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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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unbeleuchteten Haus, wie der Taxifahrer sich erinnert. Und dann?
    Was fragst du? Wenn du es wüsstest, hättest du Eisholms Auftrag nicht anzunehmen brauchen.
    Vielleicht haben Herr Hauptmann wirklich einen Black-out gehabt und wissen von nichts und wachen am nächsten Morgen auf, noch in der Bundeswehr-Unterwäsche, allein im Ehebett, mit trockenem Mund und dem erbärmlichen Geschmack von zu viel Bier und zu viel Schnaps, und machen fünfzig Liegestütze und duschen sich und rasieren sich und finden ein Stützbier im Kühlschrank, und gehen hinunter in den Keller und holen das nächste Bier und wundern sich, wieso da der kleine französische Wagen steht, wenn doch das Haus und das Ehebett sonst so leer und verlassen sind, aber solange noch Bier da ist...
    Das ist die eine Version. Die Version von Ekkehard Morny, der sich zielstrebig, gleichmäßig und unerschütterlich eine
Nacht, einen Tag und noch eine Nacht hindurch betrunken haben will, bis es klingelte und die Polizei dastand und ihn nach seiner Frau fragte und eine Antwort haben wollte, wo sie doch riechen konnte, dass es keine geben würde, jedenfalls keine vernünftige...
    Oder, und das ist die Version des Staatsanwalts Desarts: Ekkehard Morny erreicht stolpernd das Wohnzimmer, und da sitzt die Zauberfee mit den kurzen blonden Haaren und dem feinen Gesichtchen, frisch gevögelt, und erblickt ihren Mann und sagt, das ist aber eine nette Überraschung, wie lieb, dass du mir gleich auch einen Rausch mitgebracht hast! Ein Wort gibt das andere, bis der Herr Hauptmann - Sechs Fuß hoch aufgeschossen/Ein Kriegsgott anzuschauen - genug hat und die kleine blonde Zauberfee nicht einfach bloß grün und blau schlägt, sondern sie totmacht, einfach so, mit einem Hieb.
    Hat nicht Kant gesagt, das Übel am Kriege sey, dass er mehr böse Menschen hervorbringe, als er wegnehme?
    Vorausgesetzt, es ist wirklich Krieg, was Hauptmann Morny im Kosovo besorgt oder betrieben hat.
    Und weiter vorausgesetzt, es war auch so abgelaufen, wie Staatsanwalt Desarts das behauptet. Aber selbst dann, dachte der Grauhaarige, hat Desarts nicht alle Tassen im Schrank, dass er wegen Mordes anklagt: Totschlag reicht auch. Nur ist das Eisholms Problem.
    Deines ist ein anderes. Zum Beispiel das: Ist Ekkehard Morny tatsächlich so wenig betrunken gewesen, dass er die totgeschlagene Fiona in ihren Wagen packt und sie damit umsichtig aus dem Haus bringt, um dann wiederum so betrunken zu sein, dass er sie fast bis zur Wilhelmsburg fährt und an einer Stelle ablädt, bei der jeder...
    Stopp.
    Und was ist mit dem Schmuck? Warum lässt er ihr die Kette nicht? Warum muss sie abgemacht oder weggerissen und fortgeworfen werden?
    Er schüttelte den Kopf und angelte seine Taschenuhr aus der Hosentasche und klappte sie auf. Aber schon wieder war sie bei
sechs vor drei Uhr stehen geblieben. Er versuchte sie aufzuziehen, aber sie war gar nicht abgelaufen. Missmutig schüttelte er sie, die Uhr lief gehorsam ein paar Sekunden und blieb wieder stehen.

Mittwoch, 13. Februar, Abend

    Es war dunkel im Zimmer, nur die Straßenlaterne draußen gab gerade so viel Licht ab, um die beiden Rechtecke des Fensters gegen die nachtschwarze Wand abzuheben. Das Keuchen hatte aufgehört und war in ein tiefes erschöpftes Atmen übergegangen. Wenn es denn ein Keuchen gewesen war. Es gibt kein richtiges Wort dafür, dachte Kuttler, jedenfalls nicht für dieses Geräusch, Stöhnen kann man es nicht nennen: Wir sind doch nicht in einem Porno! Manches Mal war es ein Schreien gewesen, aber Puck hatte es sich abgewöhnt, seit Janina einmal davon aufgewacht war. Also können sie es, wenn sie es wollen, unter Kontrolle halten... Sie? Es?
    Ach, was weißt du von den Frauen!
    Puck kauerte noch immer über ihm, ihr Gesicht ganz nah bei dem seinen, und er spürte ihre Brustspitzen auf seiner Haut.
    »Dieser blöde Anwalt, was hat der zu dir gesagt?«, flüsterte sie. »Dass Bumsen so etwas wie der Tod ist?«
    »Bumsen hat er es nicht genannt.«
    »Diese wichtigtuerischen alten Männer!«, stellte Puck fest und hob ihre Hüfte an, so dass sein Glied nass und satt aus ihr herausglitt.
    »Na ja«, meinte Kuttler, »die Franzosen haben einen Ausdruck dafür: la petite mort...«
    »La petite mort«, echote Puck, und sie sprach es so gedehnt aus, dass ihre Stimme ein wenig ins Gurren kam, »glaubst du nicht, dass ich vielleicht auch weiß, was das ist, lange schon?«
    »Was stört dich dann?«
    »Dass so ein alter Knacker mit dir darüber redet und

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