Bei Tag und Nacht
Konturen ihres Körpers erkennen.
Die Balkontür war unverschlossen, wie er gehofft hatte, und so drehte er den Knauf leise um. Cecily lag halb auf dem Bauch, das Gesicht in ein tiefes Federkissen gedrückt, ihre hübschen Züge verdeckte das vom Schlaf zerzauste Haar.
Er sah, daß sie nichts anhatte und das Laken hinuntergerutscht war bis gerade oberhalb ihres gerundeten Hinterteils. Sein Körper meldete sich. Die Erregung begann zu wachsen, seit er ins Zimmer getreten war. Geräuschlos überquerte er den dicken Orientteppich und setzte sich auf die Bettkante. Nur eine schmale Mondsichel erhellte die Nacht, doch ein dünner Lichtstrahl streifte das Bett und traf auf die bleiche Haut eines langen, schlanken Halses.
Sein Blut strömte schneller, wurde heißer. Adrian beugte sich vor und drückte einen zarten Kuß in ihren Nacken, wo er den feinen Duft von Lavendel wahrnahm. Er küßte die glatte, weiße Haut ihrer Schultern, und sie rührte sich ein wenig im Schlaf. Seine Erregung pulsierte, drängte sich hart und unmißverständlich gegen den Verschluß seiner Hose.
Im ersten Impuls wollte er sie auf den Rücken drehen, ihre herrlichen Brüste streicheln und sich in ihren entgegenkommenden Körper gleiten lassen. Statt dessen zog er weiter eine schmale Spur von Küssen abwärts über den Rand ihrer Wirbelsäule und wurde durch ein leises, weibliches Wimmern belohnt. Er schob das Laken noch etwas weiter abwärts, küßte das Grübchen genau über der Wölbung ihrer linken Gesäßbacke und bewegte sich dann weiter auf den entzückenden Leberfleck zu, der dort genau oberhalb des anderen Grübchens auf der rechten Seite prangte.
Adrian erstarrte.
Er kannte Cecily Kainz mit dem intimen Wissen des Liebhabers, der er in den vergangenen Wochen für sie gewesen war. Und er wußte definitiv, daß sie keinen solchen Leberfleck hatte.
Verdammter Mist!
Als er spürte, daß die Frau sich auf der weichen Federmatratze umzudrehen begann, bewegte er sich schnell, zog mit seiner Rechten das Laken hastig nach oben und drückte die Handfläche der anderen gleichzeitig auf ihren Mund, wobei er sie an seine Brust zog.
»Keine Angst«, sagte er leise auf deutsch, was er fließend beherrschte, da seine Mutter aus Österreich stammte - dies war auch der Grund für seine derzeitige Mission. »Es liegt eine Verwechslung vor.« Sein Blick bewegte sich über ihr Gesicht, den Schwung ihrer Kehle, wo der Puls heftig pochte, und ihm kam zu Bewußtsein, daß es ihm nicht im geringsten leid tat. Die Frau, ein junges Mädchen, kaum älter als zwanzig, übertraf Cecily sogar an Schönheit. Ihre Züge waren feiner, ihr Gesicht herzförmig anstatt rund, mit einer kleinen Mulde am Kinn. Ihr goldenes Haar war nicht lang, wie er irrtümlich geglaubt hatte, sondern modisch kurz geschnitten und lockte sich weich um ein Gesicht, das einem Engel hätte gehören können.
»Wer seid Ihr?« flüsterte sie.
Adrian lächelte kurz. »Nur ein Freund einer Freundin.« Mit ziemlichem Bedauern entfernte er sich und bewegte sich rückwärts zur Tür. »Verzeihen Sie mir, daß ich Euch Unannehmlichkeiten bereitet habe, mein Engel. Ich verspreche, das bei unserer nächsten Begegnung wiedergutzumachen. Und ich habe das Gefühl, als stünde eine solche schon recht bald bevor.
Ihre Wangen erglühten in warmem Rosa, als schließlich die Scham ihre Angst besiegte. Sie hob den Kopf, aber ihre Hand, mit dem Laken fest unter ihr Kinn gedrückt, zitterte. »Da hoffe ich allerdings sehr, daß Ihr Euch täuscht, mein Herr.«
Er warf ihr ein draufgängerisches Blitzen zu. »Vielleicht. Warten wir es ab.« In schweigendem Gruß berührte er seine Stirn, während er sich bereits die nächste Wiederbegegnung ausrechnete. »Schlaft wohl, süßer Engel!«
Adrian öffnete die Tür und trat auf den Balkon hinaus. Die Nacht war kühl, der Himmel dunkel und mit Sternen übersät. Drüben beim Spalier schwang er ein langes Bein über das Geländer und kletterte hinunter, wobei er weiter an die junge Frau dachte und sein Körper sich nach wie vor verrückt gebärdete. Er kam ohne Schwierigkeiten unten an, fluchte unterwegs nur einmal, als sich ein Rosendorn in seine Hand bohrte. Ein niedriger Preis, dachte er matt, für den Schatz, den ihm diese Nacht verheißen hatte - und den er für sich zu gewinnen trachtete.
Lady Elissa Tauber sank zurück in die Daunenlaken auf ihrem Bett und hielt nach wie vor das Laken fest. Du lieber Himmel, noch nie war ihr etwas so peinlich gewesen! Ihre
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