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Beichte eines Verfuehrers

Beichte eines Verfuehrers

Titel: Beichte eines Verfuehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hart Megan
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Treppengeländer.
    Ich mochte Dennis. Er war einsfünfundachtzig groß, wog weit über hundert Kilo und war so muskelbepackt wie ein Footballspieler. Auch wenn man es einem Mann in diesem kräftigen Körper kaum zutraute, war Dennis besonders einfühlsam. Seit zwei Jahren war er nun bei uns, und ich konnte mir ein Leben ohne ihn ebenso wenig vorstellen wie eines ohne Mrs. Lapp.
    „Hey Sadie. Du bist spät.“
    „Ich stand im Stau“, sagte ich.
    „Ich wollte gleich ausgehen. Aber ich gucke noch mal nach ihm, bevor ich gehe“, teilte er mir mit. Er nickte mir kurz zu, dann verschwand er wieder in seinem Zimmer. Ich konnte hören, wie er mit jemandem telefonierte.
    Im Leben hatte alles seinen Preis. Weil Dennis und Mrs. Lapp uns unterstützten, hatte ich kein Privatleben mehr. Oft genug dachte ich sehnsüchtig an die Zeiten zurück, in denen ich in meiner Unterwäsche unbekümmert durch das Haus laufen und Erdnussbutter direkt aus dem Glas essen konnte. Dieses Leben war vorbei. Meine Schwiegermutter nannte Dennis und Mrs. Lapp „unsere guten Geister“. Aber das war nur ein schöner Ausdruck für eine absolute Notwendigkeit. Wir drei arbeiteten Hand in Hand wie eine gut geölte Maschine, damit der Haushalt reibungslos funktionierte. Ohne die beiden wäre ich aufgeschmissen.
    Vor der Tür zu Adams Schlafzimmer hielt ich inne, um mich zu sammeln. Ich setzte ein müdes Lächeln auf, gerade so viel, um zu zeigen, wie sehr mich der angebliche Stau auf dem Heimweg genervt hatte. Ein müdes, liebevolles Lächeln.
    Adam lag schon im Bett. Als ich eintrat, drehte er mir den Kopf zu. Er hatte etwas auf seinem Laptop gelesen. „Programm schließen“, befahl er dem Computer. Fast alle Geräte in seinem Zimmer konnte er mit einem stimmenbasierten System steuern. „Du bist heute Abend spät.“
    „Hach, ich werde ja von allen so sehr geliebt! Du bist nun schon der Dritte, der mir das sagt.“ Ich sagte dies leichthin, als wäre es ein guter Scherz. Mühelos schlüpfte ich in die Rolle der liebenden Ehefrau.
    Ich schob den Computertisch aus dem Weg und beugte mich über Adam. Meine Lippen berührten seine zum allabendlichen Kuss. Sein Mund fühlte sich kühl an, und ich schloss für einen Moment die Augen. Ich wünschte, ich könnte seine Lippen mit meinen wärmen.
    „Du hattest wohl einen langen Tag?“, fragte Adam, nachdem ich mich widerstrebend von ihm gelöst hatte. „Du siehst erschöpft aus.“
    Bevor ich antworten konnte, knurrte mein Magen. Ich presste meine Hand auf den Bauch, um ihn zur Räson zu bringen. „Mrs. Lapp hat Suppe gekocht. Ich werde mir lieber einen Teller gönnen, aber ich wollte wenigstens kurz Hallo sagen.“
    Er lächelte erneut. In diesem Moment sah er genau so aus wie jener Mann, in den ich mich einst verliebt hatte. Ihn so zu sehen, tat weh.
    „Hallo“, sagte er leise.
    „Hallo.“ Ich streckte die Hand aus und strich das Haar aus seiner Stirn. Obwohl seine Lippen kalt waren, fühlten sich seine Stirn und seine Wangen heiß an und waren gerötet. „Du fühlst dich warm an.“
    „Ach, du hast mich beim Lesen erwischt.“ Er wackelte mit den Augenbrauen. Obwohl Adam seinen Körper unterhalb der Schultern nicht nutzen konnte, hatte er nie Probleme damit, etwas auszudrücken.
    Ich warf einen Blick auf seinen Laptop. „Du liest schon wieder diesen Kram?“
    „Also bitte. Das ist Literatur!“, sagte er betont stolz.
    „Für ein Seminar oder einfach, weil es dir Spaß macht?“ Während ich sprach, glitt meine Hand erneut liebkosend über seine Stirn. In Wahrheit wollte ich überprüfen, ob Adam fieberte, aber weil er das nicht mochte, versteckte ich diese Geste hinter einer Zärtlichkeit.
    „Nein, das ist für ein Seminar.“
    Einst hatte Adam mit seinen Gedichten bedeutende Literaturpreise gewonnen. Heute gab er online Englischkurse an der Penn State University. Soweit ich wusste, schrieb er keine Gedichte mehr.
    „Für die Knastpoeten?“ Beiläufig schob ich seine Hand gerade, die sich im Laufe des Tages verschoben hatte. Die Beine lagen gekrümmt da, und ich korrigierte auch dies behutsam. Mit knappen, geübten Bewegungen strich ich die Bettdecke glatt und stopfte sie an seiner Seite fest, als wollte ich ihn zu einer Mumie verpacken.
    „Marquis de Sade verglichen mit Oscar Wilde.“ Adam ließ mich nicht aus den Augen.
    „Das klingt ja wirklich abartig.“ Ich lächelte und lehnte mich über ihn, um die Bettdecke auf der anderen Seite festzustecken. Er sog die Luft tief ein und

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