Beichte eines Verfuehrers
führte.
Vielleicht wäre das besser gewesen. Ich hätte Erfahrungen sammeln können. Aber etwas hatte mich immer daran gehindert. Nie hatte ich dieses absolut tiefe Gefühl von Liebe erlebt, das mich innerhalb weniger Minuten in die höchsten Höhen und größten Jammertäler katapultieren konnte.
Bis zu dem Tag, an dem ich Adam kennenlernte.
Ich erzählte niemandem von meiner inneren Verwirrung. Nicht einmal Donna, die im Laufe der Zeit meine beste Freundin wurde. Auch meiner Schwester Katie verschwieg ich es. Sie war zwei Jahre jünger als ich und wurde von den Freundschaftsdramen in Atem gehalten, denen ich mich an der Highschool verschlossen hatte. Ich behielt meine Liebe zu Adam für mich. Je länger ich darüber nachdachte, umso mehr drängte es mich, die Freundschaft zu Adam zu beenden oder ihm meine Liebe zu gestehen. Noch nie hatte mich etwas so verwirrt und verzweifeln lassen, nie zuvor hatte ich ein so großes Glück empfinden dürfen.
Ich hatte mich in Adam Danning verliebt. Und ich hatte keine Ahnung, was er für mich empfand.
Vielleicht hätte ich mich schämen sollen, als ich Rachael fragte, ob sie mir welche von den Kondomen gab, die sie so offen in ihrem Zimmer auf dem Nachttisch liegen hatte. Immerhin wollte ich ihren Freund verführen. Aber wenn man in jemanden verliebt ist, der „böse, verrückt und gefährlich“ ist, dann scheinen manche Dinge, die man vorher nie für möglich gehalten hätte, plötzlich entschuldbar.
Mein erstes Semester war unglaublich schnell vergangen. Als ich damit konfrontiert wurde, dass ich Adam einen kompletten Monat nicht sehen und er die meiste Zeit mit Rachael verbringen würde, konnte ich nicht länger warten. Am Tag vor meiner Heimfahrt bewaffnete ich mich mit neuer, heißer Unterwäsche, steckte die Kondome ein und ging zu Adams Apartment. Bevor ich wegfuhr, wollte ich ihm ein Geschenk bringen – dies war meine durchschaubare Ausrede.
Er öffnete die Tür und stand mit nacktem Oberkörper und feuchtem Haar vor mir. Mein Bauch spannte sich an, jeder einzelne Nerv war zum Zerreißen gespannt. Ich spürte meinen Herzschlag durch den Körper rauschen. In meinem Unterkörper, zwischen meinen Beinen, fühlte ich beinahe eine schmerzhafte Leere.
„Hey, du hast ein Geschenk für mich?“ Er schien ehrlich überrascht und nahm das Päckchen entgegen, das ich in Geschenkpapier gewickelt hatte. Das Papier hatte ich mit Bedacht ausgesucht. Es sollte etwas Besonderes sein.
„Wow, Sadie. Was ist es?“
„Mach’s doch einfach auf“, schlug ich vor.
Meine Knie zitterten. Ich stand in seinem Wohnzimmer, hatte feuchte Hände und fühlte mich, als stünde ich an einem Abgrund. Ich war bereit, zu springen, mich ohne Netz und doppelten Boden in den Abgrund zu stürzen. Ich wollte springen … und fliegen.
Adam wog den Gedichtband, den er aus dem Papier wickelte, in den Händen. Sein Grinsen war mir Lohn genug, die Überraschung war mir gelungen. „E.E. Cummings. Die Gedichte.“
„Du hast sie noch nicht, stimmt’s?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf und blätterte in dem Buch mit jener Andacht, die jedem Buchliebhaber zu eigen ist, wenn er ein neues Exemplar zum ersten Mal in den Händen hält.
Ich hatte eine Seite mit einem roten Seidenband markiert wie mit einem Lesezeichen. Während ich beobachtete, wie Adam eine Seite nach der anderen andächtig umblätterte und dem Band immer näher kam, vergaß ich zu atmen. Diese bangen Sekunden des Wartens waren für mich wie zäher Honig, der von einem Löffel tropft, langsamer und immer langsamer. Jeder Moment war mit dem vorherigen verknüpft, doch jede Sekunde war für mich wie eine Ewigkeit.
Als er das Seidenband fand, hielt Adam inne. Seine Augen verharrten auf der Seite, glitten von oben nach unten, bevor er mich ansah. Ich begann wieder zu atmen, saugte den Sauerstoff ein wie Wein, der mich berauschte. Mein Puls rauschte in meinen Ohren, ähnlich dem Auf und Ab von Wellen, die sich am Strand brechen.
„Wie jener unermessliche Stern“, las er leise vor. Und plötzlich wusste ich, dass ich alles richtig gemacht hatte.
Adam legte das Buch beiseite. Wir blickten einander lange an, ohne ein Wort zu sagen. Aber jetzt waren auch keine Worte mehr nötig. Er streckte eine Hand nach mir aus und ich nahm sie. Unsere Finger kreuzten sich, seine Hand war warm, meine war kalt.
Er setzte sich und zog mich auf seinen Schoß, die Beine links und rechts von seinem Körper. Seine Schultern unter meinen Handflächen
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