Bei null bist du tot
brauchte nur zuzuhören.«
Auf der Titelseite stand nur Cira.
Cira.
Verflixt, es machte sie tatsächlich nervös, Ciras Worte zu lesen. Sie lebte schon seit Jahren mit Ciras Bild und ihrer Lebensgeschichte, aber ihre echten Gedanken zu lesen, war etwas ganz anderes. Es ließ Cira … wirklich erscheinen.
»Stimmt was nicht?«, fragte Mario.
»Nein, alles in Ordnung.« Sie richtete sich auf und blätterte um.
Also gut, sprich mit mir, Cira. Ich höre.
Luzern, Schweiz
»Darf ich an Ihrem Tisch Platz nehmen? Alle anderen Tische scheinen besetzt zu sein.«
Eduardo blickte von seiner Zeitung auf und sah den Mann an, der eine Tasse Espresso in der Hand hielt. Er nickte. »Man muss früh herkommen, um einen Tisch zu ergattern. Von hier aus hat man eine fantastische Aussicht auf den See.« Er schaute auf den Vierwaldstätter See hinaus, der im Sonnenlicht glitzerte. »Andererseits ist der Anblick immer großartig, egal von wo aus.« Er faltete seine Zeitung zusammen, um Platz zu machen. »Regelrecht herzerwärmend.«
»Ich bin zwar zum ersten Mal hier, stimme Ihnen jedoch zu.«
»Sie sind Tourist?«
»Ja.« Er lächelte. »Sie scheinen ein Einheimischer zu sein. Wohnen Sie hier in Luzern?«
»Seit ich im Ruhestand bin. Ich teile mir in der Stadt eine Wohnung mit meiner Schwester.«
»Und Sie können jeden Morgen herkommen und diese Pracht genießen. Was für ein Glückspilz Sie sind.«
Eduardo verzog das Gesicht. »Einen schönen Anblick kann man nicht essen. Bei meiner kleinen Rente kann ich mir nicht mehr als eine Tasse Kaffee und ein Croissant leisten, um den Tag zu beginnen.« Er schaute wieder auf den See hinaus. »Aber vielleicht bin ich ein Glückspilz. Sie haben Recht, Schönheit nährt die Seele.«
»Kennen Sie Luzern gut?«
»Es ist eine kleine Stadt. Da gibt es nicht viel zu kennen.«
Der Mann beugte sich vor. »Dann kann ich Sie vielleicht dazu überreden, mir ein paar schöne Ecken zu zeigen? Ich bin nicht reich, aber ich wäre bereit, Sie für Ihre Mühe zu bezahlen.« Er zögerte. »Wenn es Sie nicht beleidigt, mein Geld anzunehmen.«
Eduardo trank einen Schluck von seinem Kaffee und dachte darüber nach. Der Mann war höflich, drückte sich gepflegt aus und trat nicht so großspurig auf wie viele der Touristen, die in Scharen in Luzern einfielen. Vielleicht war er Lehrer oder Beamter, denn seine Kleidung war lässig und nicht teuer. Offenbar wusste er, dass den Armen ihr Stolz wichtig war. Er war respektvoll, und die zurückhaltende Neugier, mit der er ihn betrachtete, schmeichelte ihm.
Warum sollte er sein Angebot nicht annehmen? Ein bisschen zusätzliches Kleingeld konnte er immer gebrauchen, und es würde ihm Spaß machen, eine Aufgabe zu haben. Seine Tage waren lang und zogen sich endlos hin, der Ruhestand war nicht das, was er erwartet hatte. Mittlerweile konnte er verstehen, warum manche alten Leute sich einfach aufgaben und allmählich immer schwächer wurden, wenn sie keinen Grund mehr hatten, morgens aufzustehen. Er nickte langsam. »Ich denke, das ließe sich machen. Was interessiert Sie denn besonders, Herr …«
»Oh, verzeihen Sie, wie unhöflich von mir. Darf ich mich vorstellen?« Er lächelte. »Mein Name ist Ralph Wickman.«
Actos, der Schreiber, der mir diese Pergamentrolle gegeben hat, sagt, ich soll nichts schreiben, wovon ich nicht möchte, dass Julius es liest, und er hat mir geraten, sehr vorsichtig zu sein.
Ich bin es leid, vorsichtig zu sein. Und vielleicht ist es mir inzwischen gleichgültig, ob Julius das liest und sich darüber ärgert. In letzter Zeit erscheint mir mein Leben trostlos, und ich ertrage es nicht, dass er meinen Geist ebenso erdrückt wie meinen Körper. Ich kann mich mit niemandem unterhalten, aus Angst, Julius könnte dem Betroffenen Schaden zufügen, doch vielleicht finde ich eine Möglichkeit, dir diese Schriftrolle zu schicken, Pia. Er weiß nichts von dir, es dürfte also ungefährlich sein. Seit er herausgefunden hat, dass Antonio mein Geliebter ist, beobachtet Julius mich unablässig. Manchmal frage ich mich, ob er wahnsinnig ist. Er sagt, er sei wahnsinnig vor Liebe zu mir, doch weiß ich, dass er nur sich selbst liebt. Nachdem er Antonio bestochen hatte, damit er mich verlässt, dachte er, ich würde demütig zu ihm zurückgekrochen kommen und mich wieder unter sein Joch begeben.
Ich werde mich von keinem Mann zur Sklavin machen lassen. Sie interessieren sich einzig und allein für das, was sich zwischen meinen Beinen befindet,
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