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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Intlekofer - von dem Sie laut sagen dürfen, dass er ein gottverfluchter Betrüger und Menschenschinder ist -, der Intlekofer also hatte ihr gar keinen richtigen Arbeitsvertrag gegeben und sie nur als Praktikantin gehalten. Und wenn sie überhaupt etwas Geld gesehen hat für den Bildungssermon, den sie vor Intlekofers pensionierten Schulmeistern und Studienrätinnen hat aufsagen dürfen, dann ist das als Anerkennungshonorar irgendwie nebenher gelaufen... Das dumme Huhn hatte auf null und nichts Anspruch. Was wollen Sie da noch tun?«
    »Und was haben Sie getan?«, fragte Berndorf.
    »Was wohl! Das war ja weiß Gott ein niedliches Ding, dieses Mädchen, und ich hab in meiner Gutmütigkeit einen Brief an die Bundesagentur für Arbeit aufgesetzt, dass sie eine Beschäftigte im Sinne des Sozialgesetzbuches blabla gewesen sei und folglich Anspruch auf Ausfallgeld habe, drei Monate zu sechshundert Euro, mehr war nach Aktenlage nicht drin … Sie schien sogar ganz zufrieden, das heißt, zufrieden ist gar kein Ausdruck,
wissen Sie, was mir durch den Kopf ging? Da hat eine zum ersten Mal in ihrem Leben einen getroffen, der weiß, was Sache ist, das ging mir durch den Kopf, und dann beugt sie sich wieder nach vorne, und ich sehe, dass sie noch nicht einmal einen BH trägt, und während ich das sehe und mir so meine Gedanken dazu mache, fängt sie plötzlich an, dass da noch eine Ägyptenreise geplant gewesen sei, die wäre sogar ausgebucht, und ob ich die nicht noch abwickeln oder vielleicht einen anderen Reiseveranstalter dafür interessieren könne...«
    Berndorf sah sich um. Stahlrohrmöbel, die Fachliteratur in Bücherschränken aus schwarzem mattiertem Holz mit Kristallglasscheiben, seitlich eine Liege oder Ottomane aus schwarzem Leder im Design von spätem Bauhaus.
    »Sie hat sich also eingebildet«, fuhr Beyschlag fort, »sie könnte von einem richtigen Reisebüro übernommen werden, und ich sollte ihr dazu verhelfen. Als ob nicht auf allen verdammten Ruinenfeldern dieser Welt Kunsthistorikerinnen im Dutzend herumtrippeln, die jeder Veranstalter vor Ort für ein paar Euro mieten kann.«
    »Haben Sie ihr das gesagt?«
    »Nein«, antwortete Beyschlag, »hab ich nicht, was denken Sie denn! Natürlich hatte ich versucht, jemanden zu finden, der Intlekofers Laden übernimmt, schon vorher hatte ich damit angefangen, das hatte gar nichts mit der Fiona zu tun, es ist mein Job, das zu versuchen, auch wenn es aussichtslos erscheint. Das war es dann aber auch, für Intlekofers Kundenkartei wollte kein Schwein auch nur einen Fünfer herüberschieben, was ich mir freilich gleich hätte denken können...«
    »Was haben Sie sich stattdessen gedacht?«
    »Dass dieser nette Käfer keinen BH anhat, das hab ich mir gedacht, und gesagt hab ich, dass ich ihr nichts versprechen kann, gar nichts, aber dass ich es versuchen werde, und dann bin ich aufgestanden und sie auch, und sie ist zu mir hergekommen und hat mir die Hand gegeben und geflüstert, sie wisse nicht, wie sie sich bedanken könne, und schiebt mir ihre Hüften gegen den Hosenstall, Menschenskind! Was hätte ich denn tun
sollen? Außerdem war eh schon Mittagspause und die Sekretärin zu Tisch...«
    »Auf dieser Liege da?«, fragte Berndorf und deutete auf das schwarzlederne Bauhaus-Möbel.
    »Ja«, antwortete Beyschlag, fast schreiend. »Und wenn Sie schon so fragen: Es war einer der besten Ficks, die ich je gehabt habe...« Beyschlag schüttelte den Kopf, als könne er selbst gar nicht glauben, was er gerade erzählt hatte.
    »Weiter.«
    »Nichts weiter.« Für einen kurzen Moment klang in Beyschlags Stimme wieder die Lautstärke seiner üblichen barschen Geschwätzigkeit durch, doch dann dämpfte er sie. »Sie hat noch ein paar Mal angerufen, ich hab ihr gesagt, dass noch nichts entschieden sei, dann ist sie noch einmal in die Kanzlei gekommen, wieder in der Mittagspause - sie muss sich gemerkt haben, dass das günstig ist -, und hatte nicht nur keinen BH drunter, sondern auch keinen Slip. Wir haben kein Wort geredet, aber wie wir fertig waren, hab ich ihr gesagt, dass niemand den Laden übernehmen wird.«
    »Weiter.«
    »Das war es schon«, sagte Beyschlag. »Sie ist ganz blass geworden und hat gesagt, dass das nicht sein kann, und plötzlich ist ihr eingefallen, dass ich sie hereingelegt habe, das hat sie aber nicht geschrien, sondern sie hat es mit ganz leiser Stimme gesagt, so dass ich gewusst hab, die Sache läuft fürchterlich aus dem Ruder... Und so bin ich zu meinem

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