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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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haben Sie gesagt? Ein Politiker also? Einer aus der Kaste, die uns in den Kosovo geschickt hat und die anderen nach Afghanistan, ist das so? Und wir reißen uns den Arsch auf, und die da, diese Sesselfurzer, machen sich über unsere Frauen her und lachen sich noch einen Ast dabei... trotzdem verstehe ich nicht...«
    »Was verstehen Sie nicht?«
    »Dass sich die Fiona von so einem hat nageln lassen.«
    Elaine wartete, aber es kam kein weiterer Ausbruch mehr. »Haben Sie«, fragte sie mit leiser unbeteiligter Stimme, »mit Ihrer Frau eigentlich einmal ein grundsätzliches Gespräch über Ihre gemeinsame finanzielle Situation geführt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ja doch. Das heißt... Was hätte es da zu reden gegeben? Dass es eng war, wussten wir beide.«
    »Zum Beispiel hätten Sie darüber reden können, ob Sie sich nicht eine billigere Wohnung suchen sollten«, schlug die Anwältin vor. »Sie hätten doch sicher Anspruch auf eine Dienstwohnung gehabt?«
    Er lachte. »Dienstwohnung! Sie kannten Fiona nicht. Tür an Tür mit der Frau Stabsfeldwebel? Die Treppe muss aber feucht aufgezogen werden... Nein danke, hätte sie gesagt. Aber so, dass Sie es nicht überhören.«
    »Haben Sie je darüber gesprochen, ob Sie einmal Kinder haben würden?«
    »Nein«, kam die Antwort. »Dann hätte das Geld ja erst recht nicht gereicht.«
    »Haben Sie nun darüber gesprochen oder nicht.«
    Morny: »Nie direkt...«
    Elaine nickte. »Und wer hat verhütet?«
    Hilfe suchend blickte Morny zum Fenster. Aber es war vergittert. »Ich glaube, sie hat die Pille genommen.«
    »Sie glauben es? Gesprochen haben Sie auch darüber nicht?«
    »Ich sagte es doch. Nein, wir haben nicht darüber gesprochen. Kann ich jetzt gehen?«
    »Nein, das können Sie nicht«, sagte Elaine, noch immer mit
der gleichen leisen, unbeteiligten Stimme. »Wir sind erst am Anfang... Ihre Frau hatte ein eigenes Konto?«
    »Ja doch.« Morny sah sie verwundert an. »Sie hat doch Führungen gemacht und manchmal auch ein Gutachten, für Antiquitätenhändler, wissen Sie... Und ihr Auto hat sie davon finanziert.«
    »Sie wissen, dass das Konto mit über achttausend Euro im Plus war?«
    »Nein«, kam die Antwort. »Das wusste ich nicht...« Sein Gesicht wurde plötzlich wachsam. »Wirklich nicht... Hören Sie, welche Teufelei wollen Sie mir jetzt anhängen?«
    »Keine, Herr Morny. Nichts will ich Ihnen anhängen. Ich will nur, dass Sie verstehen.«
    »Was soll ich verstehen?«
    »Ich will, dass Sie endlich begreifen, welcher Art die Beziehung Ihrer Frau zu diesem Landrat gewesen ist.«
    »Sie haben es mir doch gesagt. Sie ist mit ihm ins Bett.«
    Elaine warf einen Blick zur Zimmerdecke. »Ist Ihnen klar, dass sie sich dafür hat bezahlen lassen?«
    Morny sagte nichts. Er betrachtete seine Hände, und seine Trainingsjacke hing an ihm wie an einer Vogelscheuche.
     
     
     
    Kuttler ging durch den Korridor zu seinem Zimmer, mit raschen, leisen Schritten, wie ein Fremder, der ein Gelände durchquert, in dem er nichts zu suchen hat. Plötzlich war er in diesem Dezernat zur Nichtperson geworden, dachte er und versuchte ein Lächeln, weil er Selbstmitleid sonst doch nicht leiden konnte, jedenfalls nicht bei anderen.
    Aber auch das Lächeln gelang ihm nicht.
    Sein PC war bereits eingeschaltet, und er rief seinen elektronischen Briefkasten auf. Noch vor Dorpats Pressekonferenz hatte er mit der Bundeswehr gesprochen, und bereits der vierte oder fünfte Mensch in der Wilhelmsburg, mit dem man ihn verbunden hatte, war tatsächlich zuständig gewesen. Mehr noch: Selbstverständlich sei eine Gästeliste vorhanden, hatte der Zuständige
gemeint, denn Karten zum Silvesterball des Zweiten Korps würden nur gegen Voranmeldung ausgegeben, anders sei der Andrang gar nicht aufzufangen. Und nach Rücksprache beim KG und dessen Zustimmung vorausgesetzt werde er gerne die Liste per e-Mail schicken... Kuttler hatte sich gewundert. Dass ein KG vermutlich ein Kommandierender General ist, konnte er sich ausrechnen. Aber warum zum Teufel rissen sich Leute um die Einladung zu einem Neujahrsball mit Militärmusik?
    Zu seiner Überraschung hatte der Zuständige bereits etwas geschickt, und es war auch keineswegs die Mitteilung, der KG müsse Kuttlers Bitte erst der Hardthöhe zur Entscheidung vorlegen, sondern es war prompt und ohne Abstriche die Gästeliste des Balls, zu dem das Zweite Korps zu Silvester des vorvorigen Jahres eingeladen hatte. Kuttler schüttelte den Kopf, weniger über die Bundeswehr

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