Beichte eines Verfuehrers
Zustellbett zu kaufen, aber bisher hatten wir es nicht getan.
„Ich hoffe, Dennis hat heute einen schönen Abend“, sagte ich nach einer Weile.
„Wird er schon. Ich habe ihm gesagt, er solle den Typen endlich mal einladen.“
Ich kuschelte mich in den Lehnstuhl. „Ich habe nicht mal gewusst, dass er sich für einen bestimmten Mann interessiert.“
Adam hielt den Blick auf den Fernseher gerichtet, wo gerade die neuesten Gerüchte über Brangelina verbreitet wurden. „Ja, tut er wohl“, sagte er abwesend.
„Hm.“
Er brauchte einen Moment, um sich vom Fernseher loszureißen, dann blickte er mich an. „Hm?“
Ich zuckte mit den Schultern und blickte in den Korb, in dem ich meine Stricksachen sammelte. Nie schaffte ich es, mehr als ein paar Reihen an einem Abend zu stricken, aber ich hatte es immer dabei, wenn ich bei Adam schlief. Ich blickte auf und bemerkte, wie Adam mich anstarrte.
„Was ist?“, fragte ich.
„Wir reden halt manchmal darüber“, sagte er zurückhaltend. „Ist das ein Problem für dich?“
„Nein, natürlich nicht. Ich hab’s nicht gewusst, das ist alles.“
Er runzelte die Stirn. „Ich kann manchmal nicht schlafen und dann ist Dennis eben hier und wir reden.“
Dennis ist hier. Du nicht.
Er sagte es nicht, aber ich hörte den unausgesprochenen Vorwurf. Ich heftete meinen Blick wieder auf das, was irgendwann mal ein Schal werden sollte. Das Dröhnen des Fernsehers summte in meinen Ohren.
Ich vergaß nie, dass alles, was ich tagsüber erlebte, für Adam eine unerreichbar ferne Erfahrung war. Wenn ich nach draußen ging, mit Menschen redete und selbst etwas so profanes wie einen Abstecher in die Drogerie machte, waren das für ihn Abenteuer. Telefon und E-Mails konnten nicht das Gespräch mit einem Gegenüber ersetzen. Für jemanden wie Adam, der das Gespräch mit anderen brauchte, um sich zu entfalten, war diese Isolation – auch wenn er sich dafür entschieden hatte und nicht raus wollte – doch eine harte Strafe. Adam hatte für sich entschieden, dass es den Aufwand nicht lohnte, dessen es bedurfte, damit er außer Haus gehen konnte. Und auch wenn er mal vor die Tür kam – er fühlte sich dort nicht mehr wohl. Er wurde wütend, wenn ich versuchte, ihn zu einer anderen Einstellung zu überreden. Also hatte ich es zuletzt nicht mehr versucht.
Nach Adams Unfall trennte sich in unserem Freundeskreis recht schnell die Spreu vom Weizen. Da gab es auf der einen Seite die Freunde, die ihn regelmäßig besuchten und die anderen, die nie vorbeischauten. Wer war ich denn, dass ich ihm diese neue Freundschaft mit Dennis missgönnte?
„Debbie hat mir ein paar Fotos von den Mädchen geschickt.“ Adam wies mit seinem Blick hinüber zu dem Schreibtisch, wo die Post in unordentlichen Stapeln lag. „Sie hat sich überlegt, dass sie uns mal besuchen möchte.“
„Das klingt toll.“ Ich täuschte mehr Begeisterung vor als ich verspürte. Adams Schwester und ihre Kinder waren nicht die besten Gäste, die ich mir wünschen konnte. Nicht nur, dass ein Besuch von ihnen bedeutete, dass ich das letzte Stück Privatleben verlor, das ich mir noch bewahrt hatte. Sie erwarteten auch von mir, dass ich sie unterhielt.
„Was hältst du von nächstem Monat?“
Er klang so hoffnungsvoll, dass ich es nicht über mich brachte, abzulehnen. Es waren immer noch seine Schwester und seine Nichten. Seit wir sie nicht mehr besuchen konnten, mussten sie zu uns kommen. Das verstand ich ja. Aber all die Vorbereitungen und das anschließende Aufräumen waren für mich zu viel. Mrs. Lapp nahm mir schon die meiste Arbeit ab. Aber wenn Adams Schwester und ihre Töchter hier waren, wurde von mir erwartet, dass ich mich um sie kümmerte und ihnen etwas bot. Sie stellten hohe Ansprüche. Es wäre super, wenn sie kämen, um mich bei Adams Pflege zu entlasten, aber auf die Idee kam Adams Schwester überhaupt nicht. Sie würde eine Stunde pro Tag an Adams Bett sitzen, während ihre Kinder im Haus über Tisch und Bänke sprangen. Aber sie würde nicht abends bei ihm bleiben, damit ich mal ins Kino gehen konnte.
„Sie hat gesagt, dass meine Mutter vielleicht mitkommen wird.“
Dafür konnte ich erst recht keine Begeisterung zeigen. Adam wusste das. Ich sagte vorerst nichts.
Seine Mutter hatte keine Hemmungen, mir den ganzen Tag über gut gemeinte Ratschläge zu erteilen, ob es nun um die Wassertemperatur beim Duschen ging oder die Frage, wie klein ich das Fleisch für Adam schneiden musste. Trotzdem rührte sie
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