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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Sekretärin. Sie war beim Friseur gewesen und hatte jetzt blondes Haar, aber das half leider gar nichts. »Was ist das für ein Vogel, der drau ßen hockt?« Er griff nach der Visitenkarte und musste die Lesebrille wieder aufsetzen. »Ermittlungen? Bin ich ein Auskunftsbüro? Was denkt sich der Kerl?«
    »Es ist ein älterer Herr, eigentlich ganz freundlich«, antwortete seine Sekretärin, den Stenoblock in der Hand.
    »Was hat ein alter Esel noch zu ermitteln? Was ist das überhaupt für ein Beruf? Warum haben Sie ihn nicht weggeschickt?«
    »Das habe ich versucht«, erklärte seine Sekretärin und sah ihn trotzig an. »Aber er sagte, er hätte Zeit. Und Sie würden ganz bestimmt mit ihm sprechen wollen.« Ihr Mund zuckte, als müsse sie ein boshaftes kleines Lächeln unterdrücken. »Und dazu hat er so geschaut, dass ich gedacht hab, es ist besser, ich lass ihn da sitzen.«
    »Hab ich Sie zum Denken eingestellt?«, fragte Beyschlag.
    Die Sekretärin blieb unbeeindruckt. »Kann ich den Mann jetzt reinschicken?«
    Beyschlag antwortete nichts, sondern sah sie nur an und fuhr sich mit dem Daumennagel durch seinen borstigen dunkelblonden Schnauzbart. Die Sekretärin ging zur Tür und öffnete sie und sagte zu einem vom Schreibtisch aus Unsichtbaren:
    »Herr Beyschlag ist jetzt bereit, kurz mit Ihnen zu sprechen …«
    Ein grauhaariger Mann, der sich auffällig aufrecht hielt und eine Mappe unter dem Arm trug, trat in das Büro und sah den Insolvenzverwalter aufmerksam an, als wolle er dessen Blick festhalten. Unvermittelt runzelte er die Stirn. »Berndorf ist mein Name«, sagte er dann, »aber wir sind uns schon einmal begegnet.«
    Beyschlag schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber ich kann mich nicht erinnern, wie denn auch! Was glauben Sie, mit wie viel Leuten unsereins tagaus, tagein zu tun hat, Arbeit am Fließband
ist das, niemand hat Zeit, dabei ist Zeit das überhaupt Wichtigste, Zeit ist wichtiger selbst als Kapital, Sie können noch so viel Vermögen haben, wenn Ihnen keine Zeit bleibt, es sich entwickeln zu lassen, dann schmilzt die Substanz dahin, sag mir, wo die Blumen sind... Was haben Sie gerade gesagt?«
    »Wir sind uns vor ein paar Tagen im ICE begegnet«, antwortete Berndorf, »als er in Neu-Ulm hielt und der Schaffner uns nicht aussteigen lassen wollte.«
    »Ach richtig! Dieser Schaffner... da wundert es ja keinen mehr, dass die Bahn auf keinen grünen Zweig kommt. Und Sie waren dabei? Ja, wie man sich wiedertrifft... aber was kann ich für Sie tun? Ich bin sehr in Eile, müssen Sie wissen.«
    Berndorf, der noch immer stand, holte aus seiner Mappe eine DIN-A-4-große Fotografie und legte sie vor Beyschlag auf dessen Schreibtisch. Es war eine Vergrößerung, die nur das Gesicht von Fiona Morny zeigte.
    »Kennen Sie diese Frau?«
    »Was weiß ich!«, antwortete Beyschlag ungeduldig. »Glauben Sie vielleicht, ich hab Zeit für junges Gemüse? Was ist das überhaupt für ein Unsinn - Sie kommen hier herein und zeigen mir Fotos, als ob ich nichts anderes zu tun hätte.«
    »Diese junge Frau ist umgebracht worden«, sagte Berndorf. »Ihr Ehemann steht deshalb vor Gericht. Dieses Bild ist in den Zeitungen veröffentlicht worden.«
    »Und?« Beyschlag setzte seine Brille auf und warf einen zweiten Blick auf den Abzug. »Kann sein, dass ich so ein Foto auch im Tagblatt gesehen habe... Aber, verehrter Meister, was hat das mit mir zu tun?«
    »Kannten Sie Fiona Morny?«
    »Woher sollte ich die kennen? Und wieso? Was sind das für Fragen?«
    »Sie waren Insolvenzverwalter des Reisebüros Intlekofer?«
    »Ach Gott, diese Klitsche! Ja, hab ich abgewickelt«, antwortete Beyschlag. »War nicht vergnügungssteuerpflichtig.«
    »Fiona Morny hat dort gearbeitet.«
    Beyschlag lachte schallend auf. »Ach, Meister, wo kommen
Sie denn her? Was glauben Sie denn, wie viel Leuten ich zu ihrem Ausfallgeld verhelfen muss... Wenn ich da jeden Einzelnen hier vortanzen ließe, käme ich zu überhaupt nichts mehr... Und was ist jetzt das?«
    Berndorf hatte einen weiteren Abzug aus seiner Mappe geholt: eine Aufnahme von Fiona Morny, diesmal mit der Goldkette und dem Ring daran. »Erkennen Sie sie jetzt?«
    Beyschlag nahm die Brille ab und sah Berndorf an. »Ich glaube«, sagte er langsam, fast bedächtig, »dieses Gespräch möchte ich nicht weiterführen.«
    »Keine Sorge, ich gehe gleich«, antwortete Berndorf, legte einen dritten Abzug auf den Schreibtisch, der die vergrößerte Aufnahme des Ringes zeigte. »Nur sollten Sie mir

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