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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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immer noch ein wenig anders. Aber zurück zu Fiona Morny! Ich glaube, sie wollte sich den Eltern so zeigen, wie sie sich selber sah. Deshalb der Schmuck. Dass die Eltern gar nicht verstanden, was sie da zu sehen bekamen, war nicht wichtig. Vielleicht war das sogar beabsichtigt: Sie sollten sehen und eben nicht verstehen.
    Aber gut oder vielmehr schlecht.« Veesendonk tippte mit dem Bleistiftende auf die Notizen, die er sich gemacht hatte. »Die Frage ist, ob dieser Schmuck etwas mit Fionas Tod zu tun hat. Jedenfalls kann das Verfahren gegen Ekkehard Morny nicht weitergeführt werden, ohne diese Frage einzubeziehen... Was haben Sie?«
    Berndorf hatte die Augenbrauen hochgezogen. »Nichts«, antwortete er. »Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt.«
    Der Richter warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Schon gut«, sagte er dann.
    »Aber was ist jetzt Ihre Rolle in dieser Geschichte?«
    Berndorf runzelte die Stirn. »Bin ich Schauspieler? Vielleicht beschäftige ich mich zur Abwechslung einmal mit den Finanzbeamten. Was tun die eigentlich, wenn Krieg ist? Die schickt man doch nicht als Schütze Arsch an die Front, dafür sind sie als Fachleute viel zu wichtig. So ein Krieg muss finanziert werden, da wollen Steuern und Abgaben und Zuschläge veranlagt und eingetrieben sein, Heil Hitler schreien reicht nicht...«

    »Sie wollen also dem Herrn Gaspard nachspüren«, stellte Veesendonk klar. »Ich fürchte nur, Sie werden - falls Sie bei der Finanzverwaltung Akteneinsicht beantragen sollten - gegen eine Wand laufen.«
    »Sie hingegen könnten die Personalakte Gaspard von Gerichts wegen anfordern«, schlug Berndorf vor.
    »Sicher kann ich das«, antwortete Veesendonk. »Nur wäre es hilfreich, wenn Sie zuvor bei der Finanzverwaltung keine Gäule scheu machen.«
    »Einverstanden«, meinte Berndorf und stand auf.
    »Einen Augenblick noch!«, bat der Richter. »Ich habe gestern ein bisschen im Internet herumgesucht und in Freiburg eine Buchhandlung entdeckt, die heißt Vrens Bücherstube. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn...« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Ich denke, der Fall Eisholm ist geklärt?«
    »Sie enttäuschen mich«, sagte der Richter. »Aber so ist das mit den Leuten von der Polizei. Einmal Bulle, immer Bulle. Wenn ihr einen armen Teufel einmal festgenommen habt, dann glaubt ihr schon, der Fall sei geklärt... Ich dachte, Vren interessiere Sie?«
    »Mal sehen«, meinte Berndorf und ging.
     
     
     
    Staatsanwalt Desarts betrachtete die Vorhänge des Fensters, durch das sonst die Nachmittagssonne auf seinen Schreibtisch fiel. Aber der Nachmittag war grau, grau wie die Vorhänge, wann waren sie zum letzten Mal abgenommen und gewaschen worden?
    »Aber zur Tat selbst kann dieser Landrat uns doch überhaupt nichts mitteilen«, wandte er ein, den Telefonhörer sorgsam so haltend, dass er gerade nicht die Ohrmuschel berührte. Er mochte es nicht, fremde Stimmen so nah an seinem Ohr zu hören.
    »Es führt kein Weg daran vorbei, diesen Zeugen zu hören«, beharrte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Sie gehörte
dem Vorsitzenden Richter Michael Veesendonk, und sie klang bereits ziemlich ungehalten. »Dieser Mann muss schließlich wissen, wann die Morny ihn verlassen hat und in welcher Verfassung, ob sie beunruhigt war, aufgestört oder zornig, ob sie Angst vor jemandem gehabt hat... Und weil das alles samt und sonders Fragen sind, die in der Hauptverhandlung besprochen werden müssen, werden wir es auch dort tun.«
    »Sie nehmen dabei aber in Kauf, dass eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, ein Amtsträger, der Skandalpresse zum Fraß vorgeworfen wird...«
    »Ist das so?«, fragte Veesendonk zurück. »Und wenn es so ist, haben das dann nicht die Herrschaften im Innenministerium zu verantworten, die uns diesen Zeugen so lange Zeit vorenthalten haben? Das macht doch die Sache erst zum Skandal.«
    »Nun...«, Desarts wollte zu einem Einwand ansetzen, ließ es dann aber.
    »Ich werde übrigens den verantwortlichen Polizeiführer, einen Herrn Steinbronner, ebenfalls vorladen«, fuhr der Richter fort. »Aber Sie wollten etwas sagen?«
    »Nein«, antwortete Desarts, »was ich meine, ist... mein Gott, was treibt Sie eigentlich, dass Sie das Verfahren zu einem Tribunal über die bisherigen Ermittlungen umfunktionieren wollen?«
    »Moment!« Die Stimme Veesendonks war argwöhnisch geworden. »Warum reden Sie von einem Tribunal? Muss ich davon ausgehen, dass die Polizeiführung es mit Ihnen abgesprochen hat, den

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