Beifang
noch erklären, wie dieser Schmuck zu Fiona Morny gekommen ist.«
»Raus!« Beyschlag griff nach dem Telefonhörer. »Lucy, bringen Sie diesen Herrn hier nach draußen...«
Berndorf wartete, bis sich die Tür öffnete und die Sekretärin erschien. Dann sammelte er die Abzüge wieder ein.
»Wie Sie meinen«, sagte er. »Ich hätte Ihnen zwar gerne noch die eidesstattliche Versicherung des Uhrmachers Sigmund Vierneisel über den Verbleib eben dieses Ringes zu lesen gegeben. Aber Sie werden ja noch Gelegenheit haben, sich gegenüber der Staatsanwaltschaft dazu zu äußern.«
Die Sekretärin berührte ihn vorsichtig am Arm.
»Lassen Sie, Lucy... einen Augenblick noch«, sagte Beyschlag mit plötzlich veränderter Stimme. »Da scheint … da scheint ein Missverständnis vorzuliegen … ich brauch Sie jetzt gerade nicht.« Die Sekretärin wandte sich zögernd von Berndorf ab und ging hinaus.
»Bitte nehmen Sie doch Platz«, sagte Beyschlag, als Lucy - mit einem letzten fragenden Blick - die Türe hinter sich geschlossen hatte.
Berndorf setzte sich und wartete.
»Sie sagten, ich könne die eidesstattliche Versicherung einsehen?«
Berndorf reichte ihm eine Kopie. Beyschlag setzte seine Brille wieder auf und las.
»... Heute, Montag, 17. März, erschien bei mir Herr Hans Berndorf, Berlin, und legte mir die Fotografie einer mir unbekannten Frau vor, die eine Goldkette mit einem Anhänger trug. - Die Fotografie ist als Anhang dieser Erklärung beigefügt. - An Hand einer dieser Erklärung ebenfalls beigefügten Vergrößerung erkannte ich den Anhänger, einen etwa zwei Zentimeter breiten Goldring, der in reliefartiger Darstellung eine biblische Szene zeigt, bei der es sich um den sogenannten Sündenfall handelt. Dieser Ring samt Goldkette war mir um das Jahr 2000 von einer Frau Gaspard zum Verkauf angeboten worden. Ihren Angaben zufolge stammten Ring und Goldkette aus dem Nachlass ihres Mannes Otto Gaspard, des früheren stellvertretenden Leiters des Finanzamtes Ulm. Da ich den Ring für eine künstlerisch bedeutsame Antiquität hielt, bot ich ihr für den gesamten Schmuck fünfhundert Deutsche Mark. Einen größeren Betrag hätte ich wegen meiner damals bereits finanziell angespannten Lage nicht aufbringen können. Sie nahm das Angebot an, und ich verwahrte Kette und Ring in meinem Tresor. Im Jahr 2004 musste ich für mein Uhren- und Schmuckgeschäft Insolvenz beantragen, und als Insolvenzverwalter wurde Herr Anton Beyschlag eingesetzt. Bei der Inventur erklärte ich ihm, dass ich die noch immer in meinem Tresor befindliche Goldkette samt Ring für unverkäuflich halte. Dennoch nahm Herr Beyschlag den Schmuck an sich...«
»Was will er denn!«, rief Beyschlag und hörte auf zu lesen. »Seinen Laden in die Insolvenz wirtschaften, Rechnungen nicht bezahlen, die Miete auch nicht, aber das feine goldene Ringlein, das will er für sich behalten! Außerdem geht aus diesem Wisch nicht hervor« - er reichte die Kopie an Berndorf zurück - »dass dieser Ring, an den sich der Herr Vierneisel da zu erinnern glaubt, auch wirklich der Ring ist, den diese junge Frau getragen hat. Eine Fotografie und eine Vergrößerung daraus sind lachhafte Beweismittel - jedes Kind weiß, wie leicht eine Fotografie manipuliert werden kann.«
»Das muss Sie jetzt nicht kümmern«, antwortete Berndorf freundlich. »Für Sie muss es genügen, dass der Verbleib des
Ringes dokumentiert ist. Dass der Ring zum Beispiel verkauft wurde und dass der Erlös in die Konkursmasse Vierneisel eingegangen ist. Oder dass er jemandem übergeben wurde, der einen Anspruch darauf begründen konnte.« Berndorf lächelte. »Sie werden das ja belegen können, ganz sicher können Sie das...«
»Hören Sie...«, Beyschlag - schon wieder ohne Brille - stützte den Kopf in einer Hand auf, so dass die Augen verborgen waren. »Dieser Ring...« Er hob den Kopf wieder und sah Berndorf fast bittend an, »dieser verdammte Ring war unverkäuflich, jedenfalls für den alten Trödler Vierneisel und für mich auch, weil da eine Judengeschichte reinspielt...«
Berndorf wartete.
»Und diese Fiona... ja, ich hab sie kennen gelernt, nun gucken Sie nicht so! Jung, verheult, ohne einen blassen Schimmer von dem, was abläuft - so saß sie in dem Besucherstuhl, in dem Sie jetzt auch sitzen, und beugte sich vor und ließ sehen, was in ihrem Ausschnitt war, und ich hab gleich gedacht, so ahnungslos kann sie nun auch wieder nicht sein. Angeblich war sie Kunsthistorikerin, aber der alte
Weitere Kostenlose Bücher