Beichte eines Verfuehrers
nicht mal den kleinen Finger, um mir zu helfen, wenn sie da war.
Einmal war ich von einer durchwachten Nacht und ein paar gesundheitlichen Problemen bei Adam so gereizt, dass ich Alice Danning mit ihren „Ratschlägen“ konfrontierte.
Sie reagierte darauf natürlich verschnupft. „Ich denke, ich weiß, was für meinen Sohn das Beste ist, Sadie. Ich bin schließlich seine Mutter. Wenn du Kinder hättest, würdest du das besser verstehen. Eine Mutter weiß immer, was ihre Kinder brauchen.“
Ich war mir nicht sicher, ob das stimmte. Man sollte doch meinen, dass eine Frau, die ihrem Sohn als Baby den Hintern abgewischt hatte, damit keine allzu großen Probleme haben sollte, es jetzt genauso zu tun. Aber ich vermied es, in dem Punkt mit ihr zu streiten. Schließlich hatte ich keine Kinder. Und es sah auch nicht so aus, als würde ich je welche haben.
Wären die Dinge anders gewesen, wenn wir Eltern gewesen wären? Wäre es mir leichter gefallen, wenn ich schon vorher gelernt hätte, ein Baby zu pflegen, bevor ich damit konfrontiert wurde, meinen Mann zu pflegen? Wenn wir Kinder gehabt hätten, wenn wir eine Familie gewesen wären, als dieser schreckliche Unfall passierte … Vielleicht hätte ich es dann geschafft, in meiner Ehe, die einst mein größter Gewinn in diesem Leben gewesen war, nicht mein größtes Grab zu sehen. Die Küsse und Umarmungen von Kindern und ein süßes Babylächeln hätten vielleicht meine Sehnsucht nach physischer Nähe gestillt, die ich nun nicht länger bekam. Aber genauso gut konnte es sein, dass es mit Kindern nur doppelt schwer geworden wäre, weil all das mich so sehr belastet hätte.
Ich würde nie wissen, welchen Unterschied es gemacht hätte, wenn wir Kinder gehabt hätten. Adam und ich beschlossen früh, dass wir alle Zeit der Welt hatten. Wir machten beide Karriere und unsere Verliebtheit in den anderen ließ keinen Platz für ein Kind. Kinder zu bekommen war für uns ein ferner Traum gewesen, ein Abenteuer, für das später noch mehr als genug Zeit war.
Es gab zwar keinen Grund, warum wir nicht auch jetzt noch Eltern werden konnten. Männer mit einer Querschnittslähmung, wie Adam sie hatte, bekamen immer wieder Kinder – es war medizinisch kein Problem. Sicher erforderte es mehr Aufwand, wir würden Hilfe brauchen und wir müssten uns teuren und anstrengenden Prozeduren unterziehen, bis ich schwanger wurde. Aber das war nicht der Grund, warum ich nie die Frage aufwarf. Es war auch nicht mein Alter, das sich inzwischen immer schneller dem Punkt näherte, ab dem eine risikolose Schwangerschaft unmöglich war.
Der einfache Grund, warum ich nie den Wunsch äußerte, Mutter zu werden, war Eigennutz. Ich wollte die Verantwortung nicht übernehmen. Mich um Adam zu kümmern, nahm mir fast meine gesamte Freizeit. Ich hatte nichts, das ich einem Baby hätte geben können.
„Ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen“, sagte Adam zurückhaltend. „Ist es ein Problem, Sadie?“
„Nein, natürlich nicht. Welche Filme bieten sie uns heute an?“ Geschickt wechselte ich das Thema. Ich stand auf und trat an den Tisch, um zu sehen, welche Filme uns die Internetfirma geschickt hatte.
Es war Adams Aufgabe, sich um diese Dinge zu kümmern. Er verbrachte mehr Zeit im Internet als ich. Und nicht nur das – es bedeutete ihm auch mehr.
Also ratterte er die Namen einiger Blockbuster herunter. Es waren Actionfilme mit vielen Schießereien und Explosionen. Es war mir im Grunde egal. Letztlich würde ich nach der Hälfte des ersten Films einschlafen, wie immer.
„Klingt gut“, sagte ich.
Er lachte. „Meinst du, dass du wach bleiben kannst?“
„Wahrscheinlich nicht.“
Diesmal lachten wir gemeinsam, und sein Blick glitt über meinen Körper. Er hob mir das Gesicht entgegen, damit ich ihn küsste, und ich beugte mich über ihn. Unsere Münder strichen zärtlich übereinander hinweg, bevor ich ihn sanft auf die Stirn küsste.
„Ich geh nur kurz in die Dusche“, sagte ich. „Ich bringe Eiscreme mit, und dann schauen wir uns die Actionkracher an, okay?“
„Ich mag keine Eiscreme mehr.“
„Weißt du“, sagte ich nach einer kleinen Pause, „ich auch nicht.“
„Vielleicht hat Mrs. Lapp einen Kuchen gebacken.“
„Ich werde nachsehen.“
„Gut“, sagte Adam betont fröhlich. Als würde Kuchen alle Probleme dieser Welt lösen.
Wenn es doch nur so wäre …
„Ich mache mir Sorgen um deine Schwester.“
Als mir meine Mutter diese Worte ins Ohr flüsterte, blickte
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