mit gleich mehreren Maschinen verwickelt worden. Ihr Wagen war einen Abhang hinuntergestürzt. Mein Vater, der am Steuer gesessen hatte, war unschuldig gewesen. Aber leider hatte er nichts davon. Genauso wenig wie meine tote Mutter. Und genau so wenig wie ich. Die drei Jahre bis zu meiner Volljährigkeit hatte ich damals bei Jutta gelebt. Der einzigen Verwandten, die mir geblieben war.
    Ich riss mich los. »Nun sagen Sie schon, was Sie noch auszusagen haben. Dann gehe ich auch wieder. Haben Sie nun das Motorrad von Pfaff gekauft oder nicht?«
    »Ja, habe ich. Vor etwa einem halben Jahr.«
    »Und das Nummernschild war noch drauf?«
    »Es war drauf, aber die Plaketten fehlten natürlich. Die Maschine war ja abgemeldet.«
    »Das heißt also, Sie haben das Motorrad jetzt? Das Motorrad, das für den Mord verwendet wurde? Mit dem plakettenlosen Nummernschild?«
    Kurz suchte nach Worten. »Ich habe niemanden umgebracht. Warum auch? Und ich hab doch auch das Motorrad nicht mehr. Schon lange nicht mehr.« Seine Stimme bekam etwas Weinerliches. »Ich hab's doch längst weiterverkauft.«
    »Mitsamt dem Nummernschild?«
    »Klar. Warum sollte ich das extra abmachen?«
    »Und wer hat die Maschine übernommen?«
    »Was glauben Sie, worüber ich die ganze Zeit nachdenke? Irgendjemand in Bergisch Gladbach.«
    »Was für eine Maschine war das eigentlich?«
    »Hat Ihnen das Pfaff nicht gesagt? 750er Kawasaki. Schwarz.«
    »Und wenn Sie mir jetzt noch sagen könnten, wer der glückliche Besitzer ist.«
    Kurz wischte sich mit der schaufelartigen Hand über die Stirn. »Die Straße war irgendwas mit ›heide‹«, sagte er.
    »Da gibt's viele. Lustheide. Schluchterheide. Schreibersheide.«
    Er sah mich an.

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