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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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vorführen wollen wie ein Jojo, ihm die Schnur durchgeschnitten hat. Darum.«
    Sie waren am Ende der kleinen Anlage angekommen, die im Osten an das Landgericht anschließt. Berndorf blieb stehen, Kuttler folgte seinem Beispiel.
    »Viel wird es ihm nicht helfen«, meinte Berndorf. »Dafür ist es zu spät. Aber ich will sowieso mit ihm reden.«
    Kuttler blickte auf, fragend, die Augenbrauen hochgezogen.
    Was will er?, fragte sich Berndorf. Er kann doch nicht erwarten... Dann fiel es ihm ein. Durchaus durfte Kuttler Auskunft erwarten. Das bisschen Herrschaftswissen über den Ring und über die Familie Gaspard/Freundschuh verdankte Berndorf wem? Puck verdankte er das.
    »Der Ring«, sagte er bedächtig, »Fionas Ring war vor ihr im Besitz einer Marianne Gaspard. Im Besitz! Gehört hat er ihr nicht.«
    »Gaspard?« Kuttler schüttelte den Kopf. Irgendwo war ihm der Name begegnet, vermutlich sogar in den Akten, aber im Augenblick sagte er ihm nichts.
    »Sie war die Mutter des Herrn Freundschuh, und den müssten Sie kennen«, erklärte Berndorf. »Es ist der Mann, der das Haus in der Halde an die Mornys vermietet hat.«
    Der Regen begann zu prasseln, und die beiden Männer gingen zurück, zum Osteingang des Landgerichts, und suchten Schutz in der kleinen dunklen Vorhalle dort. Kuttler zog seine Mütze ab und schüttelte das Regenwasser von ihr herunter.
    »Ich habe das nicht verstanden«, sagte er dann. »Die Morny hat den Ring von wem? Von der Mutter ihres Vermieters?«
    »Nein, das hat sie nicht.« Berndorf erklärte es ihm. »Übrigens
hat mich Puck draufgebracht«, sagte er dann. »Ich bin ihr einen Blumenstrauß schuldig, oder was immer Sie erlauben.«
    Kuttler ließ den Blumenstrauß auf sich beruhen. »Veesendonk weiß das schon?«, fragte er.
    »Er weiß, wo der Ring herkommt. Er weiß aber noch nicht, wie dieser Ring zu der alten Gaspard gekommen ist. Vielleicht, sehr vielleicht habe ich eine Erklärung...«
    Er brach ab, die Schwingtür zum Treppenhaus wurde aufgestoßen, und zwei Männer gingen an Kuttler und Berndorf - die zur Seite traten - vorbei nach draußen, beide schwere Aktentaschen tragend und schon damit als Anwälte ausgewiesen.
    »Mir scheint, unser alter Veesendonk mutiert«, sagte der eine, dem anderen die Türe aufhaltend.
    »Sie meinen«, sagte der andere, »er wird zum Richter Ungnädig?«
    Der eine lachte, und dann fiel die Türe wieder zu.
    »Sie haben eine Erklärung gefunden?« Kuttler wollte den Faden wieder aufnehmen.
    Berndorf zögerte, dann gab er einen kurzen Überblick über seinen Vormittag. »Zu diesem Steinwurf auf die jüdische Frau hat es also einen Vorgang gegeben«, sagte er abschließend. »Vielleicht findet man ihren Namen in den Akten.«
    »Sie meinen, der Ring hat ursprünglich ihr gehört?«.
    Berndorf zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht.«
    »Aber warum hätte sie ihn dieser Gaspard geben sollen?«
    »Viel wissen Sie nicht«, sagte Berndorf. »Sie wird ihn weggegeben haben, weil sie wusste, dass man sie deportieren wird. Weil sie den Ring gar nicht hätte haben dürfen. Weil sie ahnte, dass die Gestapo demnächst wieder eine Hausdurchsuchung machen würde, um zu stehlen, was noch nicht gestohlen war.« Er sah Kuttler grimmig an. »Gründe genug.«
    »Entschuldigung«, sagte Kuttler. »Von diesem Heim hab ich nie etwas gehört … Aber dass dieser Ring mit diesem Haus … - wie soll ich das sagen? - mit diesem Haus verkettet ist … Ich frage mich...«

    Berndorf sah ihn an. »Sie fragen sich, ob wir ihn am Ende nicht doch dort wiederfinden werden, nicht wahr?«
     
     
     
    Komme ich ungelegen?«
    Veesendonk stand an seinem Schreibtisch und sortierte Aktenbündel. Sein Gesicht war leicht gerötet, und die Haarmähne schien sich im Licht der Deckenlampe zu sträuben. Er sah zu dem Besucher auf. »Gelegen! Ungelegen! Sie werden einen Grund haben, mich aufzusuchen.« Er wies auf den Besucherstuhl und setzte sich, als Berndorf Platz genommen hatte.
    »Und?«
    »Die Große Strafkammer ist heute sehr ungnädig, heißt es auf den Fluren«, sagte Berndorf.
    »So?« Veesendonk beugte sich vor. »Zwei Lumpen geben sich als Kriminalpolizisten aus und nehmen sich eine Neunundachtzigjährige vor, der eine beschuldigt sie des Ladendiebstahls, der andere verspricht zu helfen, man spielt also das Spiel Böser Bulle-Guter Bulle, und gemolken wird die alte Frau, bis das letzte Sparbuch geplündert ist. Und da ist man mit fünf Jahren nicht zufrieden? Da sind fünf

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