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Bei null bist du tot

Bei null bist du tot

Titel: Bei null bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johanson
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von seinem Schreibtisch und stand auf. »Hätten Sie Lust, ein paar von Julius’ Texten zu lesen?«
    »Sicher. Es könnte interessant sein, zu erfahren, wie er über Cira gedacht hat. Aber nach allem, was Sie mir erzählt haben, glaube ich kaum, dass ich irgendwelche Überraschungen in den Texten finden werde.« Sie nahm die Mappe entgegen und machte es sich wieder in ihrem Sessel bequem. »Und vielleicht haben Sie heute Nachmittag wieder ein bisschen von Cira für mich?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Probleme mit diesem Text. Die Schriftrolle ist nicht so gut erhalten wie die erste, weil die Röhre, in der sie sich befand, leicht beschädigt war.«
    Sie durfte sich nicht frustrieren lassen. Ciras Brief an Pia hatte ihr nicht nur bestätigt, dass Cira einen starken Charakter besaß, er hatte ihr auch ganz neue Einsichten ermöglicht und Informationen geliefert. Auch Julius’ Texte konnten sich als interessant erweisen, außerdem hatte sie sowieso nichts Wichtiges zu tun bis nach dem Abendessen, wenn Trevor ihr wie versprochen den Turnierplatz zeigen würde. Sie seufzte. »Na gut, dann werde ich einfach hier bleiben und Ihnen als Inspiration dienen, damit Sie ein bisschen schneller arbeiten.«

Acht
    Nachdem sie sich durch vier von Julius’ Texten gearbeitet hatte, erhob sie sich und legte Jane den Rest zurück auf Marios Schreibtisch. »Gott, war der Typ ein geiler Bock.«
    Mario lachte in sich hinein. »Reicht’s Ihnen?«
    »Vorerst. Er lässt sich eigentlich nur über ihre bemerkenswerten körperlichen Vorzüge aus. Ich versuch’s später noch mal. Aber jetzt brauche ich erst mal eine Pause. Ich gehe in den Hof runter, um ein bisschen zu zeichnen.« Sie lächelte. »Dann komme ich zurück und gehe Ihnen noch ein bisschen auf die Nerven.«
    »Ich freue mich schon darauf«, erwiderte er. Seine Stimme klang geistesabwesend. Offenbar war er wieder in seine Übersetzung vertieft.
    Sie wünschte, sie könnte sich genauso begeistern wie Mario, dachte sie, als sie das Zimmer verließ. Nachdem sie jahrelang dem Tag entgegengefiebert hatte, an dem sie Julius’ Schriftrollen zu lesen bekommen würde, war die Lektüre eine herbe Enttäuschung gewesen. Die Einzelheiten über Ciras Leben kannte sie bereits aus Trevors Erzählungen, und Julius’ sexuelle Fantasien fand sie abstoßend und für Cira demütigend. Jane konnte es kaum erwarten, Ciras zweiten Text zu lesen.
    Nun, sie würde sich noch ein bisschen gedulden müssen. Also sollte sie Cira am besten für eine Weile vergessen und sich um ihre eigene Arbeit kümmern. Auf diese Weise würde die Zeit schneller vergehen, bis sie sich wieder genug erholt hatte, um sich erneut mit Julius’ Pornografie herumzuplagen.
    Eine Stunde später saß sie auf dem Brunnenrand und machte gerade die letzten Striche einer Zeichnung von den Mauerzinnen. Langweilig. Die Burg war ja ganz interessant und konnte sich zweifellos einer ereignisreichen Geschichte rühmen, aber sie fand einfach nichts, woran sie sich festbeißen konnte. Das Gemäuer bestand aus Stein und Mörtel und – Die Stalltür öffnete sich. »Du bist schon wieder sauer, stimmt’s?«
    Sie schaute den Mann an, der in der Stalltür stand. Nein, kein Mann. Er war ein Junge von vielleicht neunzehn, zwanzig Jahren.
    Gott, und dieses Gesicht.
    Schön. Man konnte ihn ebenso wenig als »gut aussehend« bezeichnen wie man diesen Ausdruck für eine klassische griechische Statue verwendete. Seine zerzausten blonden Haare umrahmten perfekte Gesichtszüge und graue Augen, die sie mit einer Art verwirrter Naivität betrachteten. Genau, Bartlett hatte ihr gesagt, Jock Gavin sei ein bisschen unterbelichtet, er sei wie ein Kind.
    »Bist du immer noch sauer auf den Burgherrn?«, fragte er stirnrunzelnd.
    »Nein.« Selbst die in Falten gelegte Stirn konnte seiner Schönheit keinen Abbruch tun. Sie verlieh dem Gesicht höchstens mehr Charakter. »Ich bin auf niemanden sauer. Und MacDuff kenne ich eigentlich gar nicht.«
    »Du warst sauer, als du gekommen bist. Das habe ich genau gesehen. Du hast ihn nervös gemacht.«
    »Er hat mich auch nicht gerade beglückt.« Er blickte sie immer noch stirnrunzelnd an, und sie begriff, dass sie nicht zu ihm durchkam. »Es war ein Missverständnis. Verstehst du, was ich damit meine?«
    »Natürlich. Aber manchmal sagen Leute nicht die Wahrheit.« Sein Blick fiel auf ihren Zeichenblock. »Du hast was gezeichnet. Ich hab dich gesehen. Was ist es?«
    »Die Mauerzinnen.« Sie drehte den Block so,

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