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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Zeugen Kröttle außen vor zu lassen?«
    »Nein«, kam es von Desarts, »keine Absprache, ich bitte Sie …!«
    »Also doch«, sagte Veesendonk. »Dann richten Sie sich also darauf ein, dass ich Sie ebenfalls in den Zeugenstand bitten werde.«
    Das Gespräch endete so abrupt, dass Desarts es zuerst nicht glauben wollte und zögerte, ehe auch er den Hörer zurücklegte. Aber schon schlug das Telefon wieder an, und das Sekretariat fragte nach, ob Desarts jetzt bereit sei, einen Besucher zu empfangen, einen Anwalt aus Konstanz.

    Desarts hätte gerne eine Pause zum Nachdenken gehabt, aber da der Besucher vermutlich der Anwalt des mutmaßlichen Eisholm-Mörders Sawatzke war, wollte er ihn nicht warten lassen.
    »Ja, schicken Sie ihn zu mir.«
    Er erwartete den Besucher an der Tür. Durch den Korridor kam ein eher kleinwüchsiger Mensch mit unpassend lockigen Haaren auf ihn zu, der eine mächtige Aktenmappe mit sich schleppte. Er sei Staatsanwalt Desarts sehr zu Dank verpflichtet, sagte er, »dass Sie Zeit für mich und mein kleines Anliegen gefunden haben«.
    Desarts schwante Unheil. Er bat den Besucher an den Besprechungstisch. Der nahm Platz, seine Aktenmappe neben dem Stuhl abstellend, und betrachtete mit hochgezogenen Augenbrauen die Bonbonniere.
    »Das ist mein Hilfsmittel zur Entspannung von Gesprächssituationen, die sich festgefahren haben«, erklärte der Staatsanwalt und wollte schon zum Deckel der Bonbonniere greifen. Im letzten Augenblick fiel ihm ein, dass er diesem Besucher besser keine Bonbons anbot.
    »Ich bin sicher«, sagte der Besucher, »unser Gespräch wird sich gewiss nicht festfahren.« Er beugte sich zu seiner Aktentasche, öffnete sie und holte eine Klarsichtmappe heraus. »Gewiss nicht. Ich vertrete Herrn Sawatzke, wie Sie sich bereits gedacht haben werden.« Er öffnete die Mappe und holte einige Papiere heraus, darunter seine anwaltliche Vollmacht, und schob sie Desarts zu. »Ferner finden Sie hier erstens ein ärztliches Attest über die schwerwiegenden Verletzungen, die sich mein Mandant bei der überfallartigen Festnahme durch hiesige Kriminalbeamte zugezogen hat, äußerst schwerwiegende Verletzungen, wie ich hinzufügen darf, und zweitens ein Fernschreiben der thurgauischen Kantonspolizei...«
     
     
     
    Hauptmann Ekkehard Morny trug einen dieser Trainingsanzüge, die wie Kartoffelsäcke geschnitten waren und von denen Elaine Drautz sich nicht vorstellen konnte, dass heutzutage irgendein
Laden sie noch ins Sortiment zu nehmen wagte. Merkwürdigerweise wirkte Morny darin nicht lächerlich. »Sie sehen fit aus«, begrüßte ihn die Anwältin. »Wie schaffen Sie das?«
    »Fit?«, fragte er zurück. »Es gibt ein paar Übungen, die gehen überall. Als Soldat müssen Sie das draufhaben. Sie müssen wissen, wie Sie in Gefangenschaft überleben. Kann ja jedem passieren.« Er lächelte, ein wenig schief. »Sehen Sie ja an mir.«
    »Schreiben gehört nicht zum Überleben?«
    Morny sah sie erstaunt an. »Hab ich noch nie gehört.«
    »Sie wollten mir doch aufschreiben, was Sie über Fiona wissen. Wie Ihr gemeinsames Leben aussah. Wann es schwierig wurde.«
    Morny schüttelte den Kopf. »Hab ich nicht gemacht.«
    »Und warum nicht?«
    »Warum soll ich mir Gedanken machen?«, fragte Morny zurück. »Die Fiona wird davon nicht lebendig. Oder geht’s mir danach vielleicht besser?« Er hob die Hand und zeigte mit dem Finger auf sie. »Sie und der Richter und dieser Staatsanwalt, Sie sind doch alles Leute, die nichts anderes gelernt haben, als einem das Wort im Mund umzudrehen. Den Teufel werde ich tun, Ihnen auch noch Aufsätze zu schreiben.«
    »Wie Sie meinen.« Elaine zuckte mit den Schultern. »Sagt Ihnen der Name Franz Xaver Kröttle etwas?«
    »Nein.«
    »Das ist ein Landrat in Südbaden.« Sie zog einen Ausdruck von Kröttles Porträt aus ihrer Mappe und zeigte es ihm. Er warf einen flüchtigen Blick darauf.
    »Was soll ich mit so jemandem zu schaffen haben?«
    »Wissen Sie das wirklich nicht?«
    Er sah sie misstrauisch an. »Sie wollen mir jetzt nicht erzählen, dass das der Kerl ist...« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    »Doch«, sagte Elaine sanft.
    »Lassen Sie mich noch einmal sehen.« Er griff nach dem Ausdruck und betrachtete ihn, scheinbar unbewegt. »Versteh ich nicht«, sagte er schließlich und gab das Porträt zurück. »Das ist doch ein wichtigtuerisches Arschgesicht. Ein Bürohengst.«
Er stieß die Luft durch die Nase, als sollte es ein Lachen sein. »Das ist ein Landrat,

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